Objektivlupensucher

Objektivlupensucher für Mikro und Makro

Die Exakta Varex war 1951 die erste Spiegelreflexkamera mit austauschbaren Suchereinsätzen. Damit konnte der bisher gewohnte Lichtschachtsucher gegen einen Prismensucher ausgetauscht werden. Doch damit nicht genug - in den Folgejahren schuf die Ihagee weitere Möglichkeiten, um die Vielseitigkeit der Exakta zu erweitern. Für Stereoaufnahmen als auch für Lupen-/Mikro- und Makroaufnahmen entwickelte die Ihagee in den frühen 1950er Jahren spezielle Suchereinsätze. Beide Sucher erfuhren während ihrer Bauzeit nur geringe Veränderungen. Während der Suchereinsatz für die Mikro- und Makrofotografie - Objektiv-Lupen-Einsatz - noch bis Anfang der 1970er Jahre produziert wurde, wurde der Stereosucher - Stereflex - schon um 1965 eingestellt. In meiner Sucherabteilung stelle ich die verschiedenen Suchereinsätze im Detail vor, die sowohl in der Exakta Varex als auch in der Wechselsucher-Exa verwendet werden können. Hier geht es um den Spezialsucher für die Makro- und Mikrofotografie, den Lupensucher.

Das Foto rechts zeigt eine Exakta Varex IIa mit Lupensucher, kleinem Ihagee-Balgengerät und dem versenkten Tessar 2,8/50. Als Lupenobjektiv ist ein Tessar 2,8/50 aus der Bauzeit um 1952 eingesetzt. Automatikobjektive bieten meist nur ein beschränktes Sucherbild. Eine gute Alternative wären auch die Exa-Objektive mit Rast- oder Vorwahlblende.

Lupensucher an KameraSpiegelreflexkameras eignen sich in ganz besonderer Weise für die Mikro- und Makrofotografie. Verfügen solche Kameras über einen Wechselsucher, empfiehlt sich meist die Verwendung des Lichtschachteinsatzes. Damit ist die Mattscheibeneinstellung zwar seitenverkehrt, jedoch durch den Einblick von oben nicht nur bequemer, sondern auch übersichtlicher. Die in den Lichtschachtsucher der Exakta eingebaute klappbare Lupe ermöglicht bei Nahaufnahmen bereits eine recht komfortable Scharfstellung. Allerdings zeigt sie nicht das gesamte Reflexbild bis zum Rand der Einstellscheibe.

Dieser Makel war zwar für den Amateurfotografen zu verschmerzen, der seine Exakta - wenn überhaupt - nur hin und wieder für die Mikrofotografie verwendete. Die Exakta kam jedoch auch in Labors oder Werkstätten als professionelles Arbeitsgerät für Mikroaufnahmen zum Einsatz. Dort entstand der Wunsch nach einem für diese fotografische Spezialanwendung verbesserten Sucher, bei dem die Lupe das ganze Mattscheibenbild unverzerrt vergrößert. Die Lösung boten die Wechselobjektive der Exakta, für die als spezielle Aufnahmemöglichkeit der Objektivlupeneinsatz (Katalogbestell-Nr. 308) konstruiert wurde. Da etwa bei Mikroaufnahmen mit dem Mikroskop das normale Kameraobjektiv ohnehin nicht benötigt wurde, konnte dieses als Lupe in dem neuen Suchereinsatz Verwendung finden.

Das Objektiv wird auf unendlich fokussiert und mit voll geöffneter Blende in den Bajonettsockel des Suchers eingesetzt. Objektive mit der Standardbrennweite 50 mm oder länger zeigen das ganze Sucherbild verzerrungsfrei bis zum Rand. Bei längeren Brennweiten wird die Lupenvergrößerung dabei geringer. Kürzere Brennweiten, 40 oder 35mm, zeigen zwar eine stärkere Lupenvergrößerung, jedoch nicht mehr das gesamte Sucherbild. Auch mit längerbrennweitigen Objektiven, bei denen die Vorderlinse weiter in die Fassung zurückgebaut ist, kann das gesamte Sucherbild nicht auf einen Blick erfasst werden.
Mit verschiedenen Brennweiten lassen sich folgende Lupenvergrößerungen erzielen, wenn die übliche Einstelllupe im Suchereinsatz verwendet wird:

35mm Brennweite ca. 8fach / 50mm Brennweite ca. 5,5fach / 58mm Brennweite ca. 5fach
75mm Brennweite ca. 4fach / 100mm Brennweite ca. 3fach / 135mm Brennweite ca. 2fach

Wird anstelle der gewölbten Einstellupe (mit Vergrößerung) die speziell zum Objektivlupeneinsatz entwickelte flache Mattscheibe verwendet, ist die Gesamt-Vergrößerung des Sucherbildes etwas geringer.

Aufsatzlupe Typ 2Kolpofot-Einsatz Für Einsatzfälle, in denen kein Objektiv zur Verfügung steht, wurde auch eine spezielle Aufsatzlupe angeboten. Diese (Katalog-Nr. 312) vergrößert das Reflexbild etwa 4,5fach bzw. 5fach mit der gewölbten Einstelllupe.
Doch auch andere Objektive, die über einen Bajonettadapter angepasst werden können, sind als Lupenobjektive verwendbar (s. im Foto rechts ein Schmalfilmkamera-Objektiv in Retrostellung in einem Kolpofot-Einsatz).

Durch die vielfältigen Anpassungsmöglichkeiten unter Verwendung unterschiedlicher Objektive und Einstelleinsätze stellt sich der Objektivlupeneinsatz als das universellste Einstellinstrument für die Nah- oder Mikrofotografie dar. Wer damit in der Praxis schon einmal gearbeitet hat, wird darauf nicht mehr verzichten wollen.

Exakta MikroskopfotografieIn meiner Übersicht der Einstellscheiben finden Sie sowohl die verschiedenen Einstelllupen (mit Vergrößerung) als auch die zum Objektivlupensatz speziell angebotenen flachen Einstellscheiben in unterschiedlichen Ausführungen. Ich will hier nicht auf die Verwendung im Detail eingehen - für die zahlreichen Einsatzsmöglichkeiten waren jeweils unterschiedliche Kombinationen sinnvoll - jedoch einige Anwendungshinweise geben.

Generell ungeeignet für Nah- und Mikroaufnahmen ist die Zeiss-Messlupe mit dem Schnittbild in der Mitte. Allgemein ist für Nahaufnahmen eine Einstellscheibe mit einem Klarfleck (3 oder 10mm Ø) gut geeignet. Für Reproduktionen empfiehlt sich eine Planmattscheibe mit Quadratnetz. In der Mikrofotografie und für extreme Nahaufnahmen mit Balgen ist eine klare Einstellscheibe bzw. -Lupe mit oder ohne Fadenkreuz ideal. Das helle Luftbild der Klarlupe ermöglicht eine ausgezeichnete Objektbetrachtung, macht aber die genaue Entfernungseinstellung schwierig oder gar unmöglich. Eine Fadenkreuz verbessert dabei die Orientierung des Auges deutlich.


Im Beispielfoto ist eine komplette Mikroskop-Fotoeinrichtung mit Lupensucher und Okularbalgen dargestellt

Auch bei Sachfotos, in der Architektur- oder professionellen Landschaftsfotografie erweist sich der Objektivlupeneinsatz, etwa mit einer Fadenkreuz- oder Quadratnetzlupe, als optimales Einstellgerät für anspruchsvolle Aufnahmen.

Lupensucher mit PlanlupeLupensucher mit Planlupe Für spezielle Einsatzbereiche lieferte die Ihagee Planlupen zum Einsatz mit dem Lupensucher. Im Beispielfoto ist links eine Planlupe mit Quadratnetz (Nr. 308.25) gezeigt, die besonders bei Architektur oder Sachaufnahmen geeignet ist. Das rechte Bild zeigt die Bestückung mit einer Planlupe mit Fadenkreuz (Nr. 308.23).

In meiner Einstell-Lupenübersicht finden Sie neben allen Planlupenausführungen auch die anderen Einstelllupen für die Exakta.


Da die Sucher keine Fabriknummer tragen, ist eine zeitliche Zuordnung nur bedingt möglich. Wie eingangs beschrieben, blieb ihre Funktionsweise während der gesamten Bauzeit unverändert. Dennoch findet man im Vergleich geringfügige Modifikationen beim Gehäuse, dem Bajonettring und den Gravuren. Nach der Ausführung von Lackierung, Gravur und dem Frontschild sind die Teile zeitlich ungefähr im Vergleich mit Lichtschacht- oder Prismensuchern einzuordnen. Angaben über die produzierten bzw. ausgelieferten Stückzahlen gibt es nicht. Allerdings gehört der Objektivlupensucher zu den selteneren Exakta-Zubehörteilen. Und weil im Normalfall nicht die Kombination von Einsatz und Aufsatzlupe verkauft wurde, ist die Aufsatzlupe vergleichsweise seltener zu finden weil meist ein vorhandenes Objektiv zum Einsatz kam.
Dennoch will ich hier eine Übersicht geben, welche Detailunterschiede aus der rund 20jährigen Produktionszeit an den Suchereinsätzen und Aufsatzlupen zu finden sind. Dazu will ich sowohl den Suchereinsatz als auch die Aufsatzlupe nach zwei Gruppen unterteilen, für die bei beiden Teilen ein recht deutlicher Unterschied erkennbar ist:

Produktionszeit bis etwa 1960 - Typ 1
Beim Suchereinsatz ist der Bajonettring mit 4 Schrauben mit dem Gehäuse verbunden. Die Front ist unterhalb des glatten Schildes mit einem Hinweis graviert (VX/Germany oder Germany, späte Ausführungen auch ohne Gravur), die rückseitige Öffnung ist mit 4 Schrauben von einem mit Ihagee Dresden gravierten Schild abgedeckt.
Die Aufsatzlupe ist anfangs mit mehreren Linsen bestückt, der Einblick liegt dadurch bündig mit der oberen Gehäusekante. Die Gläser sind von oben mit einem unlösbaren Ring im Gehäuse verschraubt. Die Fassung ist mit "Ihagee" und "Germany" graviert.

Produktionszeit ab etwa 1960 - Typ 2
Beim Suchereinsatz ist der Bajonettring jetzt schmaler und nur noch mit 3 Schrauben mit dem Gehäuse verbunden. Außerdem ist er um 180° versetzt montiert. Die Sucherfront hat anfangs noch ein glattes, zuletzt ein geprägtes Chromschild ohne Gravur, die rückseitige Öffnung ist mit 4 Schrauben von einem mit Ihagee Dresden gravierten Schild (zuletzt nicht mehr schwarz ausgelegt) abgedeckt.
Die Aufsatzlupe hat nur noch eine Linse, der Einblick liegt höher als bei der ersten Ausführung. Die Linse ist mit einem Ring im Gehäuseinneren verschraubt. Die Fassung wurde anfangs noch mit "Ihagee" graviert, zuletzt fehlt eine Kennzeichnung.

Lupeneinsatz Typ Bajonett Front Back
Typ 1.1
4 Bajonettschrauben
VX / Germany
etwa 1953 bis 1957
Lupensucher Typ 1.1Lupensucher Typ 1.1Lupensucher Typ 1.1
Typ 1.2
4 Bajonettschrauben
Germany
feinerer Kräusellack
etwa 1957 bis 1960
Lupensucher Typ 1.2Lupensucher Typ 1.2Lupensucher Typ 1.2
Typ 1.3
4 Bajonettschrauben
ohne frontseitige Bezeichnung
etwa 1960 bis 1963
Lupensucher Typ 1.3Lupensucher Typ 1.3Lupensucher Typ 1.3
Typ 2.1
schmaler Bajonettring mit 3 Schrauben, glattes Frontschild, Samtlack
etwa 1962 bis 1966
Lupensucher Typ 2.1Lupensucher Typ 2.1Lupensucher Typ 2.1
Typ 2.2
schmaler Bajonettring mit 3 Schrauben, Frontschild jetzt mit Riffelprägung; hinteres Schild nur noch graviert
ab 1967
Lupensucher Typ 2.2Lupensucher Typ 2.2Lupensucher Typ 2.2
Aufsatzlupe Typ Ansicht Gravur 1 Gravur 2
Typ 1
mit Linsensystem
Ihagee / Germany
Aufsatzlupe Typ 1Aufsatzlupe Typ 1Aufsatzlupe Typ 1
Typ 2.1
Einzellinse
nur Ihagee graviert
Aufsatzlupe Typ 2
Typ 2.2
Einzellinse
ohne Bezeichnung
Aufsatzlupe Typ 2.2
Typ 2.3
Einzellinse
ohne Bezeichnung, mit blankem Rand
Aufsatzlupe Typ 2.3






Posted 2008/09/15; last updated 2021/01/14 Copyright © by Horst Neuhaus