Colorfilter für die Farbfotografie

Ganz anders als bei Schwarz-Weiß sieht die Welt für den Farbfotografen aus. Zumindest dann, wenn er Farbumkehrfilm (Dia-Film) verwendet. Der Farbnegativfilm besitzt ein quasi eingebautes Filter (Maskierung) mit dem erreicht wird, dass bei der Bilderstellung allzu krasse Farbfehler ausgeglichen werden (können). Früher erforderte dies einen gewieften Laboranten, später einen gut abgeglichenen Bildercomputer.

Beim Umkehrfilm geht das so nicht, er stellt die Farben so dar, wie er sie gesehen hat (wenn die Belichtung korrekt war) und entsprechend der ihm vom Hersteller mitgegebenen Farbtemperaturempfindlichkeit (Tageslicht- oder Kunstlichtfilm).

Also müssen Farbverfälschungen, wie die Natur sie nun mal verursacht (und unser Film mangels Intelligenz und eingebauter Uhr diese nicht ausgleichen kann) schon bei der Aufnahme korrigiert werden. Vereinfacht ausgedrückt sind Filter für Farbfilme (Colorfilter) durchweg Konversionsfilter (=Korrekturfilter). Sie verändern je nach Intensität der Einfärbung (rot oder blau) die aufnahmewirksame Lichtfarbe (Farbtemperatur, Messgröße °Kelvin), die ansonsten farbstichige Bildergebnisse verursachen würde. Kurz - rosafarbene oder rote Filter wirken gegen zu viel Blau, blaue Filter hingegen zu viel Rot im Film. Diese Colorfilter werden in verschiedenen Farbabstufungen bzw. Intensitäten angeboten, verbreitet sind 1,5 / 3 / 6 / 12. Dabei bewirkt die Stufe 12 in der Regel eine totale Umkehr der Lichtverhältnisse. R12 macht einen Kunstlichtfilm tageslichttauglich und umgekehrt B12 einen Tageslichtfilm zum Kunstlichtfilm.

Allerdings gibt es für den Ton und den Grad der Einfärbungen der Colorfilter keine Norm, jeder Filterhersteller kocht seine eigene Suppe. Bei dem einen ist das Rot etwas bräunlich, beim anderen eher rosa. Blaufilter zeigen geringere Nuancen, doch hin und wieder ist im Blau auch Grün oder Violett zu erahnen. Amerikaner und Japaner haben noch ein abweichendes System. Perfektionisten konnte es bei der Wahl eines zum jeweiligen Film passenden Filters gelegentlich in den Wahnsinn treiben.

Skylightfilter A+BDie bekanntesten Colorfilter sind manchen Fotografen gar nicht als solche bewusst - Skylightfilter. Nicht selten verwendet man sie - ähnlich dem verbreiteten UV-Filter - lediglich als Objektivschutz. So empfehlen es sogar manche Fotofachhändler beim Objektivverkauf. Abgesehen vom höheren Umsatz gibt das allerdings nur dann Sinn, wenn es bei Mittagssonne mit höherem Blauanteil im Licht gegen das Objektiv regnet... Ansonsten ist es eher Unfug - jeder Filter beeinträchtigt in irgendeiner Weise auch die Leistung des Objektivs!

Abgesehen davon - wie penibel Fotofachleute selbst mit diesen Allerweltsfiltern umgehen sollten, zeigt das nebenstehende Vergleichsfoto zwischen einem Skylightfilter A und einem Skylightfilter B vom gleichen Hersteller. Beide gelten als leichte Farbkorrekturfilter für die Farbfotografie wenn der Blauanteil im Licht hoch ist, z.B. in der Mittagszeit oder im tiefen Schatten. Das Foto würde in diesem Fall blaustichig. Ein Skylight-Filter 1B gleicht dies aus. Auch für Personenfotos kann man Skylightfilter einsetzen, um der Haut einen wärmeren Farbton zu verleihen; in diesem Fall wäre aus der aktuellen Auswahl der Typ 1A zu empfehlen.

Doch wie unterscheidet sich nun Sky 1A von Sky 1B im Ergebnis? 1A wirkt als Sperrfilter gegen (blaue) UV-Strahlen bis 365 nm Wellenlänge und verhindert dabei Blaustich, gleichzeitig beseitigt er wie ein UV-Filter Dunst z.B. bei Landschaftsaufnahmen mit Fernsicht, im Gebirge oder an der See. 1B bewirkt im Prinzip das gleiche, jedoch ist die Blausperre etwas stärker, bis 372 nm. Damit eignet er sich unter gleichen Lichtverhältnissen noch besser für Personenaufnahmen oder im Schatten.

Doch gilt (galt) dies in der klassischen Fotografie mit Farbfilm bei Verwendung von sensiblem Farbumkehrmaterial, z.B. Ektachrome-Filmen. Bei Farbnegativfilm waren solche Abstufungen überflüssig, da bestimmte meist sowieso das Labor die Farbe der Bilder. Wer hingegen heute bei Digitalaufnahmen mit korrektem (neutralen) Weißabgleich arbeitet, kann die Bildwirkung der traditionellen Colofilter wieder nutzen (Aber welcher Digitalfotograf tut das schon?).

Das UV-Filter und das Polarisationsfilter (Polfilter) erfüllen ihren Zweck übrigens in gleicher Weise beim Schwarz-Weiß- wie auch beim Farbfilm. Ebenso sind die meisten Vorsatzlinsen und Weichzeichner für Schwarz-Weiß und Farbe verwendbar.

Die ersten Colorfilter kamen etwa Mitte der 30er Jahre mit den Farbfilmen (Kodachrome, Agfacolor) heraus. Sie bestanden durchweg aus einer Gelatinefolie zwischen zwei Glasscheiben (siehe Filterbauarten). Heute sind davon nur noch wenige in gebrauchsfähigem Zustand. Doch das ist für Sammler wohl eher nachrangig. Im Laufe der Jahre boten nahezu alle Hersteller spezielle Colorfilter an. Aus dem Schwarz-Weiß-Bestand waren nur UV-, Pol- und Graufilter (ggf. auch orange als Konversionsfilter) verwendbar. An einigen Beispielen von LIFA, Augsburg, will ich auf die Colorfilter etwas näher eingehen.

Lifacolor Gelatinefilter

Lifacolorfilter 1, 2 und 3, unten die Leica-Spezialversionen mit Aufsteckdurchmesser 35,9 mm Ø. Die schadhaft gewordene Gelatinefolie ist deutlich zu erkennen.

Schon in der Zeit vor dem 2. Weltkrieg lieferte LIFA aber auch bereits Colorfilter aus massiv gefärbtem Glas aus. Diese LIFACOLOR-Filter nach Windisch (Buchautor) für Agfacolor-Tageslichtfilm entsprachen bereits den bis heute üblichen Skylight-Filtern usw. Der „normale“ LIFACOLOR-Filtersatz umfasste die Filter I, II und III gegen zarten bis stärkeren Blaustich. Ausserdem gab es noch LIFACOLOR-Dunstfilter (links) und –Kunstlichtfilter (rechts). Das Dunstfilter entspricht in etwa dem UV-Filter; es wurde anfangs von einigen Herstellern als Farbfilm-Spezialfilter angeboten. Das Kunstlichtfilter entspricht etwa dem späteren Konversionsfilter B9.

Lifacolor-Filter

Zusätzlich waren noch das LIFACOLOR-Tageslichtfilter (ein Konversionsfilter für Kunstlicht) erhältlich und ein LIFACOLOR-Blitzlichtfilter, welches die Verwendung von blauen Blitzbirnchen ersparte.

Lifa Blitzfilter

Doch richtig komfortabel wird die Colorfilter-Verwendung jedoch erst mit einem Farbtemperaturmesser, vorausgesetzt, man besitzt einen kompletten Satz passender Colorfilter. Der COLORLUX von LIFA etwa

Lifacolor Farbtemperaturmesser

zeigt auf einer Skala die Farbtemperatur und auf einer anderen direkt das passende Colorfilter und den Faktor für die Verlängerung der Belichtung an. Auch andere Geräte, etwa der Gossen Sixticolor oder der Schweizer Rebikoff bieten einen vergleichbaren Komfort. Ansonsten muss nach der geschätzten Farbtemperatur, einer Tabelle oder einer Vergleichsskala (wie z.B. beim Sixtomat x3) ein passendes Filter gewählt werden. Mehr zu den Messgeräten und zum Messverfahren erfahren Sie in meiner Abteilung Spezial-Belichtungsmesser.

Aus den Farbabstufungen wurden mit der Zeit quasi normierte Werte zwischen KR1,5 – KR12 (rot) bzw. KB1,5 – KB12 (blau). Die Werte beziehen sich auf Dekamired-Farbwerte, die alternativ zu den °Kelvin-Farbtemperaturen eingeführt wurden. Eine kurze Beschreibung hierzu finden Sie ebenfalls auf meiner Spezial-Belichtungsmesser-Seite. Mit dem jeweils höchsten Wert wurde die Farbempfindlichkeit der Filme an Kunstlicht (KB12 für Tageslichtfilm), bzw. an Tageslicht (KR12 für Kunstlichtfilm) umgewandelt. Der kleinste Wert (KR1,5) wird beim Tageslichtfilm – außer bei Morgen- und Abendsonne – oft zum Dauergebrauch empfohlen. Bei speziellen Aufnahmesituationen, z. B. bei Gegenlicht sollte man aber berücksichtigen, dass jedes zusätzliche Glas vor dem Objektiv dessen Leistung verändern kann! Bei nicht wenigen modernen Objektiven, etwa aus der Zeit nach 1960, wirkt bereits die Linsenvergütung gegen UV-Einstrahlung weil damit zugleich eine Verbesserung der Kontrastleistung angestrebt wurde. Bei solchen Objektiven kann demnach ein zusätzliches UV-Filter die Abbildungsleistung beeinträchtigen. Colorfilter ersetzen zudem einen UV-Filter (ein Pol-Filter tut dies übrigens auch!). Umgekehrt filtert ein UV-Filter geringe Blaustrahlung aus; es kann deshalb als das schwächste Skylightfilter angesehen werden.

Die bekannten Skylightfilter entsprechen den Anfangswerten der Colorfilter-Reihe: Sky 0 = KR1,5, Sky 1 = KR3. Nicht alle Hersteller verwendeten jedoch diesen Standard. Insbesondere KODAK für seine Wratten-Filter und andere Hersteller aus den USA oder aus Fernost wählten andere Abstufungen. Das Colorfilter mit der leichtesten Blauunterdrückung kann also je nach Hersteller Skylight / Sky 0 / Sky 1 / Sky A / 106 (Liviosin) / RB 1 / R1,5 / KR1,5 / CR1,5 oder 1A heißen...

Arnz Colorfilter

Eine Extrawurst briet auch Foto-Optik Jena (ARNZ) mit seinen A-Z Colorfiltern.
Es gab dort vier(!) Skylight-Filter Versionen, die sich nur geringfügig unterscheiden:

Diese Filter waren zudem - wie bei Arnz üblich - unbezeichnet! Wehe, wer sie einmal in die falsche Schachtel sortierte ...




Skylight-Filter von Foto-Optik Jena, früher ARNZ JENA, als A-Z Colorfilter für Farbfilm vertrieben.

ColorvistColorvistLange habe ich überlegen müssen, in welche Rubrik meiner homepage dieses Teil einzuordnen ist. Der Colorvist wurde von den Optischen Werkstätten Arnz in Jena als Hilfsmittel zur Colorfilterbestimmung herausgegeben. Man könnte es auch bei den Messgeräten für die Farbfotografie einordnen. Zwar ist es kein Colormeter im weiteren Sinne, trotzdem finden Sie das Teil auch noch einmal in meiner Abteilung für Colormeter (Farbtemperaturmessgeräte).

Die Arbeitsweise ist vergleichbar mit der eines optischen Teleskopbelichtungsmessers. Bei der Durchsicht sieht man das Motiv in sechs runden Flächen, davon sind vier mit den Zahlen 101, 102, 104 und 110, eine weitere mit O.F. beschriftet. In dem mittleren (größten) Kreis sieht man das Motiv wie in einem Fernrohrsucher.

Die vier Zahlen beziehen sich auf Colorfilter für Farbaufnahmen, die Arnz mit der entsprechenden Nummer im Lieferprogramm hatte. Es zeigt also im direkten Vergleich die Korrekturwirkung des jeweiligen Filters an; O.F. ist das Fenster für "ohne Filter".



Posted 2008/03/1; last updated 2016/08/03 Copyright © by Horst Neuhaus