Blendenwerte
Bei den Blendenzahlen handelt es sich um Werte, die die jeweils wirksame Objektivlichtstärke bezeichnen. Es handelt sich hier um keinen absoluten Wert, sondern um das Verhältnis des freien Objektivdurchmessers zur Brennweite. Den durch eine mögliche Rechnung gefundenen Wert bezeichnet man als „relative Öffnung“. Auf- oder Abrundungen führen zu unterschiedlichen Zahlenwerten.
Das „Deutsche System“ der relativen Öffnung setzt den Wert aus der Division der Brennweite durch den Blendendurchmesser. Dieser Wert zum Quadrat ergibt die „Relative Belichtungszeit“. Das System von Dr. Stolze entspricht mit seinen Zahlen ebenso wie das Englische System direkt den „Relativen Belichtungszeiten“ (ohne Quadrierung).
Beim internationalen System entsprechen sich die Angaben der relativen Öffnung (z.B. f=1:2,8) und der Blende (2,8) im Praxisbetrieb, obwohl es sich optisch um zwei verschiedene Werte handelt. Weil sich die Belichtungszeiten wie die Quadrate der Blendenzahlen verhalten, müssten hier Werte wie, 2-4-8-16 usw. stehen. In der Praxis lässt sich aber mit Werten bequemer arbeiten, die sich wie 1 zu 2 verhalten. Deshalb hat man in die Blendenskala noch einen Zwischenwert eingefügt. Somit erhielt man eine Werteskala, bei der immer die nächstgrößere Blendenzahl eine Verdoppelung der Belichtungszeit erfordert (und umgekehrt). Diese Werteskala ist die „Internationale Blendenreihe“, die sich seit etwa 1950 weltweit durchgesetzt hat.
Zuvor verwendete man – insbesondere bei der Leica – auch die „deutsche Blendenreihe“. Diese orientierte sich an der klassischen Wertetabelle von Dr. Rudolph. An ganz alten Objektiven aus der Zeit um 1900 und davor findet man auch noch andere Skalenreihen, z.B. das System nach Dr. Stolze, Zeiss oder das „englische System“. Wie auch bei den Empfindlichkeiten der Filme und Platten konkurrierten früher teils völlig unterschiedliche Berechnungssysteme miteinander.
Für Besitzer historischer Objektive ist es also nicht ganz einfach, passende Werte zu finden, zumal es gelegentlich auch noch firmeneigene Blendenskalen gegeben hat. So hatte Zeiss seine ursprüngliche (verkehrt herum laufende) Skala zeitweise gegen eine neue Werteskala mit brennweitenbezogenen Blenden ersetzt. Diese fand aber gar keine Anhänger, so dass sich Zeiss nach dem 1. Weltkrieg nach und nach der internationalen Werteskala anschloss. Jedes Land, das in der frühen Photographie etwas auf sich hielt (Deutschland, England, Frankreich), hatte seine eigene Blendenwertetabelle. Diese in ein korrektes Verhältnis zu setzen, ist prinzipiell nicht möglich. Die meisten antiken Objektive, z.B. von Ernemann, Meyer, Rietzschel, Rodenstock, Staeble, Steinheil, Suter, Voigtländer und Zeiss benutzten das deutsche System. Busch und Goerz verwendeten das System Dr. Stolze und Kodak. Fast alle englischen und amerikanischen Hersteller benutzten das englische System, das wiederum dem US-System entspricht. Meine folgende Tabelle vermittelt zum Verständnis des Sammlers Vergleichswerte für die unterschiedlichen Wertetabellen.
Die nachstehende Tabelle vermittelt eine Übersicht über
unterschiedliche Berechnungswerte für Blenden.
Internationale |
Deutsche |
Dr. Stolze | Englische/ |
Französisch |
Französisch |
Dr. Stolze |
Zeiss alt |
Alles ok? Doch keine Angst, alles dies ist heutzutage eher unwichtig und hielt auch damals schon nicht so sehr genau. Es gibt auch Vergleichsskalen mit noch mehr Werten, vor allem in der relativen (deutschen) Skala. Doch hat es keine praktische Bedeutung, ob Stolze 1 nun rechnerisch 3,1 deutsch oder wie in meiner Übersicht 3,2 ist oder Stolze 32 relativ 17 oder 18... Zumindest mit dem Filmmaterial der letzten 4 Jahrzehnte hatte man ausreichende Toleranzen, um auch mit dem Nachbarwert zu korrekten Bildergebnissen zu gelangen. Das war aber bei den frühen geringen Empfindlichkeiten nicht immer so, wie sie unschwer aus den „klassischen“ Blendenskalen ablesen können. Dort finden sich etliche Werte, die in der internationalen Reihe Zwischenwerte darstellen.
Auch finden sich vereinzelt Objektive, die als höchste Lichtstärke mit einem „Zwischenwert“ beginnen (1,2 / 1,5 / 1,8 / 2,4 / 3,5 / 4,5). Die Leica hielt noch sehr lange an den „deutschen Werten“ fest, so dass noch bis in die 1950er Jahre auch speziell für diese Leica-Blendenwerte angepasste Belichtungsmesser verkauft wurden. Meist waren diese „Spezial-Leica“-Geräte nur teurer als die Normalausgaben. Sie hatten nichts anderes zu bieten, als eine andere Skala.
Von besonderer Bedeutung sind die verschiedenen Wertetabellen aber für Sammler alter Belichtungsmesser. Diese berücksichtigen - ebenso wie bei den Empfindlichkeiten - nur gelegentlich verschiedene Wertetabellen. Oft waren die Geräte damals speziell für eine Wertereihe erhältlich. Welche dies ist, ist nicht immer angegeben.