Die Exakta Varex IIb war Höhepunkt und zugleich auch Schlusspunkt der Entwicklung der klassischen Exakta. Die spätere VX1000 unterschied sich mit einer Reihe von Änderungen doch deutlich vom Urmodell und war außerdem schlampig gebaut. Die IIb ist eine robuste Kamera, mit der man notfalls den Nagel in den Baum einschlagen konnte, an dem man sie anschließend mangels Stativ aufhängt...
Gegenüber dem Vorgänger-Modell IIa wurden die Verschlusszeiten auf die neue geometrische Reihe (30,60,125,250...) umgestellt und die Kamera erhielt endlich eine Rückspulkurbel. Das Stativgewinde ist jetzt bei allen Gehäusen einheitlich ¼“. Hingegen war der damals vielfach erwartete Rückschwingspiegel jedoch der kleinen Schwester Exa IIb vorbehalten.
Leider wurde das so geräuscharm und präzise ablaufende Langzeit- und Vorlaufwerk der Varex IIa im Laufe der Produktion von einem neuen, laut schnarrenden Werk abgelöst. Auf die mit der Exakta Varex eingeführte Sucherarretierung verzichtete man bei der IIb, führte sie jedoch beim Folgemodell VX 1000 wieder ein.
Exakta Varex IIb aus dem Jahr 1964, Fabrik-Nr. 1.023.003, hier abgebildet mit dem seltenen Steinheil-Makroobjektiv Quinon 1,9/58
Während der Produktionszeit der IIb wurde technisch nichts Bedeutendes mehr verändert. Richard Hummel führt diese Version der Exakta deshalb ohne weitere Differenzierungen als Modell-Nr. 028 auf. Einige Modifikationen im Detail hat es in der 4jährigen Bauzeit doch gegeben, so dass sich 3 Modellvarianten unterscheiden lassen; auf die Einzelheiten will ich in meiner folgenden Beschreibung eingehen.
Sammler unterschieden früher meist nach 2 Modellvarianten der IIb-Baureihe:
Die ursprüngliche Unterscheidung war zwar nicht unkorrekt, weil die „Umstellung“ etwa ab Fabr.-Nr. 1.065.xxx - auch bei einigen Zubehörteilen - nachhaltig erfolgte. Sie ist aber für eine nachvollziehbare Typisierung der IIb-Baureihe wenig hilfreich, weil die drei Frontschrauben leicht ausgewechselt werden können, was etwa bei einer Wartung oder Reparatur im Ihagee-Werk oder durch authorisierte Werkstätten meist auch erfolgte.
Besser, weil dauerhaft nachvollziehbar – soweit bei den mechanisch weitgehend identischen Gehäusen überhaupt gewünscht - ist dagegen eine 3fache Unterscheidung nach der Anordnung der Fabriknummer auf der Filmbühne:
Wer genau hinsieht, findet auch eine Übergangsvariante, bei der die Nummer noch oben auf der Filmbühne graviert ist und unten schon eine Ausfräsung für die Änderung zu erkennen ist.
Die erste Variante hat durchweg kleine Frontschildschrauben, der Wechsel erfolgte während der Produktion der 2. Version etwa ab Fabriknummer 1.065.xxx, jedoch nicht durchgängig (ich kenne auch eine IIb, Fabriknr. 1.079.557 mit kleinen Schrauben).
Fertigungstechnisch sind mir zwei kleine Unterschiede aufgefallen, die als vielleicht sammelnswerte Varianten durchgehen können:
1. Die anfangs mit dem Gehäuse vernietete Lagerbuchse des Filmtransportrades wurde etwa ab Nr. 1.075.xxx verschraubt.
2. Die letzten IIb-Kameras – etwa ab Nr. 1.117.xxx haben in der rechten Filmkammer einen Befestigungsbolzen, dessen Kopf zur besseren Führung der Filmpatrone auf ca. 4mm verlängert wurde (Bild links).
Das Foto rechts zeigt die Innenansicht der Varex IIb in der letzten Ausführung (Nr. 1120866) mit verschraubter Filmtransportachse.
In der rechten Filmkammer findet sich nun anstelle der bisherigen Befestigungsschraube ein 4mm langer Bolzen, der neben der Gehäuseverschraubung auch die Filmpatrone stabilisierte. Ein Vergleichsfoto der ursprünglichen Befestigung sehen Sie unten.
Das untere Foto rechts zeigt die Innenansicht der Varex IIb in der anfänglichen Ausführung. Hier ist die Filmtransportachse noch in das Gehäuse eingenietet. In der rechten Filmkammer (neben dem Gummirädchen für das Bildzählwerk) ist die normale Linsenkopfschraube zu erkennen, mit der seit altersher Außen- und Innengehäuse verschraubt sind.
Eine weitere - zunächst eher unauffällige - Unterscheidung findet sich bei der Eloxierung von Namensschild und Filmmerkscheibe der Ihagee-Kameras dieser Jahre. Diese variierte zwischen Schwarz und Violett-schimmernd und betrifft auch die Exa-Versionen. Man bemerkt diesen Unterschied nur im entsprechenden (Seiten-)Licht und eigentlich auch erst, wenn man zwei abweichende Kameras nebeneinander stellt. So auffällig, wie ich es in den Vergleichsfotos dargestellt habe, ist der Unterschied in der Wirklichkeit nicht.
Manchmal ist die Eloxierung von Namensschild und Filmmerkscheibe einer Kamera gleich, bei anderen wiederum unterschiedlich. Ein Sammler mit viel Vitrinenplatz mag sich beide Varianten hineinstellen, ich würde diese insgesamt 4 möglichen Varianten jedoch nicht als unbedingt sammelnswertes Unterscheidungsmerkmal ansehen, weil es sich dabei um eher fertigungstechnische Zufälligkeiten handelte. Gleiches gilt für feinere oder dickere Gravuren am Verschlusszeiten- und Langzeitknopf, die bei Kameras dieser Jahre zu finden sind.
Hier zur Anregung drei der möglichen vier "Farbkombinationen" der Eloxalschilder aus den 1960er Jahren.
Eine Gehäuseänderung etwa ab Fabriknummer 1.025.xxx offenbart sich nach dem Abnehmen der Frontplatte. Die bisherige Rundung an der Gehäuseoberkante vor der vorderen Sucherhalterung (Bild ganz links) hatte mit der neuen geraden Frontplatte wohl ausgedient. Jedenfalls haben die neueren IIb-Gehäuse hier jetzt einen geraden Abschluss. Dies lässt sich bei herausgenommenem Sucher auch noch ohne Entfernen der Frontplatte feststellen.
Um die Vertiefungen für die anstelle der bisherigen Senkköpfe jetzt verwendeten Zylinderkopfschrauben zu bemerken, muss die Frontplatte allerdings runter....
Wie schon das Vorgängermodell IIa und die letzten Kameras der VX-Reihe leiden auch viele IIb-Kameras heute an schlechten Verschlusstüchern. Offenbar waren die Gummitücher damals über Jahre hinweg nicht von dauerhafter Qualität. Für einen an Kameras im Originalzustand interessierten Sammler ist dies zunächst eine eher zweitrangige Feststellung. Wer jedoch auch alte Kameras in funktionsfähigem Zustand sucht, muss berücksichtigen, dass die Exakta zwischen etwa Nr. 800.xxx bis 1.050.xxx im Originalzustand so gut wie immer unbrauchbare Tücher hat. Die Gummibeschichtung der Tücher ist im Lauf der Jahre verhärtet, oft läuft der Verschluss gar nicht mehr ab. Manchmal hilft noch eine Behandlung mit Talkum-Puder oder Silikon. Nicht selten hat sich die Gummierung aber ganz oder teilweise abgelöst und das Tuch ist nicht mehr lichtdicht. Eine Reparatur ist möglich, schlägt aber mit 150-200 EUR zu Buche.
Die Belegschaft der IHAGEE war eine kollegiale Gemeinschaft. Zumindest zeitweise war das Betriebsklima besser als in manch anderen Kombinatsbetrieben der DDR. Dazu trug auch bei, dass die Unternehmensleitung Betriebstreue belohnte. So erhielt etwa ein Mitarbeiter zu einem runden Jubiläum (ab 20 Betriebsjahre) eine speziell gekennzeichnete Exakta Varex IIb. Neben der Gravur der Betriebszugehörigkeit oben auf der Filmbühne war darunter eine Plakette "Zum ..jähr. Arbeitsjubiläum" angebracht. Eine Fabriknummer erhielten diese Kameras nicht. Es handelte sich um normale Kameras aus der laufenden Produktion, bestückt mit einem Tessar 2/50.
Exakta Varex IIb - Gesamtübersicht
Typ: einäugige 24 x 36 mm Spiegelreflexkamera für Kleinbildfilm
Hersteller: Ihagee Dresden - Original EXA/EXAKTA Dresden
Produktionszeit 9/1963 – 8/1967
Fabriknummern 1.005.xxx – 1.125.761
gebaute Stückzahl: 114.351 (1 Modell nach Richard Hummel)
Frontplatten: Exakta Varex IIb; Exakta VX IIb (bei USA-Exportmodellen)
Ausstattung: Gussgehäuse aus Leichtmetall; Schlitzverschluß mit 12 bis 1/1000 sec (12, 10, 8, 6, 4, 3, 2, 1, ½, 1/4, 1/8, 1/30, 1/60, 1/125, 1/250, 1/500, 1/1000, T und B); Vorlaufwerk (Selbstauslöser, auch für Langzeiten 6, 4, 3, 2, 1, ½, 1/4 sec.);
Schnellaufzug, 3-fache Blitzsynchronisation F, FP + X, Verschlußsperrhebel, Mehrfachbelichtungsmöglichkeit, Filmtransport von Patrone zu Patrone, Filmabschneidemesser für teilbelichtete Filme, Wechselsuchersystem mit Verriegelung für 4 verschiedene Suchereinsätze - Lichtschachtsucher, Prismensucher, TTL-Prismensucher, Lupensucher; Objektivbajonett.
Anhand der beschriebenen Merkmale können drei Ausführungsvarianten aus der Fertigung unterschieden werden. Manche Sammler unterscheiden auch nur nach 2 Modellen – „kleine“ bzw. „große“ Frontschrauben (s. Text oben). Dies ist jedoch wenig präzise. Alle Gehäuse sind im Bodenleder mit dem Qualitätsprädikat /1\ geprägt.
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