Was denn, Kamerataschen auf ‘ner Sammlerseite? Hat die Lederlobby jetzt die photobutmore-website gesponsert? Mal abgesehen davon, dass es heute in Deutschland so gut wie keine Lederverarbeitung mehr gibt, waren solche Kamerahüllen anno dazumal alltägliche Ergänzungsteile. Für nahezu jede Kamera war ein Lederkumpel zum Schutz gegen Regen, Wind und Teufel zu haben.
Was für den gemeinen Fotoamateur selbstverständlich war, erschien manchem Fotoprofi eher lästig. Tatsächlich zeigten sich Bereitschaftstaschen im Fotoalltag oft auch alles andere als bereit… Bis alle Druckknöpfe oder Reißverschlüsse gelöst waren, war das Motiv längst über alle Berge. Doch gemach, da gab’s noch die Universaltaschen. Manche eher schweinslederne Schuhkartons mit Kordel, präsentierten sich andere als clever designte und feinstens verarbeitete Begleiter, selbst für umfangreiche Fotoausrüstungen.
Vor allem die Elite der Kameraproduktion, etwa Leitz oder Zeiss setzte auch hier auf hauseigene Angebote. Doch hauseigen hieß noch lange nicht auch hausgemacht. Wohl kaum werden auf Wetzlarer Werkbänken Kuhhäute verarbeitet worden sein... Die Lederbehältnisse stammten von Zulieferfirmen, meist kleineren Sattlerbetrieben, nur Eingeweihten namentlich bekannt. Bei Leitz etwa konnte man schon seit den frühen 1930er Jahren individuell gestaltete und handgemachte Lederköfferchen erstehen, in denen jedes (Original-) Leitz-Objektiv oder Zubehörteil seinen ihm zugedachten Platz fand.
Bild links - Fast alles in diesem braunen Lederkoffer mit Leica Prägung auf dem Deckel ist original Leitz! Zur Leica IIIa mit Elmar 3,5/5cm gehören noch ein Nickel-Elmar 3,5/3,5cm, ein Hektor 4,5/13,5 cm, ein VIDOM Universalsucher 3,5/5/7,3/9/10,5/13,5 cm, FISON-Sonnenblende, Filmdose mit Kassette und Leitz-Filter sowie ein Sixtus-Belichtungsmesser von Gossen.
Bild rechts - Eine andere Ausführung mit einer LEICA Standard, Elmar f=5cm 1:3,5, Hektor f=13,5 cm 1:4,5, Summaron f=3,5 cm 1:3,5, VIDOM Universalsucher, Entfernungsmesser FOKOS, schwarz mit dem passenden drehbaren Klemmschuh. Drahtauslöser mit Leica-Glocke, Z-Filmpatrone in Original-Alu-Dose, diverse Filter.
Eigner weniger exklusiver Kameras mussen sich zumeist mit namenlosen Behältnissen begnügen. Doch auch bei Zubehörtaschen gab es gewaltige Unterschiede - in Qualität und Preis! Bekanntere deutsche Hersteller von Foto-Universaltaschen waren etwa Döppert Kitzingen (Frankonia), Rox-Lederwarenfabrik München oder Hansen & Braun, Solingen. Meine damalige Exakta-Ausrüstung fand in einer "Yvonne" von Photo Porst ihren Platz. Fotos bzw. Prospektbilder finden Sie unten.
Einige davon möchte ich nachfolgend vorstellen. Der Hersteller, Kritzler in Remmelroth bei Köln war eine alteingesessene Ledermanufaktur und stellte schon vor dem 2. WK u.a. Kamerataschen unter dem Warenzeichen „Lk“ her. In den 1970er Jahren wurde das Markenzeichen moderner, leider aber auch die Taschen. Zwar wurden bei Omnica 400, 600 oder 800 das Klammernsystem noch beibehalten. Doch auch schnödes Plastik und Segeltuch gab's zuletzt auch unter dem Namen Omnica. Die Marke „OMNICA“ ließ man in den frühen 1950er Jahren weltweit schützen. Die erste Omnica kostete im Jahr 1950 (für Leica, Contax oder Kine-Exakta) 150,- DM und für die etwas kleinere Robot-Ausführung 130,- DM.
so bewarb Photo Porst 1952 in seiner Hauszeitschrift "Nürnberger Phototrichter" die Omnica-Taschen. Sie wurde damals in vier Ausführungen und Größen angeboten:
Omnica 0 – für Kleinbild- oder Rollfilmkameras mit kleinem Zubehör für 79,- DM
Omnica I – für Leica, Contax, Prominent, Rolleiflex, Akarette + Zubehör je nach Zusammenstellung 126,- bis 198,- DM
Omnica II – für System-Kameras mit kleinem Zubehör und Contessa, Retina, Karat für 114,- DM
Omnica IV – für Kino-Kameras, je nach Zusammenstellung 87,- bis 126,- DM.
Für nahezu jedes Kameramodell war eine spezielle Tasche lieferbar, für die gelieferte Qualität in Handarbeit waren die geforderten Preise also durchaus angemessen. Die Ausführung der Omnica war gut durchdacht und fast luxuriös. Eine abklappbare Vorderwand wird mit Lederkeilen in einer Schräglage gehalten. Dabei kann nichts aus der Tasche herausfallen, trotzdem ist (fast) alles gut zugänglich. Der Deckel ist zudem in Bereitschaftslage (offen) feststellbar und kann nicht nach vorn kippen. Jedes einzelne Teil wird von mit Nappaleder bezogenen Klammern und Federn gehalten – vom Kameragehäuse bis zum Drahtauslöser…
In den Folgejahren aktualisierte Kritzler seine Produktpalette regelmäßig. Zum einen waren spezialisierte Taschen für die bekannten Systemkameras lieferbar, zum anderen gab es mit den Modellen 100 oder Omnica 54 auch systemunabhängige Universaltaschen.
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