Zur Einstimmung – neben der Objektivblende ist der Kameraverschluss dafür zuständig, dass nur eine bestimmte Menge Licht auf das zur Bildspeicherung bestimmte Medium fällt. Heute ist dies bei den unseren Fotoalltag beherrschenden Digitalkameras der Sensor. Früher war es neben Glas, Papier oder Blech rund ein Jahrhundert lang vor allem ein Zelluloidstreifen, der fotografische Film. Wie die Blende, war und ist der Verschluss ein mechanisches Bauelement in recht unterschiedlichen Konstruktionsformen.
Es würde den Rahmen dieser Seite sprengen, Guillotine-, Klapp-, Rotations-, Schwenkverschlüsse oder was es sonst noch gab, im Detail zu beschreiben. Zudem ist für das auf dieser Seite behandelte Thema auch nur der Zentralverschluss von Interesse. Fototechnisch bedeutsam waren vor allem der Schlitzverschluss und der Zentralverschluss. Auf optisch-/physikalische Unterschiede beider Konstruktionen will ich hier aber nicht weiter eingehen, wer mag, findet dazu sicher im Internet hinreichende Informationen.
Zudem war der Zentralverschluss bei den erreichbaren kürzesten Verschlusszeitengegenüber gegenüber dem Schlitzverschluss im Hintertreffen. Bereitete der Schlitzverschluss systembedingt geringe Probleme, durch kleineren Schlitzabstand und leichteren Ablauf Verschlusszeiten bis 1/2000 s und kürzer zu erreichen, war beim Zentralverschluss um 1/500 s Schluss. Die schnellste (deutsche) Zentralverschlusskamera war 1969 eine Vitessa 1000SR mit 1/1000s. kürzester Verschlusszeit. Als Vorzug des Zentralverschlusses gegenüber dem Schlitzverschluss blieb allein die einfachere Blitzsynchronisation.
Für Spiegelreflexkameras, die seit den 1950er Jahren den Fotomarkt mehr und mehr dominierten, kam beim Zentralverschluss noch ein weiteres Problem hinzu. Zur Motivbetrachtung musste der Verschluss der üblichen einäugigen SLR’s geöffnet sein um für die Lichtstrahlen auf dem Weg durch das Objektiv über den Spiegel zum Sucher kein Hindernis darzustellen. Bei der Auslösung hingegen, wenn der Spiegel hochgeklappt wird, muss der Verschluss zunächst geschlossen sein um danach wieder mit der definierten Belichtungszeit zu öffnen und zu schließen. Spiegelreflexkameras erforderten – bedingt auch durch die Kombination beider Nachteile – deshalb erheblichen mechanischen Aufwand. „Technical Overkill“ wird solcherart Mechanik gelegentlich genannt – Mechaniker lehnen Reparaturgesuche mit einem Lächeln ab, oder laufen gar laut schreiend weg….
Diese Problematik war insbesondere für die deutschen Kamerahersteller bedeutsam, die lange Jahre auf die Zentralverschlüsse der beiden marktbeherrschenden Hersteller Gauthier (Prontor) und Deckel (Compur) setzten. Andere Kamerahersteller, vor allem in Japan, bauten hingegen lieber Schlitzverschlüsse in ihre System- und SLR-Kameras, die für die weitere technische Entwicklung leichter beherrschbar waren. Nur wenige deutsche Kameras, etwa Exakta, Edixa, Praktica, später auch Leitz mit der Leicaflex oder R-Leica arbeiteten auch mit Schlitzverschlüssen. Das Festhalten der anderen Hersteller am Zentralverschluss trug ganz erheblich zum Niedergang der deutschen Kameraindustrie seit den 1960er Jahren bei.
Warum dies so war – nun, die schon erwähnten Verschlussproduzenten gaben ihre Marktposition nicht kampflos her. Dies führte dazu, dass viel Aufwand bei der Kameratechnik betrieben wurde um die konstruktiven Nachteile auszugleichen. So entstanden etwa Satzobjektive, bei denen nur das Vorderglied ausgewechselt wurde (Kodak Retina) oder Verschlusskonstruktionen im Kameragehäuse (Akarette, Paxette). Als letzte Waffe entwickelten die - später von Zeiss vereinten - Verschlusshersteller Gauthier und Deckel universell einsetzbare Bajonette für Zentralverschlusskameras – das SLK-Bajonett und die Compur-Wechselfassung. Vor allem Deckel erreichte mit dem Compur-Bajonett tatsächlich, dass bedeutende deutsche Kamerahersteller diese Bajonettverbindung – später auch „Deutsches Einheitsbajonett“ genannt – für ihre Neuentwicklungen ab etwa 1956 einsetzten. Gauthier hingegen war mit dem SLK-Bajonett weniger erfolgreich, ebenso wie AGFA, die einen eigenen Weg für die Wechselbajonette von Colorflex, Selectaflex oder Ambiflex ging.
Voraussetzung für die einheitliche Bajonettverbindung ist ein gleiches Auflagemaß, also der Abstand zwischen Objektiv und Filmebene bei den entsprechenden Kameras. Compur wählte dies mit 44,7mm. Die erste Ausführung des Compur-Bajonett datiert in das Jahr 1956, als die Vitessa T damit auf den Markt kam. 1957 folgte die Braun Colorette Super II mit exakt dem gleichen Bajonett.
Die Objektive dieser beiden sind also untereinander austauschbar! Allerdings können sie - infolge des als Überwurfring ausgebildeten Ringes mit Lichtwert- und Blendenzahlen - nicht für andere Kameratypen und auch nicht für einen DKL-Adapter angepasst werden. Es sei denn, man entfernt den Lichtwertzahlen-Ring…
Die beiden unterschiedlichen Ausführungen der Compur-Bajonett-Objektive hier im Vergleich. Nach einem Klick auf das jeweilige Bild sehen Sie die Abbildung in höherer Auflösung. Links außen ein Schneider Edixa-Curtagon 2,8/35 in der meistverwendeten Fassungsausführung ohne Blendenring. Daneben ein Schneider Braun-Radiogon 4/35 mit Lichtwertring wie es an der Braun Colorette oder Voigtländer Vitessa T zum Einsatz gekommen ist.
Die Bajonettriegel der verbreiteteren Fassung haben zusätzlich noch unterschiedlich ausgefräste "Nasen". Diese tragen durch ihre mechanische Sperrfunktion dazu bei, dass die jeweiligen Objektive nur mit den dazu geschaffenen Kameragehäusen harmonieren. Durch nachträgliche Einfräsungen lassen sich diese Inkompatibilitäten jedoch beheben. Mit dem Lichtwertring der Colorette / Vitessa-Versionen lässt sich am Objektiv die Blende regeln, das ist bei der anderen Ausführung nicht möglich.
Zum Vergleich hier eine Braun Paxette Super 3, die mit einem Prontor SLK-Bajonettanschluss bestückt war.
Auf dem rechten Foto die SLK-Bajonettansicht eines ENNA Tele-Ennalyt 3,5/135. Mit diesem Wechselbajonett des Compur-Konkurrenten Gauthier sind mir außerdem nur noch die beiden Exoten Photavit 36 und Regula Super automatic bekannt.
Ich will hier nun – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – einen Überblick darüber geben, welche Kamerafabrikate, -typen und zugehörige Wechselobjektive seinerzeit mit dieser Verbindungstechnik ausgestatten worden sind.
Dies kann jedoch – leider - nicht heißen, dass alle Objektive der genannten Kameratypen untereinander austauschbar waren – wie es etwa beim M42-Schraubgewindeanschluss der Fall ist. Fast jeder Kamerahersteller veränderte zumindest eine Bajonettnase, um seine Kamera- und Objektivkombination unverwechselbar zu machen. Weiteres Hemmnis ist der erwähnte Lichtwerteinstellring, mit dem Braun die Colorette und Voigtländer die Vitessa T ausstattete.
Nun sind mittlerweile einige Tricks bekannt, um solcherart Einschränkungen zu umgehen. Vor allem weil die klassischen Objektive mit dem DKL-Bajonett auch unter den Digitalfotografen Liebhaber fanden, die sie mit günstig erhältlichen DKL-Adaptern an ihren Canon’s, Olympus oder Sony’s verwenden. Ein wichtiger Unterschied gegenüber anderen Objektivanschlüssen ist dabei, dass DKL-Objektive - Ausnahme Braun Colorette und Voigtländer Vitessa T - keinen Ring zur Einstellung der Blende haben. Dieser muss also in den Adapter integriert werden.
Die mir bekannten DKL-Adapter sind entsprechend konstruiert; beim Erwerb muss aber darauf geachtet werden, dass sie mit einem drehbaren Blendenring ausgestattet sind. DKL ist übrigens eine neuzeitliche Kurzfassung des damaligen Herstellers „Deckel“, unter dessen Namen – wie oben schon beschrieben – diese Technik vertrieben worden ist (s. Anzeige oben).
Die beiden Fotos zeigen einen Adapter zum Anschluss der meisten DKL-Objektive an CANON EOS-Bajonett.
Das Objektivbajonett der meisten Objektive trägt eine dreistellige Zahlengravur, über deren Zweck sich Sammler schon seit Jahren den Kopf zerbrochen haben. Eindeutige Aussagen zur Zuordnung lassen diese Ziffern danach aber nicht zu, offenbar handelte es sich um firmeninterne Kennziffern des Compur-Werks.
Ein bedeutsamer Unterschied besteht allerdings zwischen den Objektiven für die Sucher-Systemkameras Colorette/Vitessa und denen der Baldamatic, Iloca und Retina IIIS sowie Spiegelreflexkameras. Bei allen Kameras der zweiten Gruppe ist ein Blendenring am Verschlussgehäuse angebracht. Hingegen fehlt dieser bei Colorette und Vitessa (s. Fotos oben). Hier haben die Objektive einen Lichtwertring mit einem Räderwerk (Bild rechts), das die Blendeneinstellung je nach Lichtwert zum Verschlussgehäuse überträgt. Dieser Ring ist als Überwurfring gestaltet und verhindert, dass sich das Objektiv in anderer Systeme einsetzen lässt. Diese Objektive passen auch nicht in einen DKL-Adapter.
Davon abgesehen kann eine Anpassung sowohl objektivseitig durch eine zusätzliche Fräsung, als auch kameraseitig vorgenommen werden. Die grafischen Darstellungen der Objektivbajonette (oben bei den jeweiligen Kameras) lassen gut erkennen, an welcher Stelle Ausfräsungen im Bajonett vorgenommen werden müssen. Mit kameraseitiger Anpassung lässt sich erreichen, dass die Bajonettobjektive der verschiedenen Systeme verwendbar werden. Eine solche Universalanpassung sollten auch DKL-Adapter mitbringen.
Außerdem sind Objektive für Baldamatic, Colorette, Iloca, Retina IIIS und Vitessa mit Steuerkurven für die Entfernungsmesserkopplung versehen. Diese ist für Spiegelreflexkameras überflüssig. Die Abtastung der Steuerkurven erfolgt kameraseitig durch einen herausstehenden Pin, der jedoch nicht kompatibel gestaltet ist. Bei Über-Kreuz-Experimenten ist also Vorsicht angesagt, damit dieser Stift nicht beschädigt wird oder gar abbricht!
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