Das Optik-Unternehmen Astro Berlin-Neukölln wurde 1922 von Willy Bielicke mit Partnern in Berlin-Wilmersdorf gegründet. Es begann zunächst mit der Herstellung astronomischer Objektive; später wurde ASTRO zu einem der bekanntesten Unternehmen bei Objektiven für Kino-Kameras. Nach dem 2. WK wurde es als Astro-Gesellschaft Bielicke & Co bekannt.
In dieser Zeit entstanden auch Teleobjektive für Spiegelreflexkameras. Vergleichbar den Objektive von Novoflex oder Kilfitt, bot auch Astro einen Wechselanschluss "W" für die Telastane an. Das Astro-Telastan 10/2000 ist das wohl "längste" Fernobjektiv für SLR-Kameras, es wurde zur Photokina 1956 vorgestellt und auch von Tewe angeboten. Die Objektivfertigung wurde in den 1990er Jahren eingestellt. Auch Rau-Optik in Wetzlar bot ein Astro-Astan 2,9/4,7cm an (Foto). Mir ist unbekannt, ob dies in Kooperation oder Lizenzfertigung erfolgt ist.
ASTRO Fernobjektiv F:5/400, wurde in dieser Ausführung in den 1960er Jahren an das US-Handelhaus Sterling-Howard, New York geliefert.
Dort führte man zwar unter der Marke "ASTRA" oder "ASTRAFLEX" etliche Produkte anderer Hersteller (u.a. auch Piesker). So kommt es gelegentlich zu Verwechslungen bei der Einordnung von ASTRO oder ASTRA-Objektiven.
Zeitweise kooperierte Astro auch mit den anderen Berliner Optikherstellern Piesker und Tewe. Auch an US-Handelsfirmen wurden Objektive, teils unter deren Namen geliefert. ASTRO-Objektive enthalten auch die Kataloge der Exakta Camera Co. New York.
Eine nahezu komplette Übersicht der bei ASTRO produzierten Objektive finden Sie in der ASTRO Seite von Klaus Rademaker. Dem ist von mir nichts weiter hinzuzufügen.
Obwohl es sich auch "Astro" nennt, stammt dieses Astran 2,9/4,7cm Objektiv aus der Wetzlarer Optikschmiede Rau.
Paul Piesker & Co. produzierten in den 1950/60er Jahren Objektive und Objektivzubehör, wie Balgengeräte für Spiegelreflexkameras. Als "Fabrikation und Vertrieb optischer, photographischer und feinmechanischer Artikel" wurde der Betrieb 1936 gegründet. Nach dem 2. Weltkrieg wurden vor allem langbrennweitige Objektive für die Exakta und mit M42-Anschluss hergestellt.
Welche Stückzahlen die kleine Produktionsstätte in der Oranienstraße verließen, ist unbekannt - vor allem auch aufgrund der Kooperation mit den anderen Berliner Betrieben. Produktionsnummern der Objektive mit blanken Alu-Fassungen liegen unter 20.000, ein Objektiv mit schwarz eloxierter Fassung ist mir mit der Seriennummer 91.883 bekannt.
In Deutschland waren Piesker-Objektive, wenn überhaupt, nur wenig verbreitet. In Katalogen oder Preislisten für Exakta oder Edixa in den 1950er Jahren habe ich sie jedenfalls nicht finden können. Der größte Teil der Produktion ging in die USA. Von dort stammen denn auch die wenigen Exemplaren, die mit den Jahren den Weg in meine Sammlung gefunden haben.
Piesker Objektive sind auch unter der Handelsmarke "Kalimar" zu finden. Auch an US-Handelsfirmen wurden Objektive, teils unter deren Namen oder Marken geliefert; für Sterling Howard etwa unter deren Handelsmarke "ASTRA" - nicht zu verwechseln mit den eingangs beschriebenen ASTRO-Objektiven aus Berlin! Außerdem vertrieb Piesker Objektive unter der Marke "VOSS", bekannt sind ein Voss 2,8/35, ein Voss 2,8/100, ein Voss 3,5/135 und ein Tele Voss 5,5/250. Zusammenhänge oder Gründe für die unterschiedliche Namensgebung sind mir aber nicht bekannt. Die Fertigung bei Piesker wurde 1964 eingestellt.
Eines der ersten Wechselobjektive für Spiegelreflexkameras war zu Beginn der 1950er Jahre das Piconar 4,5/40, eine 4linsige Konstruktion mit 60° Bildwinkel.
Dieses Objektiv - Bild links, in den rechten Fotos als "Kalimar"-Version - gehörte zu der Gruppe kurzbrennweitiger Normalobjektive, die bis zur Entwicklung der Retrofocus und Flektogon den Anwendungsbereich "Weitwinkel" abdeckten. Nahezu jeder Hersteller hatte damals ein Objektiv dieser Brennweite in seinem Programm.
Danach wurde eine Tele-Baureihe unter den Namen Picon und Votar in den Brennweiten von 3,5/100, 3,5/135, 150, 5,5/180 und 5,5/250 mm aufgelegt. In den USA sind mit unterschiedlichen Namens-Kennzeichnungen Objektive gleicher Bauart zu finden. Als Beispiel dafür zeige ich nachstehend ein Picon 2,8/100, das in gleicher Fassung auch mit dem Ring "Speed-Astra 1:2,8 f=100 mm zu finden ist. Das Objektiv ist zudem dem Meyer Trioplan 2,8/100 sehr ähnlich, optisch sind diese Objektive vermutlich baugleich.
Picon und Speed-Astra haben Blendenvorwahl von 2,8 bis 22 und eine FEET-Entfernungsskala ab 5ft. Die Leichtmetallfassung ist mit einem fest angebauten Bajonettanschluss für die Exakta ausgestattet. Es wird aber auch andere Anschlüsse, etwa M42, gegeben haben.
In den 3 Fotos unten eine Version des 100er für Balgenverwendung oder Vergrößerungsgerät. Das Objektiv hat eine um 1/2 Blendenstufe geringere Lichtstärke und wurde mit Exakta-Bajonettanschluss ohne Entfernungs-Einstellfassung geliefert.
Das letzte Foto zeigt das Objektiv mit einer Exakta an einem Kopil-Balgengerät mit Tilt and Shift-Standartenverstellung. Im Lieferprogramm von Piesker war in diesen Jahren auch ein Balgengerät zu finden, allerdings ohne Standartenverstellung wie bei dem gezeigten Kopil.
Gegen Ende der 1950er Jahre hatten nahezu alle deutschen Objektivhersteller auch optische Möglichkeiten für den Bau von Weitwinkelobjektiven gefunden, ohne die Patente für das Angenieux Retrofocus oder Zeiss Flektogon zu verletzen. Auch Piesker lieferte in diesen Jahren einen "echten" Weitwinkel-Nachfolger für das Piconar 4,5/40.
Das Picon 2,8/35 ist eine Weitwinkelkonstruktion ähnlich den kurzen ENNA-Objektiven. Es hat eine Alu-Fassung mit Exakta-Bajonettanschluss und Blendenvorwahl 2,8 bis 16. Mit der FEET-Skala (ab 1ft) war es wohl ebenfalls nur für den US-Markt bestimmt. Das Objektiv ist in gleicher Fassung unter der Herstellerkennung "Piesker Berlin W.Germany" auch unter der Marke "VOSS" zu finden.
Das Picon 3,5/135 ist - wie schon aus der niedrigen Nummer 15737 abzuleiten ist - ein frühes Piesker-Objektiv mit dieser immer beliebter werdenden Telebrennweite. Allerdings ist es keine Tele-Konstruktion, sondern ein 3-Linser. Mir liegt zwar kein Linsenschnitt vor, jedoch dürfte die optische Bauweise dem Triotar bzw. Trioplan entsprechen.
Das Objektiv hat Blendenvorwahl 3,5 bis 22 und eine FEET-Entfernungsskala ab 8ft (2,40m). Kameraanschluss ist Exakta-Bajonett. Interessant die vordere Bauform - ähnlich der Meyer-Objektive - und ebenfalls mit Sonnenblende im Lieferumfang. Filtergewinde ist ES44. Mit großer Frontlinse, der daraus resultierenden hohen Lichtstärke und kreisrunder Blende (15 Lamellen) dürften Bokeh-Freunde ähnliche Bildergebnisse erwarten, wie bei dem beliebten Trioplan von Meyer-Görlitz.
Mit dem VOTAR 3,5/135 teilte sich Piesker eine weitere Objektivmarke mit anderen Herstellern. VOTAR-Objektive sind auch aus japanischer Fertigung bekannt. Bemerkenswert bei diesem Objektiv sind die eigenwillig geformten Einstellringe.
Denkbar, dass dieses Objektiv aus einer anderen Produktion stammt. Die welligen Einstellringe passen zu dem Picon-Weitwinkel 3,5/35, ähneln aber auch dem weiter oben gezeigten ASTRO Fernobjektiv oder einigen in den USA in diesen Jahren angebotenen Objektiven von Sun (Sola), Elgeet oder Pam Britar (s. meine Rubrik "Sonstige Objektive"). Mir ist nicht bekannt, ob hier Kooperationen beim Fassungsbau bestanden oder ob diese Ringfräsung ein Zugeständnis an den "amerikanischen Geschmack" dieser Jahre war. Optisch hingegegen dürfte es dem zuvor beschriebenen Picon 3,5/135 entsprechen.
Das Objektiv hat Blendenvorwahl 3,5 bis 22 und ebenfalls eine FEET-Entfernungsskala ab 8ft (2,40m). Eigenartigerweise ist die hintere Fassung dieses Objektivs (mit M42-Gewindeanschluss) mit "f=135-180 mm P" graviert.
Piesker Tele-Picon 5,5/180 mm. Das Objektiv hat die gleiche Fassungsbauform wie das zuvor beschriebene Picon 3,5/135, ebenfalls mit Exakta-Bajonettanschluss. Natürlich ist es länger gebaut. Die Blendenvorwahl reicht von 5,5 bis 22, es hat ebenfalls nur FEET-Skala ab 8ft.
"Kurzes" Fernobjektiv Picon 1:4,5/250 mit Vorwahlblende von 4,5 bis 22 und 18(!) Blendenlamellen. Die schwarz eloxierte Aluminiumfassung hat einen fest montierten Exakta-Bajonettanschluss und einen drehbar angebrachten Ring mit Stativanschluss. Wie fast alle mir bekannten Piesker-Objektive hat auch dieses Picon nur eine Feet-Entfernungsskala ab 12ft. In einem ebay-Angebot fand ich das Picon jedoch auch mit einer m/feet-Kombiskala.
In der ersten Version meiner website der Berliner Objektive hatte ich zu diesem Picon geschrieben, es entspräche optisch dem Meyer Telemegor. Als ich mich mit dem Objektiv jedoch näher befasste, stellte sich heraus, dass es jedoch als klassisches Fernobjektiv aufgebaut war. Dies heißt, es hat nur ein Linsenelement, das aus einer verkitteten Frontlinse besteht während die Telemegore einen 4linsigen Teleaufbau haben. Später tauchte dann doch noch das ursprünglich beschriebene 4,5/250 als "TELE-PICON" in kürzerer Telebauweise auf (s. unten). Somit gibt es zwei unterschiedliche Objektiv-Bauformen für diese Brennweite.
Hier nun die beiden schon erwähnten 250er von Piesker im Vergleichsfoto. links das Picon in Normalbauweise (Fernobjektiv), rechts daneben die Televersion. Abgesehen von der ca. 8cm kürzeren Fassung des Tele-Picon sind die Objektive mechanisch nahezu baugleich. Zwischen beiden hier vorgestellten Objektiven liegt ein Fabriknummernabstand von rund 1800. Ob die Televersion das Fernobjektiv ersetzte oder ob beide wahlweise angeboten wurden ist mir nicht bekannt.
Auch das TELE-PICON 4,5/250 hat eine Blendenvowahlkonstruktion mit 18 Blendenlamellen. Blendenvorwahl- und Tiefenschärfenring sind geringfügig anders gestaltet als beim PICON-Fernobjektiv. Auch hat es eine Meter-Entfernungsskala ab 2,5 mtr. Der drehbare Stativanschlussring und die Einstellringe im "Zebra-Look" entsprechen dem Picon.
Der eigenwillig gestaltete Exakta-Bajonettanschluss ist mit einem Überwurfring (mit Feingewinde) mit der Fassung verbunden und somit auswechselbar. Vermutlich hat es das Objektiv auch mit anderen Anschlüssen gegeben.
Zunächst hatte ich die Absicht, auch die Berliner Objektivhersteller in die Seite Andere Objektivhersteller für die Exakta einzugliedern. Doch wegen der besonderen Bedeutung auch für andere Kamerasysteme als die Exakta reichte es dann doch zu dieser eigenen Seite. Alle Hersteller hatten ihr Schwergewicht mehr oder weniger bei den längerbrennweitigen Objektiven. Insbesondere TEWE mit seiner 2000mm Fernobjektivkanone hatte speziell für Profi- und Sportfotografen eine besondere Bedeutung in den 1950/60er Jahren. Astro konzentrierte sich hingegen mehr auf die Filmemacher, so sind Astro-Objektive oft mit Arriflex-Anschlüssen zu finden.
Vom breit angelegten Piesker-Programm war ich beim Zusammenstellen dieser Seite selbst überrascht, da mir zuvor keine Broschüren oder dgl. über Piesker-Objektive vorlagen. Offenbar hatte Piesker mit diversen Kooperationen und Marken seinen Schwerpunkt auf den US-Markt gelegt. Jedenfalls sind Objektive dieses Herstellers so gut wie nicht in deutschen Katalogen dieser Jahre zu finden.
Eben wegen dieser diversen Handelsmarken und Verflechtungen der Hersteller untereinander ist meine vorherige Aufstellung vielleicht nur ein Anfang. Ich selbst möchte meine Sammlung in diese Richtung jedoch nicht mehr erweitern. Falls andere Sammler entsprechendes Bild- und/oder Textmaterial zur Verfügung stellen können und wollen, wird sich vielleicht eine Gelegenheit zur Erweiterung oder auch weiteren Aufteilung ergeben.
Der Eine oder Andere mag eventuell "BEROFLEX" oder "BEROLINA" hier vermissen. Die Beroflex AG war aber nicht nur in der Berliner Uhlandstraße vertreten, sondern hatte auch noch andere Verkaufsbüros und vertrieb von dort neben den Ihagee-, Pentacon- und Zeiss-Erzeugnissen aus Dresden und Jena auch Objektive aus Fernost. Zeitweise gehörte etwa das TAMRON-Programm dazu. Später bot BEROFLEX eine eigene Objektivlinie an. Auch diese Objektive wollte ich zunächst hier aufnehmen.
Dabei stellte sich aber heraus, dass es sich ausschließlich um in Japan gefertigte Erzeugnisse handelte. Deshalb ist BEROFLEX, neben einigen anderen Vertriebsfirmen, in der Seite Fernost-Objektive zu finden. Diese "Berliner" Seite soll ausschließlich den Made in Germany-Produkten vorbehalten bleiben. Dass wegen der politischen Stellung Westberlins auch eine besondere Kennzeichnungspflicht bestand, ist eine andere Geschichte über die ich evtl. in einem künftigen Upgrade noch berichten werde.
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