Fernobjektive waren die Domäne von Sport- und Tierfotografen.
Zur Gattung der langen Tüten zählen Objektive zwischen 300 – 1200 mm Brennweite. Eine Spiegelreflex oder zumindest eine Leica mit Spiegelkasten sind die Vorbedingung für ihren Gebrauch. Bei der Begriffsdefinition will ich hier nicht zwischen den unterschiedlichen Bauweisen (Tele / Normalbauweise) sondern nur nach der Brennweite unterscheiden. Wer seine Sammlung noch weiter untergliedern
möchte, findet eine Definition auf der Objektiv-Startseite.
Für
die Exakta wurden solche Extrem-Tele's von Kilfitt (Kilar), Meyer-Görlitz (Tele
Megor), Novoflex, Tewe (Telor), Astro, Enna, ISCO, Schneider, Steinheil und
Zeiss angeboten. Einige davon stelle ich Ihnen hier vor:
Busch Telar, Dallmeyer Dallon, ENNA, Kilfitt, Meyer
Görlitz, NOVOFLEX, Piesker,
Schneider Kreuznach, TEWE, Steinheil, Dr. Weth, Carl Zeiss Jena sowie Fernostprodukte
und Spiegelobjektive (Russentonne).
Unmittelbar nach Vorstellung der Kine Exakta wurde von Zeiss bereits das Zeiss-Fern-Objektiv mit Lichtstärke 1:8 angeboten. Sein Verkaufspreis lag mit 585 RM damals jenseits von Gut und Böse. Deshalb halfen sich manche Fotografen mit Umbauten bzw. Adaptionen von Objektiven für Großbildkameras. Diese waren in hoher Qualität und bei
vielen Fotohändlern als Gebrauchtteile relativ preisgünstig erhältlich.
Die Bilder zeigen eine Adaption des Bis-Telar Ser. II No. 4 F:7 f=550 mm von Emil Busch A.-G. Rathenow, Baujahr um 1910. Es handelt sich hier um eine echte Tele-Konstruktion in verkürzter Bauweise. Das Objektiv ist "nur" 36,5 mm lang; es läßt sich bis Bl. 64 abblenden und ab etwa 5 m bis unendlich fokussieren.
Das Bis-Telar war eine der ersten Teleobjektiv-Konstruktionen überhaupt, nachdem Dallmeyer London mit dem Adon das erste Teleobjektiv konstruierte hatte. Wer genau hinsieht, erkennt gegenüber der Normblendenreihe noch die alte deutsche Blendenskala von 6 bis 394.
Auch J. H. Dallmeyer, London, gehört bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts zu den traditionsreichen Objektivherstellern. Anfangs für
hochwertige Großbildobjektive berühmt, wurden in London später auch Objektive für Kleinbildkameras hergestellt. Mit dem Adon stellte Dallmeyer kurz nach der Jahrhundertwende 1900 das erste "echte" Teleobjektiv vor, dessen Baulänge kürzer als die Brennweite ist. Das Adon hatte allerdings nur eine relativ geringe Lichtstärke, so dass es nicht sonderlich erfolgreich wurde.
Das nur wenige Jahre später entwickelte Busch Bis-Telar (s. oben) war erheblich lichtstärker und lief dem Adon den Rang ab. Dallmeyers Antwort blieb jedoch nicht lange aus. Das kurz darauf erschienene Dallon wurde in den Folgejahren das meistverkaufte Teleobjektiv weltweit. Das bekannteste Dallmeyer-Objektiv ist wohl das hochlichtstarke Super-Six, das für viele Anschlüsse gefertigt wurde und vor allem für Filmkameras zeitweise das Maß der Dinge war.
Dallmeyer-Objektive mit Exakta-Anschluss sind eher selten. Gern wurden Großbildobjektive aber für die Herstellung von Fernbildobjektiven (wie auch das oben gezeigte Busch Bis-Telar) genutzt.
Hier sehen Sie eine derartige Spezialanfertigung unter Verwendung einer DALLON TELEPHOTO LENS No. 3 SER VI F=14" (ca. 360 mm) mit der Lichtstärke F:5,6. Das Objektiv läßt sich bis Bl. 45 abblenden.
NOVOFLEX, Karl Müller, Memmingen
Der wohl bekannteste Hersteller von Fernobjektiven war NOVOFLEX in Memmingen, auch bekannt für seine hochwertigen Balgengeräte. Die Novoflex NOFLEXARE waren - wie die Kilare von Kilfitt - ab etwa 1957 mit einem universellen Anschluss versehen, der über Adapter mit nahezu allen Kameras des Marktes verbunden werden konnte. Für Leica und Contax wurden
Spiegelkästen angeboten, ohne die lange Brennweiten mit Sucherkameras nicht verwendbar waren. Wie Leitz hatte Novoflex ein kryptisches Bestellnamen-System; für die Exakta braucht man Adapter IXA, AUXA oder AUXBA. Das Novoflex-System finden Sie an anderer Stelle noch im Detail.
Ein Novoflex FERNOBJEKTIV 5,6/40 cm aus dem Jahr 1952. Dieses frühe
Novoflex-Objektiv hat eine bis 45 abblendbare Normalblende aber keinen
Schneckengang! Für die Entfernungseinstellung ab etwa 3,5 m ist das
Novoflex-Balgengerät notwendig. Das abgebildete Objektiv und das Balgengerät I haben Exakta-Bajonettanschluss. Das Objektiv war auch für die Leica, Praktica und Praktiflex erhältlich. Der damalige Verkaufspreis betrug 414 DM (ohne Balgen).
Wen es interessiert - die Exakta Varex hinter der langen Tüte ist mit einem Sperling Prismensucher bestückt.
Was Novoflex jedoch vor allem für Sportfotografen später zum idealen Fernobjektiv werden ließ, war sein Pistolengriff. Damit kann die Entfernung nicht nur schnell und sicher eingestellt werden, bei bewegten Objekten läßt sich zudem sehr komfortabel reagieren. Im Baukastensystem konnte ein Schnellschußobjektiv zusammengestellt werden, von 4,5/240 über 5,6/300 oder 5,6/400 bis 9/640 waren vier Brennweiten lieferbar.
Die erste Ausführung des Noflexar mit Pigriff (oberes Bild mit Exakta) kann zur Focussierung sowohl mit einem Balgengerät als auch mit einem speziellen Tubus verwendet werden. Zuletzt war eine komplette Einheit lieferbar (PIGRIFF C), wie mit der Minolta abgebildet.
Carl Zeiss Jena
Das klassische Zeiss Fernobjektiv
8/500, hier in einer Version aus dem Jahr 1962. Dieses Objektiv läßt sich
zwischen 6 m und unendlich fokussieren und bis Blende 45 abblenden. Diese
Version hat Außenbajonett-Anschluss und kann deshalb nur mit der Exakta Varex VX
ab Baujahr 1952 verwendet werden.
Dieses Objektiv ist ein typischer
Vertreter der historischen Fernrohr-Bauweise mit nur 2 Linsen.
Nichtsdestoweniger verspricht es dem geduldigen Fotografen mit stabilem Stativ
ausgezeichnete Fotoergebnisse.
Doch war von Zeiss auch ein hochwertiges
Fernobjektiv in Telebauweise erhältlich. Das Sonnar 4/300 ist der "große Bruder" der 1936 vorgestellten sogenannten "Olympia Sonnar". Dieser wuchtige 5-Linser
hat Blendenvorwahl, läßt sich bis Blende 22 abblenden und ab 3 m
einstellen.
TEWE oHG, Weiste & Co., Berlin-Schöneberg
Sehr leistungsstarke und vielseitige Fernobjektive lieferte in
den 1950/60er Jahren Kilfitt, teilweise aus München oder aus Vaduz,
Liechtenstein. Viele dieser Objektive wurden - wie das Zeiss Fernobjektiv - in
der klassischen Fernrohrbauweise mit nur 2 Linsen konstruiert. Die damit
erzielbaren Ergebnisse lassen erkennen, dass nicht die Anzahl der optischen
Elemente allein ein qualitativ hochwertiges Objektiv ausmachen.
Es gab zwei Serien -
die 2-linsigen Fern-Kilare 5,6/400 oder in der lichtstarken Ausführung "Sport"
als 4/400 und 5,6/600 sowie zwei 4-linsige 300er als Tele-Konstruktionen.
Das Tele-Kilar 5,6/300 war im Jahr 1956 mit 549 DM das "Einstiegsmodell von Kilfitt und mit Blendenvorwahl ausgetattet. Das Pan Tele-Kilar 4/300 hat zusätzlich noch einen doppelten Auszug, mit dem sich eine kürzeste Entfernung von nur 1,8 m einstellen läßt. Allerdings kostete das mit 2 kg erhebliches Gewicht und mit 993 DM auch einiges Geld (beides zudem ohne Kameraadapter).
Später wurde Kilfitt von ZOOMAR USA übernommen. Die Fernobjektive wurden unter der Marke ZOOMAR weiter vertrieben. Ich werde die Kilfitt-Produkte später in meiner Zubehör-Abteilung noch gesondert vorstellen.
Die Besonderheit der Kilfitt-Objektive war - wie Novoflex - ihre
Verwendbarkeit mit nahezu allen Kameras. Serienmäßig wurden sie mit 39mm-Gewinde geliefert und konnten per Adapter mit allen gängigen SLR-Kameras oder über einen Spiegelkasten auch mit Leica oder Contax verbunden werden.
Im oberen Foto sehen Sie das Pan Tele-Kilar 4/300 in der
Unendlich- Einstellung, im rechten Foto ist es in der "Makro"-Stellung gezeigt.
Deutlich ist die Verlängerung durch den doppelten Objektivauszug zu
erkennen. Die normale Fokussierung erfolgt mit den seitlichen Drehrädern, die
Naheinstellung durch Drehen der vorderen Objektivfassung.
Das "normale" Tele-Kilar 5,6/300 mit
angesetztem Exakta-Adapter "kizex".
Mit
der Zusatzoptik "Multi-Kilar" konnte die Brennweite stufenlos verdoppelt werden.
Dies hatte seinen Preis - das Multi-Kilar kostete 624 DM, ohne Objektiv und
Kameraanschluss!
Hugo Meyer, Görlitz / VEB Feinoptisches Werk Görlitz
Die "Standard"-Fernobjektive für die Exakta und auch andere SLR-Systeme lieferte Meyer Görlitz mit den Tele-Megoren in Brennweiten zwischen 150 bis 400 mm. Bereits 1937 waren das Tele Megor 5,5/18 cm und 5,5/25 cm lieferbar. Nach dem Krieg kamen das 4,5/300 und 5,5/400 hinzu. 1968 wurden Neukonstruktionen als
Orestegor 4/300 und Tele Orestegor 5,6/500 vorgestellt.
Alle Meyer Telemegor-Fernobjektive sind 4-Linser und "echte" Teleobjektive (Baulänge ist kürzer als die Brennweite). Wie viele andere Fernobjektive auch, sind die Telemegore mit einem festen Stativanschluss ausgerüstet. Dadurch ergibt sich eine ausgeglichenere Gewichtsverteilung als beim Stativanschluss am Kameragehäuse. Der Stativanschluss ist für Hoch- und Queraufnahmen drehbar.
Meyer-Teleobjektive wurden ab Werk mit Sonnenblende ausgeliefert. Interessant vielleicht noch die unterschiedliche Schreibweise: Objektive alter Bauart (vor 1945) mit Normalblende heißen "Tele Megor", die jüngeren Ausführungen "Telemegor". Mehr Informationen zu den Telemegor-Objektiven finden Sie in meiner Abteilung Meyer-Objektive für die Exakta.
Hier noch ein weiteres
Telestigmar 6,3/315 von Dr. Weth. Dieses Objektiv mit Festanschluß für
M42-Gewinde hat lediglich ein Linsenelement, das aus zwei verkitteten und
vergüteten Linsen besteht.
Gebaut wie ein klassisches Fernrohrobjektiv,
weist es jedoch das Telemerkmal auf "Baulänge kürzer als Brennweite". Obwohl die Vergütung bereits ein wenig angelaufen ist und die Linsen ein paar Putzkratzer
aufweisen, liefert das Objektiv rattenscharfe und kontrastreiche Fotos -
unglaublich, wenn man das Teil mit den Telemonstern von z.B. Olympus oder Nikon
gleicher Brennweite vergleicht ....
Das Objektiv ist sehr einfach aber dennoch präzise aufgebaut, ist lediglich 24 cm lang und wiegt nur 500g. Es läßt sich zwar über einen geradgeführten Schneckengang focussieren, doch eine Einstellskala fehlt völlig. Die geringste Einstellentfernung liegt bei ca. 2m!! Ein wenig verwundert die Blendenskala mit alten Leica-Werten: 6,3 / 9 / 12,5 / 18 / 25. Der Tubus hat zwar einen Stativanschluss, doch ist dieser nicht für Quer- oder Hochaufnahmen schwenkbar.
Wenn Sie mehr über den Erbauer dieser faszinierend einfachen Optik erfahren wollen: im Interntet finden Sie einen Artikel "The Magical Optic of Dr. Weth" von Peter Dechert.
ENNA Werk, Dr. Appelt KG, München
Sehr lichtstarke und dabei vergleichsweise handliche Fernobjektive
bot ENNA München mit den TELE-ENNALYTEN 4,5/400 bzw. 5,6/600 an. Dafür waren sie mit 2.200 bzw. 3.300 g sehr schwer.
Über andere ENNA-Objektive zur Exakta erfahren Sie mehr auf der ENNA-Spezialseite.
Hier sehen Sie das 4,5/400, einstellbar ab 5 m
und mit Rastblende bis Bl. 32.
Sonstige Fernobjktive aus fernöstlicher Produktion
Ab den 1970er Jahren wurden auch aus Japan, China und Korea
Fernobjektive unter diversen Hersteller- oder Vertriebsnamen zu meist günstigen
Preisen angeboten. Auch BEROFLEX hatte solche Teile im Lieferprogramm, einige
waren gar unter dem Namen "Exakta" zu kaufen. Diese Objektive haben meist T-2
Anschluss und sind deshalb mit entsprechenden Adaptern an fast allen Kameras
verwendbar. Manche sind optisch gar nicht mal schlecht, viele jedoch mit
"Lichtstärken" von 8 oder gar 11 nur bedingt brauchbar.
Hier sehen Sie ein noch weiteres Spiegeltele aus japanischer
Fertigung mit Exakta-Adaption (kein T-2).
Dieses LISTAR F:8 500 mm läßt sich bereits ab 3,5 m einstellen und verfügt über eingebaute Graufilter zur Verringerung der Lichtstärke auf 1:11 oder 1:16. Im Vergleich zu der oben vorgestellten "Russentonne" ist dieses Objektiv vergleichsweise handlich und mit ca. 1.650 g nahezu ein Leichtgewicht.
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