Stereofotografie mit der Exakta - beidäugig knipsen oder was?

Exakta VX mit StereflexStereosignet Stereo - aus dem Griechischen stammend - steht allgemein für „räumlich“. Wohl die meisten unter uns verbinden den Begriff eher mit dem räumlichen Hören, der HiFi-Stereofonie.

Doch lange bevor in den 1950ern der Effekt in der Radio- und Musikwiedergabe weite Verbreitung fand, hatten Fotografen schon vor fast 100 Jahren herausgefunden, dass der Mensch zur optischen Wahrnehmung seiner Umgebung zwei Augen benutzt. Dazu konnte es eigentlich nicht passen, dass für fotografische Abbildungen nur ein Objektiv benutzt werden sollte...

Der Stereofotografie gehörte aber nie mein besonderes Interesse. Wohl deshalb habe ich mir mit deren Vorstellung in meiner website auch viel Zeit gelassen. Mancher Fotofreund hatte mir schon Fotos seines Stereo-Equipments angeboten, damit ich meine Seite damit ergänze. Nun habe ich (in der Vorweihnachtszeit 2018) einmal meine Stereobestände ausgegraben mit denen ich das Thema hier vorstellen möchte.
Zwar will ich mit meiner website weder wissenschaftlich-technische Erkenntnissse vermitteln noch eine Anleitung für die Herstellung von Stereofotos geben, sondern in erster Linie fototechnische Gerätschaften vorstellen. Dennoch hier für den, den es interessiert und so kurz wie möglich ein wenig physikalisch-optische Theorie – die Stereoaufnahme erzeugt vom gleichen Motiv zeitgleich zwei Bilder. Die Aufnahmekamera verfügt dazu über zwei gleichartige Objektive, die etwa im Abstand unserer Augen – 6,5 cm – angeordnet sind. Bei größeren bzw. kleineren Aufnahmeabständen verwendet man auch größere resp. geringere Objektivabstände. Zur Betrachtung / Wiedergabe braucht man spezielle Geräte und/oder Brillen, mit denen die beiden Bilder als ein plastisch/räumliches Bild erscheint. Manche sprechen auch von 3D-Fotografien.
Im Internet finden Sie viele Informationsangebote, die sehr umfassend auch die früher zahlreich angebotenen Stereo-Fotogeräte vorstellen. Ich möchte mich deshalb hier auf nur einige Beipiele beschränken und danach den Blick auf das Stereoangebot der Exakta richten.

Exakta Varex VX mit einem Blendenvorwahl-Tessar 2,8/50, Zeiss-Stereovorsatz mit kleinerer Basis (für Nahaufnahmen 0,15 - 2m) und Ihagee Stereflex-Sucher. Diese Kombination stammt etwa aus dem Jahr 1956, eine Beschreibung der Stereoteile dieser Kombination finden Sie weiter unten.


Geschichte der Stereofotografie

Die Stereofotografie hat seit ihren Anfängen gegen Ende des 19. Jh. nicht nur einen besonderen Reiz auf Photoamateure ausgeübt. Auch in der wissenschaftlichen Photographie, der Astronomie oder der Roentgenstereoskopie entwickelte sie sich zu einem wichtigen Hilfsmittel und verschaffte ihren Anwendern vielfach neue Erkenntnisse. Heute gehört die klassische Stereofotografie zu einem der am besten dokumentierten Felder der Photographie. Googeln Sie mal nach Stereofoto und Sie werden überrascht sein!
Le Glyphoscope

Eine um die Jahrhundertwende 1900 weit verbreitete Stereokamera von Jules Richard, Paris. Das "Le Glyphoscope" wurde in vielen Varianten vertrieben. Alle verwendeten das Stereo-Standardformat 45x107 mm und waren mechanisch recht einfach ausgestattet. Bei einigen Kameras ist die Objektivfront abnehmbar und man kann das Gehäuse als Betrachter benutzen.


Insbesondere in der Zeit zwischen 1900 – 1930 wurden Stereokameras und dazugehörige Hilfsgeräte in großer Auswahl angeboten. Naturgemäß war die Stereofotografie anfangs eine Domäne der Plattenkameras. Später kam auch Planfilm hinzu. Darauf wurde gleich eine reproduktionsfähige Stereoaufnahme belichtet.

Da ich hier keine allgemeine Stereofoto-Abhandlung erstellen will, zeige ich beispielhaft nur einige wenige Geräte, die aus meiner Sicht prägend für das damalige Angebot waren.
StereoflektoskopAuch Voigtländer mischte im Markt der Stereokameras gut mit. Das Stereo Flektoskop, eine Spiegelreflexkamera für zwölf Platten oder für Filmpacks (Format 45x107 mm), war allerdings eine Konstruktion Reinhold Heideckes, der später mit Paul Franke die Rolleiflex kreierte. Die Kamera wurde noch vor Beginn des 1. WK angeboten und bis nach dem 2. WK in zahlreichen Variationen gebaut.

Das hier gezeigte Modell ist die erste Version aus dem Jahr 1913 mit Stereoverschluss bis 1-1/150 Sekunde und drei Voigtländer Heliar-Objektiven 1:4,5/6,2 cm. Zusätzlich zum Lichtschacht ist ein Newton-Sucher seitlich angebaut.

Heidoscop

Nach Gründung der Franke & Heidecke entstand dort als eine der ersten Kameras das Heidoscop. Die Verwandtschaft zum zuvor gezeigten Stereoflektoskop ist unverkennbar. Das Heidoscop - wie die spätere Rollei eine zweiäugige Spiegelreflex - war bereits technisch sehr gut ausgestattet: Zentralverschluss (1 bis 1/300 Sekunde), Wechselmagazin; Aufnahmeobjektive waren zwei identische Tessare 1:4,5/5,5 cm, als Sucherobjektiv wurde ein Heidoscop-Anastigmat 1:3,2 eingesetzt. Die Kamera verwendete das für Stereo-Aufnahmen verbreitete Format 45x107mm für Platten und Filmpacks und wurde von 1921 bis 1934 angeboten.


Für die speziellen Stereo-Plattenkameras gab es mit dem Format 4,5 x 10,7 cm eine Art Standart. Aber auch andere Formate, 6x13 / 7,25x12,5 / 8x14 / 9x12 / 9x14 / 9x18 u.a. wurden verwendet, auch mit Rollfilmen. Mit der Verbreitung der Rollfilme trat die Stereofotografie von der Bühne der Attraktionen ab, ohne aber völlig in der Versenkung zu verschwinden. Nach wie vor fanden die plastischen Bilder ihre Liebhaber. In der sich ab Mitte der 1920er Jahre mehr und mehr verbreitenden Kleinbildfotografie fand die Stereoaufnahme aber erst im Laufe der Zeit ihre Nische. Mit dem Leitz Stereoly etwa konnten die Leica's der 1930er Jahre zu Stereokameras mutieren.

Amerikanisches StereoskopZur Betrachtung der fertigen Bilder oder Diapositive waren spezielle Betrachtungsgeräte oder –brillen notwendig um den erwünschten plastischen Effekt zu erreichen. Neben einfachen fernglasähnlichen Geräten, etwa Busch-Stereo-Dioskope, hat es die abenteuerlichsten Betrachtungsapparaturen, auch für Serienbilder und als Wechsler für Glasdias gegeben. Attraktive Vitrinenstücke sind die sog. „Amerikanischen Stereoskope“ (Foto).

Das im linken Bild gezeigte "The PERFECSCOPE" stammt von H.C. White Co (USA Patent 15.10.1895). Diese "Amerikanisches Stereoscop" genannten Betrachtungsgeräte waren um 1900 sehr verbreitet. Sie ermöglichten die Betrachtung der damals beliebten und heute sehr gesuchten Stereo-Papierbilder.
Ernemann Stereobetrachter
Rechts ein Stereobetrachter aus Holz von Ernemann für Papierbilder (mit geöffnetem Deckel) oder Platten.


Zeiss UniversalstereoskopEin äußerst präzise zu handhabendes Betrachtungsgerät für alle Arten von Stereofotos stellte Zeiss auf der Leipziger Herbstmesse 1953 vor.
Das Zeiss Universal-Stereoskop ermöglicht die Betrachtung von Aufsichts- und Durchsichtsbildern aller Formate bis 9 x 18 cm. Eine Millimeterskala, veränderlicher Okularabstand und Fokussiereinrichtung lassen auch technisch-wissenschaftliche Auswertungen von Raumbildaufnahmen zu (Prospektabbildung).

Die Betrachtungslupen des Zeiss-Stereoskop haben Brennweiten von je 100 mm. Mit Vorsatzlinsen oder anderen Linsenkombinationen können die Okulare für andere Aufnahmebildweiten angepasst werden. Der Lupenträger kann abgenommen und einzeln zur Betrachtung von Stereoaufnahmen, etwa in Büchern, benutzt werden.

Das Zeiss-Stereoskop war eine Neuauflage von bereits in den Jahren 1905 bis 1915 vorgestellten gleichartigen Präzisionsgeräten (Verant u.a.) in einer überarbeiteten Konstruktion.

Rolleiflex StereoschieberZur Herstellung eines Stereo-Fotos (auf Dia oder Negativ) mit einer normalen, einäugigen Kamera gab es prinzipiell zwei Wege. Entweder wurden unter Verwendung eines seitlichen Versatzes der Kamera (um ca. 6,5 cm, die Normalbasis unseres Augenabstandes) zwei Aufnahmen hergestellt. Dies geht schon ganz ohne Hilfsmittel oder auch mit einem Stereoschieber, z.B. von Novoflex, Pentacon oder Rollei, natürlich nur bei „statischen“ Motiven. Beide Halbbilder müssen bei den Aufnahmen einen exakt gleichen Bildinhalt haben. Es dürfen also keine Personen oder Gegenstände auf nur einer der beiden Aufnahmen vorhanden sein; auch Helligkeit, Kontrast und Schärfe müssen identisch sein! Von diesen beiden Fotos (Halbbilder) werden dann zwei Papierabzüge angefertigt, die nach passgerechter Montage(!) mit einem entsprechenden Betrachter zu einem Raumbild verschmelzen.
Rechts ein Stereoschieber aus dem Rolleiflexprogramm. Dieser Stereosschieber der Rolleiflex ist ein sehr präzise zu handhabendes Gerät mit angebauter Wasserwaage und Feststellschraube.

Einen höheren Komfort, allerdings auch mit einigem technischen Aufwand verbunden, erreicht man mit zwei nebeneinander montierten gleichartigen Kameras, deren Verschlüsse synchronisiert sind. Auf einem Stativ montiert, eignet sich eine solche Kombination hervorragend für Fernaufnahmen, bei denen die erweiterte Basis zwischen den beiden Aufnahmeobjektiven keine Rolle spielt. Für die Stereobetrachtung von auf diese Weise hergestellten Dias ist hingegen ein geeigneter Diaprojektor erforderlich, der die gleichzeitige Projektion von zwei Dias ermöglicht. Davon gab es nur wenige, etwa den Pintsch Bamag Duplex-Projector. In den 1960er Jahren lieferte Rollei für den Rolleivision Twin MSC 330P eine Zusatzeinrichtung für die Stereoprojektion.

Edixa Stereo
Die in den 1950er Jahren angebotene Stereo Edixa von Wirgin Wiesbaden fand vor allem in den USA viele Freunde. Sie verwendet normalen Kleinbildfilm und erzeugt damit 25 Halbbilder im Format 24x22mm. Das Objektivpaar ist Steinheil Cassar 3,5/35mm.
Im fotografischen Umfeld behauptete die Stereofotografie auch nach dem 2. Weltkrieg weiter ihren Nischenplatz, in den 50er Jahren etwa mit der Iloca Stereo oder der Edixa Stereo. Weltweite Verbreitung fand der Viewmaster, ein Stereo- bzw. 3D-betrachter, für den zigtausende Bilderserien käuflich zu erwerben waren. Der Zahnarzt Dr. Werner Pietsch schuf 1953 mit dem Buch „Die Praxis der Stereo-Nahaufnahmen“ eine Arbeitsgrundlage für die Stereographie mit der Exakta.

Belplasca-Stereofoto Der VEB Belca, Dresden, lieferte mit der "Belplasca" ein komplettes Stereosystem, mit dem sich auf Kleinbildfilm etwa 20 Stereo-Bildpaare im angenehmeren Querformat herstellen ließen.
Belplasca-Stereofotografie (aus dem Buch von Dr. Werner Pietsch "Die Praxis der Stereo-Nahaufnahmen")


Stereozubehör für die Exakta

Ihagee Stereo Ultrix

Nach der nun doch schon recht umfangreich geratenen Einführung geht es jetzt aber zurück zum eigentlichen Thema, zur Exakta-Stereofotografie. Das ist schon in der oben beschriebenen Weise zu erreichen. Um jedoch mit einer Spiegelreflexkamera wie der Exakta mit nur einer Aufnahme zwei Stereo-Halbbilder zeitgleich zu erzeugen, ist hingegen ein geeigneter Vorsatz vor dem Objektiv erforderlich. Dessen beide Halbbilder verschmelzen bei der Wiedergabe bzw. in einem Betrachter zu einem Raumbild mit plastischem Bildeindruck. Solche Objektivvorsätze wurden in den 1950er Jahren erstmals angeboten.

Zu Zeiten der Kine Exakta, also vor dem 2. Weltkrieg und kurz danach, bot die Ihagee kein spezielles Zubehör für Stereoaufnahmen mit ihren Exakta-Kameras an. Allerdings hatte man mit der Ultrix-Stereo, der Zweiverschluss-Stereo und dem Stereo-Automat bis 1939 eigene Stereo-Platten- oder Rollfilmkameras im Angebot.

Außerdem sind zwei Hilfsmittel zur Bearbeitung von Stereofotos, ein "Stereogucker" und ein Stereo-Umkehr-Kopierrahmen, in den Ihagee-Katalogen der 1930er Jahre zu finden.

Die Ihagee Stereo Ultrix war seit etwa Mitte der 1920er Jahre mit verschiedener Objektivbestückung lieferbar und verwendete Rollfilm 7 1/4x12 1/2 cm.


Für die Exakta taucht erstmals im Jahr 1952 mit dem Ihagee-Vielzweckgerät ein Anwendungshinweis für Stereoaufnahmen auf. Mit diesem neuen Zubehör, das im folgenden Jahrzehnt wesentlich zur Universalität der Exakta im technisch-wissenschaftlichen Bereich beitragen sollte, bot die Ihagee 1952 eine "Stereokombi" für 209,50 DM an.

Ihagee VielzweckgerätIhagee Stereokombi Unter Verwendung der Teile 1, 2 und 4 aus dem Ihagee-Vielzweckgerät werden zwei normale Kleinbildfotos nacheinander angefertigt. Dazu wählt man entweder den stereoüblichen Versatz von 6,5 cm. Für Nahaufnahmen lässt sich der Objektivabstand durch einfaches Verschieben des Kamerahalters (Schwenkwinkel) auf der mit Zahlen markierten Schiene bis auf 5 cm verringern.
Außerdem kann mit größerem seitlichen Verschieben der Kamera (mit dem Schwenkwinkel oder dem Zahntrieb der Führungsschiene) über 6,5 cm eine Steigerung des stereoskopischen Effektes durch sogenannte "Großbasisaufnahmen" erreicht werden.
Auf diese Weise lassen sich stereografische Einzelbilder im Querformat anfertigen. Andererseits können - im Gegensatz zu den späteren Prismenvorsätzen - die Teilbilder aber auch mit der Kamera in Hochformatstellung angefertigt werden (Prospektabbildung rechts).
Ihagee Stereofotografie-Kombination aus dem Ihagee-Vielzweckgerät.


Zeiss StereovorsatzEtwa zur gleichen Zeit entwickelte Zeiss in Jena einen Stereo-Prismenvorsatz zum Einschrauben in das Objektiv-Filtergewinde. Damit konnten nun mit einer normalen, einäugigen Kleinbildspiegelreflexkamera plastische Bilder produziert werden. Dieses Vorsatzteil, das es in ähnlicher Form auch von Leitz für die Leica oder Kodak für die Retina gab, ermöglichte mit einer Aufnahme die Anfertigung von zwei Stereofotos gleichzeitig.

Stereoaufnahme Das 24x36mm-Negativ wird dabei von einem Prismensystem in zwei Hochformataufnahmen zerteilt. Dabei werden vom linken Prisma das rechte Bild ins Objektiv reflektiert und vom rechten Prisma das linke. Durch diese Überkreuz-Aufnahme ist bei der späteren Bearbeitung kein Austausch der beiden Bilder nötig. Im Lichtschacht- oder Prismensucher der Exakta sind die beiden Motive auf dem Mattscheibenbild als zwei rechtwinklige Teilbilder zu sehen. Die Belichtungszeit muss um das 1 1/2fache verlängert werden. Da die beiden Teilbilder nebeneinander stehen müssen, ist natürlich bei der Aufnahme die Kamera im Querformat zu verwenden. Dabei gibt es dann stets Aufnahmen im Hochformat!
Das rechte Bild zeigt die spätere Ausführung des Zeiss Stereovorsatzes Basis 65mm, links ein damit erzeugtes Stereobild (Prospektfoto).


Zeiss StereovorsatzDer Zeiss Stereovorsatz ist mit unterschiedlichen rückwärtigen Gewindeanschlüssen zu finden. Adapterringe ermöglichten zudem den Anschluss an andere Filtergewinde. So war auch ein Anschlussring für die Exa-Objektive mit 35,5 mm Durchmesser (Meritar, Tessar, Trioplan) lieferbar. Die Vorsätze konnten sowohl nach der Zeiss-Bestellliste, als auch über die Ihagee-Preislisten (Bestell-Nr. 314) bestellt werden.
Die erste Version hatte einen Objektivanschluss für 40,5 mm-Filtergewinde, die spätere Ausführung für 49 mm. Diese konnten direkt vor ein Normalobjektiv mit 40,5 mm-Filteranschluss (rechts im Foto) bzw. mit 49 mm-Filteranschluss (links im Foto) geschraubt werden.

Diese Stereovorsätze erzeugen auf einem normalen 24x36 mm-Kleinbildnegativ zwei Teilbilder im Format 15x22mm, getrennt durch einen 4mm breiten Mittelstreifen. Sie waren für 50mm-Normalobjektive konzipiert, können jedoch nicht mit dem Springblendentessar benutzt werden (hier führt der große Abstand zwischen Stereovorsatz und Frontlinse zu Vignettierungen). In der Literatur ist aber auch die Anwendung mit anderen Objektiven, etwa dem Biotar 1,5/75, und Zwischenringen beschrieben.

Der Stereovorsatz Basis 65 mm ist für Stereoaufnahmen im Bereich von unendlich bis etwa 2m geeignet. Kürzere Aufnahmeabstände ergeben kein korrektes Stereobild mehr. Für Nahaufnahmen lieferte Zeiss einen Stereovorsatz Basis 12mm (s. unten).

Bei der Aufnahme ist eine peinlich genaue waagerechte Ausrichtung der Kamera notwendig, nachdem zuvor der Stereovorsatz mit seiner Längsseite exakt an der Kameraunterseite ausgerichtet wurde. Hierzu lässt sich der Vorsatz mittels eines rückseitigen Konterringes drehen und arretieren. Bei der Aufnahme muss die Trennlinie zwischen den Bildern senkrecht stehen.

Stereovorsatz 12mmStereovorsatz 12mmFür Nahaufnahmen (2 m bis 0,5 m) war kurze Zeit darauf ein weiterer Vorsatz mit 12 mm Basis (Ihagee-Best.-Nr. 313) lieferbar, der sich mittels Reduzierringen ebenfalls an verschiedene Objektivdurchmesser anpassen lässt.
Vorsatzlinsen
Drei Vorsatzlinsen (VLf=500 mm, VLf=333 mm, VLf=200 mm) waren als Zubehör für noch kürzere Aufnahmeabstände bis 0,15 m lieferbar.

Der 12mm-Stereovorsatz hat frontseitig das verbreitete Filtergewinde M 40,5x0,75. Mit diesem Gewinde werden auch die zuvor beschriebenen Vorsatzlinsen geliefert. Sie haben eine schmalere Fassung (bei Zeiss mit dem Zusatz "W" = Weitwinkel) bezeichnet. Mit einem für diesen Anschluss (40,5) passenden Objektivumkehrring und einem speziellen Zwischenring (Nr. 329) sind mit einem weiteren Aufnahmeobjektiv sogar Stereo-Makroaufnahmen bis 1:1 möglich. Das zweite Aufnahmeobjektiv wird hierzu in Retrostellung mit dem kleinen Stereovorsatz verbunden.

Eine Exakta-Stereokombination mit diesem 12mm-Vorsatz sehen Sie im ersten Foto dieser Seite. Der Nahvorsatz - eine etwas jüngere Ausführung als zuvor abgebildet - ist dabei auf ein Blendenvorwahl-Tessar 2,8/50 montiert. Bei der Kamera handelt es sich um die letzte Version der Exakta Varex VX aus dem Jahr 1956. Der Stereflex-Sucher stammt gleichfalls aus dieser Bauzeit.

Stereobild im Sucher

Die beschriebenen Zeiss Stereo-Objektivvorsätze sind auch mit jeder anderen Kamera bei entsprechendem Objektivdurchmesser verwendbar. Im Sucher einer Spiegelreflexkamera zeigt sich dann ein hochformatiges Doppelbild (links).

Stereobild im normalen Sucher (Lichtschacht oder Prisma) der Exakta.
Bei der Anfertigung von Stereoaufnahmen müssen die beiden Stereo-Halbbilder naturgemäß immer nebeneinander stehen. Deshalb kann die Kamera nur im Querformat verwendet werden und muss exakt waagerecht ausgerichtet sein. Die Stereoaufnahmen sind dann stets im Hochformat.

Für die Anfertigung von solchen Stereoaufnahmen reichen die zuvor beschriebenen Objektivvorsätze ohne weiteres Zubehör aus. Das Motiv kann im Lichtschacht- oder Prismensucher der Spiegelreflexkamera beurteilt werden. Auch die Bildschärfe entsprechend der richtig gewählten Entfernungseinstellung lässt sich nach dem Sucherbild einstellen, jedoch sollte dabei keine Messlupe mit Schnittbild verwendet werden. Ideal ist eine Mattlupe mit vollflächigem Fadenkreuz ohne Klarfleck (Ihagee-Nr. 302.09).

Varex mit Stereosucher

Damit der „Stereo-Effekt“ bei der Fotografie mit Exakta oder Exa schon bei der Aufnahme beurteilt werden kann, bot die Ihagee seit 1952 einen speziellen Stereo-Suchereinsatz an, der anstelle der üblichen Sucher der Exakta oder Exa eingesetzt wird. Die anfangs vorgestellte Ausführung zeigt das Foto rechts. In dieser Form gelangte der Sucher jedoch nicht in den Handel, sondern blieb ein Musterstück.

Das Foto rechts zeigt eine Exakta Varex aus dem Jahr 1950 mit einem Vorwahl-Tessar 2,8/50 und der ersten Version des Zeiss Stereo-Vorsatzes Basis 65. Diese konnte hier ohne Adapterring direkt am Objektiv montiert werden. Als Sucher ist das Musterexemplar des ersten Ihagee-Stereosuchers montiert, der jedoch in dieser Ausführung nie käuflich zu erwerben war.


StereflexAb 1954 war dann der Stereosucher "STEREFLEX" in seiner endgültigen Form mit zwei fest montierten Gummi-Augenmuscheln lieferbar (Bestell-Nr. 306). Mit beiden Augen sieht man damit das Mattscheibenbild plastisch und erkennt etwaige "Verschmelzungsprobleme", etwa durch Verkanten der Kamera, sofort. Die entsprechende Korrektur kann damit noch rechtzeitig vor dem Auslösen sehr viel besser erfolgen, als mit einem der Standardsucher. Sogar Momentaufnahmen aus der Hand sind mit einiger Übung erfolgreich.

Die zuerst angebotenen Stereflex-Sucher unterschieden sich von späteren Ausführungen lediglich durch eine etwas andere Lackierung. Anfangs war diese noch samtmatt. Spätere Stereflexe findet man bis zuletzt mit dem von anderen Ihagee-Zubehörteilen der Zeit bekannten Kräusellack. Optisch und mechanisch blieb aber alles unverändert.

Da die Sucher keine Fabriknummer tragen, ist eine zeitliche Zuordnung nicht möglich. Auch gibt es keine Angaben über die produzierten bzw. ausgelieferten Stückzahlen.
Stereflex Diavorsatz

Als Zubehör wurde ein kleiner Diahalter mitgeliefert, mit dem der Sucher auch als einfacher Stereobetrachter für die auf Diafilm angefertigten Raumbildfotos dienen kann. Der Stereflex-Einsatz ist recht selten zu finden, wenn überhaupt meist ohne den Diahalter-Vorsatz.
Das Foto zeigt den bis 1964 praktisch unverändert angebotenen Stereosucher Stereflex mit dem hier abgenommenen Dia-Betrachtungsrahmen. Wie im Foto zu sehen, sollte in den Stereflex eine normale Mattlupe - evtl. mit Fadenkreuz - eingesetzt werden. Zwar passen auch alle anderen Exakta-Einstelllupen, jedoch wird etwa durch den Schnittbildeinsatz der Zeiss-Meßlupe das Stereobild "zerschnitten".


Hinweis – für die Praktina gibt es einen ähnlichen Suchereinsatz, der mit der Exakta natürlich nicht kompatibel ist. Auch Zeiss West lieferte für sein Kameraprogramm vergleichbares Stereozubehör (Sterotar). Ähnliche Zubehörteile finden sich auch in anderen Kameraprogrammen, wie schon erwähnt bei Kodak oder auch von japanischen Anbietern (Pentax u.a.).

Varex IIb mit Stereoausrüstung
Die Prospektabbildung aus dem Ihagee-Katalog 1964 zeigt eine Exakta Varex IIb mit kompletter Stereoausstattung. In den nachfolgenden Jahren wurde der Stereflex-Sucher nicht mehr angeboten, war aber noch einige Zeit auf Bestellung lieferbar.


Der Katalog 1964 enthielt auch eine Stereo-Bestellübersicht, die ich hier wiedergebe (in Klammern die entsprechende Zeiss-Bestellnummer):
314 (56 50 00 E) Großer Stereovorsatz (65 mm Basis), Anschraubgewinde M49x0,75
313 (56 50 03 B) Kleiner Stereovorsatz (12 mm Basis), Anschraubgewinde M49x0,75 und M35,5x0,5
313/1 (54 71 04 A) Vorsatzlinse VLf = 500 mm (0,50...0,30m), M40,5 W
313/2 (54 71 08 A) Vorsatzlinse VLf = 333 mm (0,30...0,20m), M40,5 W
313/3 (54 71 18 A) Vorsatzlinse VLf = 200 mm (0,20...0,15m), M40,5 W
314/3 Reduzierring M49x0,75 für Objektive mit Filtergewinde M40,5x0,75
314/2 (55 40 51-41) Reduzierring M49x0,75 für Objektive mit Filtergewinde M35,5x0,5
329 (55 40 51-31) Zwischenring für die Verwendung eines zweiten Objektivs am kleinen Stereovorsatz (1:1)
306 Stereoeinsatz "Stereflex", komplett mit Steckrahmen für gefasste Stereodias


Für die erste Ausführung des 65mm-Stereovorsatzes (1952) mit dem Anschraubgewinde M40,5x0,75 waren Adapterringe für den Anschluss an Objektive M35,5x0,5 und M49x0,75 verfügbar.

Zeiss StereobetrachterFür die Betrachtung der Stereodias eignet sich, wie beschrieben, schon der Ihagee Stereflex-Suchereinsatz. Eine Reihe anderer Hersteller lieferten in den 1950er Jahren auch spezielle Betrachtungsgeräte, wie z.B. diesen Stereo-Betrachter von Carl Zeiss Jena.

In der einfachsten Version hält man das Gerät gegen eine Lichtquelle. Der Diarahmenhalter (5x5 Diarahmen) nimmt auch unzerschnittene Kleinbildfilme auf. Als Zubehör war ein ansteckbarer Lampenhalter für Netzspannung 220 Volt verfügbar.

Belplascus

Am attraktivsten wirken Stereofotos natürlich bei der Projektion. Auch hierfür waren spezielle Geräte mit Prismen- und Polarisationsvorsatz lieferbar. Als Leinwand musste eine Silberwand vorhanden sein, damit die Aufnahmen entsprechend zur Geltung kommen.
Zeiss lieferte zwei Projektorausführungen, der normale 375W-Kleinbildprojektor, ergänzt um einen Polarisations-Prismenvorsatz (Diaplast) oder einen speziellen 750W-Stereoprojektor - ein Monstrum, bestehend aus zwei Projektionseinheiten mit jeweils 375 W. Auch aus dem Belca-Werk gab es einen Stereoprojektor zur Belplasca (Belplascus, s. Bild).
Stereobrille
Damit die Bilder bei der Projektion auch plastisch gesehen werden konnten, brauchte es neben der Silberleinwand zudem eine Polarisationsbrille. Ansonsten sah man nur unscharfe Doppelbilder...



Posted 2018/12/07; last updated 2021/01/13 Copyright © by Horst Neuhaus