
Auf meiner Seite Exakta's Erben finden Sie die Geschichte der Nachfahren der Exakta und deren Aufteilung in drei nicht miteinander verwandte Zweige. In dieser Rubrik erfahren Sie nun Alles über die Exakta-Nachgeburt aus Dresden, die RTL 1000. Nach dem verlorenen Rechtsstreit um die Exakta-/Ihagee-Namens- und Patentrechte mussten sich die Dresdner ein neues Warenzeichen für die Produkte aus dem alten Ihagee-Betrieb in der Schandauer Straße einfallen lassen, weil die klassischen Namen nur noch im Machtbereich der Sowjetunion verwendet werden durften. Das gelang recht gut und wurde in der Folge für die letzten Exakta-Erzeugnisse benutzt.
Nach dem zu erwartenden Aus für die klassischen Exakta-Kameras aus Dresden und der Übertragung des Ihagee-Geschäftsbetriebs bot der VEB Pentacon zur Leipziger Herbstmesse 1969 - also noch zu Lebzeiten der klassischen Exakta - eine Variante der neuentwickelten Praktica LLC auch als Exakta RTL1000 an. Dabei durfte der Namenszusatz "EXAKTA" nur innerhalb des damaligen sowjetischen Machtbereichs verwendet werden. Exporte in das westliche Ausland hießen schlichtweg "RTL 1000". Doch hatte diese Konstruktion mit der alten Exakta nicht mehr viel gemein. Es wurde lediglich der M42-Anschluss des Schwestermodells gegen ein Exakta-Bajonett ausgewechselt. Immerhin erhielt das Bajonett damit eine Innenblendenauslösung, für die sogar noch eine kleine Objektivpalette neu entwickelt wurde.
Der für Exakta-Fotografen vielleicht bedeutsamste Anreiz, von der alten Exakta auf die neuentwickelte RTL1000 umzusteigen, war deren gehäuseinterne Blendensteuerung. Wie bei den M42-Modellen wird mittels eines beim Auslösen bewegten Hebelwerks ein Stift im Objektiv betätigt, der die Objektivblende auf einen vorgewählten Wert schließt und nach der Auslösung wieder öffnet. Hierzu mussten jedoch neue Objektive mit dieser Mechanik konstruiert werden. Diese waren neben den drei Meyer-Konstruktionen Orestegon 2,8/28, Oreston 1,8/50 und Orestor 2,8/100 das Pancolar 1,8/50 von Carl Zeiss Jena. Alle Objektive werden mit den Kamerafotos weiter unten gezeigt. Die Meyer-Objektive sind auch mit einer "Pentacon"-Gravur ohne Namen und "Meyer-Optik Görlitz" zu finden.
Auf Nachfrage - diese Objektive können auch mit der klassischen Exakta oder Exa benutzt werden. Allerdings gibt es dann nur Rastblendenfunktion. Beim Einsetzen muss man sehr vorsichtig vorgehen, um den aus der Objektivfassung herausragenden Blendenstößel nicht zu beschädigen.
 
Das Foto rechts zeigt die neugestaltete Bajonettfassung für die RTL-Innenauslösung am Beispiel des Pancolar 1,8/50.
In der Urfassung dieser Seite hatte ich zur Verschlusskonstruktion der RTL1000 geschrieben, dass bei dieser Neukonstruktion erstmals ein Metall-Lamellenschlitzverschluss des japanischen Herstellers Copal anstelle des bislang üblichen Tuchschlitzverschlusses der Exakta verwendet worden ist. Diese Information entsprach meiner Kenntnis, die ich aus Gesprächen mit ehemaligen Pentacon-Mitarbeitern Anfang der 1990er Jahre in Dresden erhielt. Weil sie aus glaubwürdiger Quelle stammte, habe ich das nicht weiter hinterfragt. Mein Interesse an der Praktica - die RTL1000 ist ja eine umgelabelte VLC - war damals auch eher gering.
Nun hat mir ein Sammlerkollege geschrieben, dass er bei seinen Recherchen zum Ursprung des Metall-Lamellen-Schlitzverschluss zu anderen Erkenntnissen gekommen ist. Zwar gab es die von mir beschriebene Kooperation zwischen Pentacon und Seiko (Copal), jedoch war der für die Praktica verwendete Verschluss eine Dresdner Eigenkonstruktion. In meiner Praktica-Seite können Sie bei Interesse mehr zu diesem Thema erfahren. 
Das linke Foto zeigt den Innenraum mit dem jetzt vertikal ablaufenden Metall-Lamellen-Schlitzverschluss und die Filmeinlegeautomatik. 
Zusätzlich zum Auslöseknopf der Praktica spendierte man der RTL1000 noch einen Linksauslöser für die Exakta-Automatikobjektive mit Auslöserarm. Dazu ist jedoch ein Zwischenstück erforderlich (fehlt oft).
Auch  Wechselsucher wurden angeboten, jedoch in Form einer Neukonstruktion. Damit sind die Suchereinsätze nicht kompatibel.
Für die RTL wurden auch neue Suchereinsätze konstriert. Im Bild rechts der Lupensucher (ohne Einstell-Lupe). Die beiden TTL-Sucherversionen (Fotos unten) unterscheiden sich lediglich durch die unterschiedliche Ein-/Aus-Anzeige. Das linke Foto zeigt die 1. Version, das rechte Foto die 2. Version.


Die RTL1000 wurde kein großer Erfolg und nach 3 Produktionsjahren eingestellt. Eine Exakta-Nachfolgeversion gab es nicht mehr. Die Konstruktion wurde mit wenigen Änderungen als Praktica VLC in drei Baureihen noch bis 1981 weitergebaut.
In ihrem Katalog aus dem Jahr 1986 führt die zu dieser Zeit noch existierende Exakta-Niederlassung in New York neben der VX500 und einigen Japan-Exakta's auch noch die RTL sowie eine stattliche Zahl an Objektiven mit klassischem Exakta-Bajonett. Die in den 1970/80er Jahren noch unter dem Namen  EXAKTA vertriebenen japanischen Spiegelreflexkameras finden Sie in einer eigenen Rubrik.
Hier stelle ich ausschließlich die allerletzte Exakta-Variante aus Dresdner Fertigung vor, die es trotz ihres nur kurzen Lebens auf einige für Sammler interessante Varianten gebracht hat. Richard Hummel unterscheidet in seinem Buch "Spiegelreflexkameras aus Dresden" drei Versionen, die sich im Typenschild und RTL1000-Gravur unterscheiden. Daneben sind noch Unterschiede in der Herkunftskennzeichnung oder beim Q1-Qualitätsprädikat der DDR zu finden. Technisch hat sich in der kurzen Bauzeit nichts verändert.
Wer sich bei der Sortierung eines etwas umfangreicheren RTL1000-Bestandes an Richard Hummel's Modellklassifizierung hält, bemerkt rasch einige Ungereimtheiten. Lässt sich die Version 1 mit dem Typenschild "EXAKTA" und der RTL1000-Zusatzgravur anhand der niedrigen Fabriknummern noch dem Produktionsjahr 1969/70 zuordnen, wird es danach unübersichtlich. Orientiert sich der Sammler bei unterschiedlichen Modellen üblicherweise an geänderten technischen Merkmalen, findet er bei der EXAKTA RTL1000 eigentlich keine Modellunterschiede sondern lediglich Bezeichnungsvarianten. Bei dieser Kamera sind diese vor allem durch die damaligen Rechtsprobleme um die Verwendung des Namens "Exakta" begründet. An anderen Stellen meiner Seite habe ich ausgeführt, dass der Name "Exakta" seit etwa 1970 in westlichen Ländern nur von der Ihagee WEST verwendet werden durfte, auch die Herkunftsbezeichnungen Ihagee oder "G.D.R." waren hier unzulässig. Im Machtbereich der damaligen Sowjetunion wurde der Name "Exakta" jedoch weiterhin verwendet.
Dies erklärt die unterschiedlichen Typenschilder bei den heute auftauchenden gleichartig ausgestatteten Kameras. Ungeachtet dessen sind solche Unterschiede natürlich gerade wegen der damaligen politischen Verhältnisse durchaus sammelwürdig. Es lässt sich eben nur keine klare "Typenübersicht" nach laufenden Fabriknummern schaffen, wie man es bei vielen anderen technischen Geräten gewohnt ist. Dies betrifft alle Exporterzeugnisse der früheren DDR. Man kann also heute z.B. ein Jena T und Carl Zeiss Tessar mit direkt benachbarten Fabriknummern finden, technisch sind beide gleich. Lediglich aufgrund unterschiedlichen Vertriebs in Ost oder West tragen sie verschiedene Typenbezeichnungen. Gleiches gilt auch für diese EXAKTA / RTL1000. Bei manchen Jenaer Objektiven aus den 1950/60er Jahren finden sich sogar zwei übereinandergeschraubte Ringe mit unterschiedlicher Herkunftsangabe und verschiedener Nummerngravur!
Es gibt dennoch wenig Sinn, eine einmal getroffene Einordnung (wie die von Richard Hummel) nach Belieben oder Bedarf zu verändern, wie es gerade manche Exakta-Sammler in ihren Veröffentlichungen gern tun. Ich bemühe mich also die bislang bekannten Typeneinordnungen beizubehalten, selbst wenn dies hin und wieder vielleicht nicht ganz logisch scheint (z.B. scheint die letzte EXAKTA meiner folgenden Aufstellung zunächst eine Version 1 zu sein). In erster Linie orientiere ich dabei am zeitlichen Entstehen des jeweiligen Gerätes, also an der Produktionsnummer. Alle RTL1000-Kameras wurden im Pentacon-Werk im Rahmen der Produktion der Praktica L-Baureihe und nicht mehr in den Ihagee-Werkstätten montiert. Richard Hummel gibt für die von ihm aufgeführten drei Versionen eine Gesamtstückzahl von 86 050 an, doch werden darin wohl auch einige der Praktica-Schwestermodelle enthalten sein.

Produktionszeit Oktober 1969 - August 1970
Die Kamerafunktionen sind voll mechanisch und benötigen keine Batterie; die Stromversorgung für den CdS-Belichtungsmesser im TTL-Sucher (PX 625) wird im TTL-Suchereinsatz untergebracht. Der TTL-Sucher ist mit dem Verschlussknopf gekuppelt (ähnlich wie bei der Leica M). Für die Blenden-/Verschlusskombination bei Verwendung der alten Exakta-Objektive mit Auslösearm ist ein Zwischenstück erforderlich, das in den linken Auslöseknopf eingeschraubt wird. Es ist auf einigen Kamerafotos weiter unten gut zu sehen. Die Blende der zu dieser Kamera neu entwickelten Automatikobjektive mit Innenauslösung arbeitet ohne diese Auslöserverlängerung.

Metalllamellenschlitzverschluss 8-1/1000s, B, Blitzsynchr. X 1/125 bzw. M 1/30 (li Deckkappe seitl.), Selbstauslöser und Langzeiteneinstellknopf frontseitig
Die später gebauten Kameras der 1. Version haben jetzt eine zweifarbige Skala für die DIN (silber) und ASA (orange)- Filmempfindlichkeitswerte auf dem linken Film-Merkring.
Produktionszeit Oktober 1969 - August 1970
In der Fabriknummernreihe dieser ersten RTL1000-Serie sind auch einige Gehäuse mit einem M42-Objektivanschluss zu finden. Ob diese werkseitig oder nachträglich damit bestückt wurden, ist nicht zu ermitteln. Die mit 4 Schrauben montierte M42-Objektivaufnahme unterscheidet sich allerdings deutlich von den Ausführungen der Praktica-Schwestermodelle. 
Kamera mit der Fabr.-Nr. 255 361, hier mit einem TTL-Prismensucher in der Ausführung 2. Objektiv ist das eigens zur RTL entwickelte 6-linsige Spitzenobjektiv Pancolar 1,8/50 von Carl Zeiss Jena mit Blendeninnenauslösung. Die technische Ausstattung entspricht im Übrigen der zuvor beschriebenen Version 1. 
Die gleiche Kamera hier mit einer Makroausrüstung bestehend aus dem Lupensuchereinsatz sowie einem 2teiligen Spezial-Zwischenringsatz. Der Zwischenringsatz verbindet die kameraseitige Innenauslösung mit dem Auslöserstift des auch hier montierten Pancolar 1,8/50.
Die im Foto gezeigte Kamera mit der Fabr.-Nr. 258 783 ist mit einem Prismensuchereinsatz bestückt. Objektivbestückung ist das speziell zur RTL entwickelte Weitwinkelobjektiv Meyer Orestegon 2,8/29 mit Blendeninnenauslösung. Die technische Ausstattung entspricht im Übrigen unverändert der zuvor beschriebenen Version 1.  
Die im Foto gezeigte Kamera mit der Fabr.-Nr. 235 497 ist mit einem Prismensuchereinsatz bestückt. Objektiv ist hier das klassische Superweitwinkelobjektiv Flektogon 4/25 von Carl Zeiss Jena mit Außenauslösung. Die technische Ausstattung entspricht weiterhin der zuvor beschriebenen Version 1.
Die im Foto gezeigte Kamera mit der Fabr.-Nr. 217 001 ist mit einem Prismensuchereinsatz bestückt. Objektiv ist hier ist das eigens zur RTL entwickelte 6-linsige Spitzenobjektiv Pancolar 1,8/50 von Carl Zeiss Jena mit Blendeninnenauslösung. In dieser Exportversion trägt es die Herkunftsbezeichnung "aus JENA".
Nach der Klassifizierung von Richard Hummel wäre die im Foto gezeigte Kamera mit dem "EXAKTA" Typenschild ohne weitere Kennzeichnung als RTL1000 eine Version 1. Mit der Fabr.-Nr. 282 888 ist sie jedoch eine der Allerletzten dieses Modells und wohl im Januar 1973 entstanden. Die Bodenplatte trägt rückseitig das DDR-Qualitätsprädikat "Q1" mit der Herkunftsangabe "MADE IN G.D.R." und weist die Kamera damit als für für den DDR-internen oder Ostmarkt bestimmtes Gerät aus.Diese Kamera belegt demnach recht eindeutig, dass Richard Hummels Einteilung der RTL1000-Versionen ausschließlich an den Frontschildern nicht der Realität entspricht. Offenbar erfolgten die Benennung und zeitweilige Gravur eher zufällig bzw. entsprechend dem vorgesehenen Auslieferungsgebiet (West oder Ost). Da es jedoch wenig Sinn macht, dass jeder Sammler mit umfangreicheren Beständen seine eigene Klassifizierung schafft (ist bei der Exakta ziemlich ausgeprägt), will ich ungeachtet der Unstimmigkeiten bei Richard Hummel's Einordnung bleiben. Immerhin lassen die jeweilige Fabriknummer in Verbindung mit Typenschild und Gravur eine Zuordnung zu den drei Versionen zu.

Die im Foto gezeigte Kamera (Fabr.-Nr. 010055) ist mechanisch weitgehend mit dem Urmodell RTL identisch. Wesentlicher Unterschied ist der bei der Praktica in das Gehäuse und nicht in den Wechselsucher eingebaute Belichtungsmesser. Objektiv ist hier das 6-linsige Spitzenobjektiv Pancolar 1,8/50 von Carl Zeiss Jena mit der eigens zur Praktica-L-Reihe entwickelten elektrischen Blendenkupplung. Auf der Bodenplatte sind als Herstellerhinweis neben dem Pentacon-Zeichen "PENTACON Made in German Democratic Republic" noch das DDR-Qualitätsprädikat "Q1" zu sehen.
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