Diese Seite ist Teil meiner Vorstellung der Objektive von Carl Zeiss Jena für die Exakta. Zu dieser 4. Ausführung nach meinem Zuordnungssystem zähle ich hier die Objektive mit Blendenvorwahl in der ab 1954 ausgelieferten Bauform. Neben der größeren Objektivfassung ist das wohl auffälligste äußere Erkennungsmerkmal dieser Bauserie das einheitliche Filtergewinde ES49. Bei den Objektiven der gebräuchlichsten Brennweiten ersetzte es das bisherige Standardmaß ES40,5. Bis auf die Spezialobjektive, wie Biotar 1,5/75 und lange Brennweiten erhielten alle Zeiss Jena-Optiken in den Folgejahren diesen einheitlichen Frontdurchmesser.
Eine Besonderheit dieser Ausführung ist das "kurze Tessar" 4,5/40, das zwar ebenfalls in einem größeren Gehäuse, jedoch unverändert mit Normalblende angeboten wurde. Das Tessar 4,5/40 wurde gleichzeitig noch mit dem kleinen alten Gehäuse (Nr. 3.829.593) der Ausführung 2 und auch mit dem gößeren Gehäuse produziert (Nr. 3.829.592).
Tessar 4,5/40 (Bj. 1954, Fabriknr. 3.829.435)
Das "kurze" Tessar ist ein Sonderfall in dieser Baureihe, weil es keine Blendenvorwahl hat sondern nach wie vor Normalblende.
In dieser Zeit wurden solche kurzbrennweitigen Objektve noch als Weitwinkel verwendet. Kürzere Brennweiten waren bauartbedingt bei der Spiegelreflexkamera noch nicht möglich. Erst mit dem Flektogon wurde ein Jahr später ein "echtes" Weitwinkelobjektiv angeboten.
Bei der vierten Ausführung der Zeiss-Objektive wird es hinsichtlich unterschiedlicher Gehäuseausführungen wieder übersichtlicher. Dafür gibt es einige neue Objektive, Neuauflagen und Versionen aus anderen Baureihen mit Exakta-Anschluss. Allerdings beginnen während der Bauzeit dieser Objektivreihe die Zeiss'schen Namenstreitigkeiten zwischen Zeiss Jena und Zeiss Stuttgart. Deshalb sind aus diesen Jahren unterschiedliche Bezeichnungsvarianten zu finden, d.h. die gleichen Objektive wurden mit verschiedenen Ringgravuren ausgeliefert. Manche Objektive sind sogar mit zwei unterschiedlich gravierten Ringen gleichzeitig zu finden.
Der Streit zwischen Zeiss Stuttgart und Zeiss Jena führte - neben der Kurzform "Jena B" zeitweilig auch zu einigen kuriosen Namensgebungen für das Biotar 2/58. Zwei Bezeichnungsvarianten aus der Zeit um 1954. Bemerkenswert ist dabei auch die eigene Nummernreihe dieser Objektive.
In der optischen Konstruktion der schon eingeführten Objektive wurde wenig bis gar nichts verändert. Lediglich die neue Weitwinkelkonstruktion Flektogon 2,8/35 nach dem Retrofocus-Prinzip fand weltweit Beachtung. Die Neuauflage des Biometar (Bm) 2,8/80 bot in dieser damals recht beliebten "Porträtbrennweite" eine preisgünstigere Alternative zum Biotar 1,5/75. Ein wenig überraschend war gleichzeitig auch das Tessar mit den gleichen optischen Werten erhältlich. Ursprünglich für die Exakta 66 gedacht, konnte es auf Sonderwunsch auch mit Exakta-Bajonett geliefert werden. Damit standen dem Fachfotografen für spezielle Anwendungen - neben dem Meyer Primotar 3,5/80 in gleichartiger Ausstattung - zwei Objektive zur Verfügung, die ursprünglich für das 6x6 Format gerechnet, mit der Kleinbild-Spiegelreflex technisch besonderes hochwertige Aufnahmen ermöglichen. Auch für die immer beliebter werdende 135er Telebrennweite bot Zeiss mit dem von der Contax schon lange bekannten Sonnar (S) 4/135 eine Variante zum altbewährten Trioplan an, zunächst jedoch nur mit Blendenvorwahl.
Das Biometar 2,8/80 ist - zumindest in dieser Exakta-Fassung - eine Neukonstruktion.
Das Objektiv mit Fabriknr. 3.821.318 wurde 1954 produziert und trägt bereits das DDR-Qualitätsprädikat "Q1".
Tessar 2,8/80 (Bj. 1954, Fabriknr. 3.564.370).
Das Objektiv ist optisch für die Exakta 66 berechnet und konnte nur kurze Zeit auf Bestellung auch mit dem Exakta-Kleinbildbajonett geliefert werden.
Von den bisher schon gebauten Objektiven ist als erstes das Biotar 2/58 etwa ab Nr.3.328.xxx in das größere Gehäuse umgezogen. Es wurde in dieser Bauform bis 1956 (Fabr.-Nr. ca. 4.54x.xxx) produziert und danach von der Springblendenversion abgelöst. Es folgten die schon erwähnten Biometar (ab Fabriknr. 3.583.xxx) und Tessar 2,8/80 (ab Fabriknr. 3.691.xxx) und das "kurze Tessar" 4,5/40 ab Fabriknr. 3.829.xxx (eingestellt 1958) sowie das Biotar (B) 1,5/75 ab Fabriknr. 3.840.xxx. Das Triotar (Tr) 4/135 erhielt wohl 1955 ab Fabriknr. 3.869.xxx die neue Fassung, eingestellt wurde dessen Produktion im Jahr 1959.
Frühes Zeiss Biotar 1:2 f=58 mm (Bj. 1953, Nr. 3.472.187) mit Blendenvorwahl, noch ohne "Q1"-Prädikat.
Diese Version hat nur eine "m"-Focusgravur, trotzdem ist die Fassung mit "Germany" graviert. Die frontseitigen Blendenstriche entsprechen der Gravurform beim Tessar dieser Zeit. Auch die Ringgravur ist noch in der bisherigen Form ausgeführt.
Biotar 2/58 (Bj. 1954, Nr. 3.832.632) in einer etwas späteren Ausführung
Wie auch bei anderen Zeiss-Objektiven dieser Zeit ist die kleinste einstellbare Blende jetzt nur noch "16". Außerdem hat auch das Biotar jetzt die verkürzte Datengravur (2/58) und das "Q1"-Qualitätsprädikat der Warenprüfanstalt der DDR.
Biotar 1,5/75 (Bj. 1954, Nr. 3.841.710)
Die Zeiss Jena-"Dream-Lens" nicht nur wegen der Exclusivität dieses superlichtstarken Objektivs in der beliebten mittellangen Brennweite. Vor allem die - bei richtigem Einsatz - traumhaften Bildergebnisse begründeten den legendären Ruf dieses Objektivs.
Im Bild eine frühe Version des 75er Blendenvorwahl-Biotar, schon mit "Q1"-Prädikat.
Biotar 1,5/75 (Bj. 1969, Nr. 8.275.401)
Die Lichtkanone gab es noch zu kaufen, als Blendenvorwahlobjektive längst der Vergangenheit angehörten. Im Bild ein 75er Biotar aus dem Jahr 1969. Bitte beachten Sie das "abgestufte" /1\ Prädikat. Die Entfernungsgravur ist hier nur noch in "m" vorhanden.
Jena B (Biotar) 1,5/75 (Bj. 1961, Nr. 6.020.339)
Ein Biotar in der üblichen Bauweise dieser Jahre, jedoch schwarz eloxiert. Regulär waren - bis auf die beiden "langen" Sonnare - Jenaer Objektive für die Exakta nicht in schwarzer Fassung zu kaufen. Es wird sich hier um eine Sonderfertigung handeln.
Aufgrund der auch schon in der Zeiss-Hauptseite beschriebenen Besonderheiten der Zeiss Jena Fertigung dieser Jahre kann der Fertigungszeitraum dieser Baureihe nicht durch "erste" oder "letzte" Fabriknummern begrenzt werden. Die Fertigung fand von Objektivtyp zu Objektivtyp mit erheblichen zeitlichen Unterschieden statt. So kam z.B. das Sonnar 4/300 mit Fabriknr. 3.210.980 schon im Jahr 1952 zu einer Zeit auf den Markt, als das Tessar noch mit Normalblende angeboten wurde. Als letzte Blendenvorwahl-Objektive konnten das Sonnar 4/135 und das Biotar 1,5/75 noch im Jahr 1969 (mit Fabriknummern um 8 Mio.) erworben werden.
Sonnar 2,8/180 (Bj. 1955, Nr. 4.116.768) mit "Q1"-Prädikat.
Das Hochleistungs-Tele mit entsprechenden Maßen und Gewicht ist eine Neuauflage des legendären "Olympia"-Sonnar aus dem Jahr 1936.
Sonnar 4/300 (Bj. 1955, Nr. 4.210.980) mit "Q1"-Prädikat.
Diese imposante Telekonstruktion legt gegenüber dem 180er nochmal Einiges zu. Der Kaufpreis betrug im Jahr 1952 DM 1.240 - dafür gab es auch schon zwei Leicas ...
Ab 1955 war auch das neue Weitwinkel Flektogon (ab ca. Fabr.Nr. 3.96x.xxx) erhältlich. Heute ist es gar nicht mehr einzuschätzen, in welcher Weise die neue Weitwinkelbauweise die Spiegelreflexfotografie veränderte und die SLR-Fotografen faszinierte. Für die Exakta wurde das Flektogon zeitgleich auch schon mit Springblende angeboten. Deshalb sind nur wenige BV-Flektogone mit Exakta-Bajonett zu finden, mit M42-Anschluss ist es dagegen noch bis 1961 verkauft worden und vergleichsweise häufig. Auch das Sonnar (S) 2,8/180 - das historische Olympia-Sonnar - wurde in diesem Jahr neu aufgelegt. Wie das Sonnar 4/300 hat es eine schwarz lackierte Messingfassung.
Flektogon 2,8/35 (Bj. 1958, Nr. 4.925.338), hier in einer Version mit M42-Anschluss.
Im Jahr 1955 war diese Neuschöpfung ein Meilenstein im Objektivbau. Gemeinsam mit dem Angenieux Retrofocus war es das erste echte Weitwinkelobjektiv für Kleinbild-Spiegelreflexkameras.
Die letzte Neuvorstellung dieser Blendenvorwahl-Baureihe war das Sonnar (S) 4/135; es ist etwa ab Fabriknr. 4.875.xxx zu finden. Das mit anderen Anschlüssen schon seit vielen Jahren bekannte 135er Teleobjektiv Sonnar war um 1957/58 endlich auch mit Exakta-Bajonett lieferbar. Es überrascht, das es zu diesem Zeitpunkt noch mit Blendenvorwahl ausgestattet wurde. Erst 1962 gab es das Sonnar auch mit der neuen vollautomatischen Springblende zu kaufen. Eine Version mit Vorwahl-Springblende gibt es dagegen nicht. Vermutlich sollte es wohl kurzfristig als Ersatz für das antiquierte, weil in dieser Brennweite zu große und schwere, Triotar 4/135 herhalten.
Carl Zeiss Jena Sonnar 4/135 (Nr. 6.262.700)
Im Foto sehen Sie ein im Juli 1961 ausgeliefertes Sonnar mit dem zu dieser Zeit noch klassischen beige/lila Verpackungskarton. Die Preisauszeichnung auf dem Karton ist der Verkaufspreis in der DDR, in Westdeutschland war das Objektiv um Einiges teurer.
Jena S (Sonnar) 4/135 (Nr. 5.439.372)
Im Foto sehen Sie eine Sonnar-Version mit zwei Bezeichnungsringen, über die ich auch an anderer Stelle schon geschrieben habe. Der Originalring ist mit Sonnar 4/135 und der Fabriknr. 4.876.002 graviert. Diese Nr. ist dem Baujahr 1958 zuzuordnen, der darübergeschraubte "S"-Ring mit Nr. 5.439.372 dagegen dem Jahr 1959.
Eines der allerletzten noch im Jahr 1968 ausgelieferten 135er Sonnare mit Vorwahlblende. Bereits seit 1962 war dieses Objektiv auch mit vollautomatischer Springblende lieferbar.
Im Bild ein Sonnar (aus JENA S 1:4 f=135, Nr. 8.129.350) in einer Version mit Blende 45 ("enge Blende") für das Ihagee-Kolpofot. Diese Version ersetzte das früher für diesen Verwendungszweck gelieferte Triotar (s. Foto unten). Es hat nur noch einen Bezeichnungsring.
Triotar 4/135 (Bj. 1955, Nr. 4.001.910), Normalversion - im Foto mit kleinster Blende 22.
Das Triotar kam Mitte der 1950er Jahre als 3-Linser in Normalbauweise "aus der Mode" und wurde nur noch in relativ kleinen Stückzahlen verkauft, obwohl es zum Verkaufspreis von DM 287 ein Schnäppchen für ein Zeiss-Objektiv war.
Triotar 4/135 (Bj. 1955, Nr. 4.003.728) - im Foto mit kleinster Blende 45.
Das Triotar wurde neben der obigen Normalversion auch mit einer erweiterten Blendeneinstellung bis Bl. 45 geliefert (Sammlername "enge Blende"). Verwendungszweck sind Nah- und Mikroaufnahmen mit dem Ihagee Kolpofot. Bei dieser Anwendung spielten die unhandlichen Maße keine Rolle.
Das Zeiss-Standardobjektiv für die Exakta, das Tessar, ist mit dieser Fassung wohl nicht gebaut worden. Schon im Jahr 1955 war es in der neuen Ausführung mit Springblende erhältlich und löste die Blendenvorwahlobjektive mit der kleinen Fassung (Ausführung 3) ab. Mit anderen Anschlüssen (M42, Praktina) ist es dagegen - wie auch das Flektogon - in der Blendenvorwahl-Ausführung recht häufig zu finden. Ich habe es zwar der Vollständigkeit halber auch in meine Zeiss Tessar-Aufstellung mit aufgenommen, doch wird es als Blendenvorwahl-Version für die Exakta nicht existieren - oder etwa doch?
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