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Kine Exakta - die Mutter aller Spiegelreflexen

Kine Exakta OVP


Der Erfolg der Exakta Spiegelreflexkamera für 127er Rollfilm im Jahr 1933 löste im Dresdner Ihagee-Werk Überlegungen zur Entwicklung einer Kamera für den Kleinbildfilm. Dieser wurde damals noch als "Kine"-Film bezeichnet, weil er für die 35mm-Kinofilmkameras bereits seit Jahren im Gebrauch war. Erstmals die Leica und in der Folge auch die Contax benutzten diesen Film auch für photographische Aufnahmezwecke.
Obwohl die Fotografen noch mit Zurückhaltung auf die neuen Fotogeräte reagierten, beflügelten sie die Ihagee zur raschen Entwicklung einer eigenen Kamera für diese Filmart. Diese wurde im März 1936 auf der Leipziger Frühjahrsmesse als Kleinfilm-Reflex-Exakta 24x36mm vorgestellt. Nur wenige Exemplare dieser ersten Kleinbild-Spiegelreflexkameras der Welt hatten die Ihagee-Mitarbeiter damals am Messestand zum Vorzeigen verfügbar. Und das Interesse war anfangs auch nicht spektakulär, es galt vielmehr der bereits bewährten 4x6,5 Exakta.

Bei ihrer Vorstellung begegnete der neuen "Kleinbau-Exakta" also noch Skepsis. Diese galt vor allem der Funktionssicherheit und der Unsicherheit, wie die 36 auf dem Film verfügbaren Aufnahmemöglichkeiten sinnvoll zu nutzen wären... Auch war die Scharfeinstellung mit der runden Sucherlupe nicht unbedingt leicht zu handhaben, weil nur ein Bildausschnitt sichtbar war. Doch bei der Ihagee lernte man schnell. Bereits nach einem halben Jahr war die runde Sucherlupe gegen eine rechteckige Ausführung ausgewechselt. Der Siegeszug der Exakta um die ganze Welt begann.

Die bisherige Rollfilm-Exakta erhielt in der Werbung den Namen "Standard Exakta", die neue Kleinbildversion "Kine Exakta". Bemerkenswert ist noch, dass die Namen "Kine" und "Standard" nur in der Literatur und Prospekten Verwendung fanden. Auf dem Typenschild beider Ausführungen steht immer nur "Exakta".


Kine mit Originalkarton. Ein Drahtauslöser und der Leder-Flechtriemen gehörten seinerzeit zum Lieferumfang.

Daten und Fabriknummern der Kine Exakta Modellreihe (alle Varianten)

Typ: einäugige 24 x 36 mm Spiegelreflexkamera für Kleinbildfilm, Hersteller Ihagee Dresden
Produktionszeit 4/1936 - 11/1943 und 8/1945 - 2/1950
bekannte Fabriknummern zwischen 455.651 – 672.514 (zur Nummernvergabe bei der Ihagee finden Sie an anderer Stelle mehr)
gebaute Stückzahl: 91.995 in 2 Versionen (9 Modelle nach Richard Hummel)
Frontplatten: Exakta, Exacta, Exakta II - die Kamera wurde nur in Druckschriften Kine Exakta genannt, um sie von der Exakta für 127er Rollfilm (Standard Exakta) zu unterscheiden.

Ausstattung: Gussgehäuse aus Leichtmetall; Schlitzverschluß mit 12 (!) bis 1/1000 sec
(12,11,9,8,7,6,5,4,3,2,1,½,1/10,1/25,1/50,1/100,1/150,1/250,1/500,1/1000. Z und B)
Vorlaufwerk (Selbstauslöser, auch für Langzeiten 6,5,3,2,1,½,¾,1/10 sec.); Schnellaufzug, Blitzsynchronisation, Mehrfachbelichtungsmöglichkeit, fest eingebauter Lichtschachtsucher mit Verschlusssperre im geschlossenen Zustand, Filmmesser für teilbelichtete Filme, abnehmbare Rückwand; Objektivbajonett für ein grosses Objektivangebot vieler Hersteller (keine Ihagee-eigene Objektivfertigung!).
Mit den Kamerauslieferungen in den ersten Produktionsmonaten nach Aufnahme der Serienproduktion im April 1936 wich die anfängliche Skepsis der Erkenntnis, dass diese Kamera der Beginn einer neuen Epoche der Fotografie ist. Ihre Ausstattung war konkurrenzlos und für Jahrzehnte wegweisend:

Die Einschränkung der Scharfeinstellung beseitigt im Herbst 1936 eine nunmehr rechteckige Lupe. Besitzern des ersten Modells bietet die Ihagee die Umrüstung an, zur Reparatur eingesandte Kameras erhalten generell die neue Lupe. Deshalb ist die 1. Ausführung mit der runden Sucherlupe heute nur noch selten zu finden, obwohl laut Richard Hummel 1.400 Stück gebaut wurden. Weltweit dürften von der Kamera in dieser Ausführung kaum mehr als 100 Exemplare existieren. Die meisten sind fest in Sammlerhand; wird doch einmal eine angeboten, ist die Nachfrage groß und der Preis hoch. Für gut erhaltene Stücke werden 1.500 € und mehr bezahlt.

Verschlussplatte der Kine Exakta, unter dem linken Gehäusedeckel
Verschlussplatte der Kine ExaktaIm März 1938 erhält die Kamera eine zusätzliche Befestigungsbuchse für das Blitzgerät. Die reguläre Serienproduktion endet im März 1940, auch das Ihagee Werk musste Rüstungsprodukte liefern. Nur noch etwa 400 Kine Exakta werden bis Ende 1943 für „Sonderzwecke“ ausgeliefert. Diese waren aber systemnahen Personen und Kriegsberichterstattern vorbehalten.

Details zu den unterschiedlichen Suchern der verschiedenen Kine Exakta-Modelle aus der Vor- und Nachkriegszeit finden Sie bei den Kine-Suchern.




Zur besseren Übersicht und um der Beschreibung der einzelnen Kameraversionen mehr Raum geben zu können, habe ich die Kine-Vorstellung in einen Vorkriegs- und einen Nachkriegsteil aufgeteilt. Dies entspricht damit zwar nicht mehr der üblichen Sammlersystematik mit der Aufteilung nach Kine Exakta I (Versionen 1-4) und Kine Exakta II, trägt aber den historischen Zeitabläufen und der technischen Entwicklung der Kamera besser Rechnung.





Mit einem Klick auf die obige Grafik gelangen Sie unmittelbar zum jeweiligen Teil meiner website.

Kriegs- und Nachkriegsfertigung der Kine Exakta

Wie detaillierte Produktionsangaben bei der Ihagee allgemein fehlen, sind auch die Kriegs- und Nachkriegsfertigung nicht belegt. Verfügbare Angaben hierzu sind zudem teilweise widersprüchlich. Richard Hummel etwa nennt 400 Exemplare als Kriegssonderfertigung "für Bildberichterstatter", insgesamt jedoch 2.400 zwischen Februar 1940 und November 1943 sowie 320 Exemplare für 1945. Diese Zahlen sind anhand heute in Sammlerhänden bekannten Kameras jedoch nicht zu belegen.

1944 werden Teile und Werkzeuge für die Kine Exakta ausgelagert und überstehen damit die totale Zerstörung des Werkes in der Dresdner Bombennacht im Februar 1945. Somit kann die Fertigung schon im August 1945 wieder aufgenommen werden. Die ersten, aus noch vorhandenen Teilen gebauten Kameras entsprechen demnach noch der Vorkriegsausführung solange bis die Vorräte aufgebraucht sind.
Hingegen steht die neu beginnende Fertigung unter dem Druck damaliger Materialengpässe. Deutlich sind frühe Kameras aus Nachkriegsfertigung an den nur noch polierten blanken Gehäuseteilen erkennbar (vorher waren diese verchromt). Ein auch technisch überarbeitetes Modell erscheint 1946 und wird zum überwiegenden Teil als Reparationsleistung in die UdSSR geliefert. Dort, oder bereits auf dem Transportweg nach Russland, wurde mit den Kameras ein lukrativer Handel betrieben und viele gelangten auf Umwegen in die USA. In (west)deutschen Fotoläden gab es die Kamera mit dem "Exacta"-Frontschild nicht zu kaufen.

Nach meinen Feststellungen dürfte die Anzahl der nach dem Krieg noch mit Vorkriegsteilen gebauten Kameras etwa 1.000 Stück betragen, beginnend mit Fabriknummern um 608.xxx. Die erste Kine „C“ ist mir mit der Nummer 609.875, die letzte Kine I mit der Nummer 616.186 bekannt. Bei der genannten Kine "C" handelt es sich allerdings um ein Gehäuse mit 4 Blitzanschlussbuchsen, also um eine umgebaute Kamera, bei der vermutlich das Typenschild gewechselt wurde. Die wohl erste "reguläre" Kine "C" aus der Reparationsfertigung für die Sowjetunion ist mit der Nummer 611.426 in Sammlerlisten aufgeführt; ich selbst habe eine Kamera mit der Nummer 611.453 (aus Nachkriegsfertigung) gesehen.

Richard Hummel gibt die Fabriknummer 611.501 als Beginn für die Nachkriegsproduktion an. Damit dürfte er wohl eine Kine mit dem "C"-Typenschild gemeint haben. Die zuvor genannten Fabriknummern liegen allerdings nahe beieinander, so dass der Start für die "C"-Produktion wohl um 611.450 gelegen haben dürfte. Die Nummernvergabe für die aus Vorkriegsbeständen gefertigten Kameras bleibt dagegen offen.

Belegt ist, dass die Kamerafertigung der Ihagee im März 1940 eingestellt wurde, weil mit der befohlenen Produktion von "kriegswichtigen" Erzeugnissen begonnen werden musste. Danach wurden nur noch wenige Kameras auf Anordnung staatlicher Stellen produziert und - mit Biotar-Objektiven bestückt - an bevorzugte Personen ausgeliefert. Bekannt ist, dass eine Kine Exakta aus dem Monat des Produktionsendes 3/1940 die Nummer 596.924 trägt und eine Kine mit Nr. 597.488 im Jahr 1943 aus der Kriegssonderfertigung ausgeliefert wurde. Bei ebay-Auktionsangeboten habe ich einige Kameras mit Nummern um 597.2xx gefunden, durchweg mit einem Biotar bestückt. Dies passt demnach mit der von Richard Hummel genannten Kriegsfertigung von insgesamt 400 Stück überein. Doch wo sind dann die Gehäuse mit den bekannten Nummern ab etwa 608.4xx einzuordnen?

Es gibt andere Angaben über die Kriegsproduktion, z.B. eine angeblich am 26.11.1943 ausgelieferte Kine 611.495 (Exakta Obscurities). Hier war offenbar eine time machine am Werk. Folgte man derartigen Angaben - woher stammen dann die rund 3000 Kameras mit Fabriknummern 608.4xx bis 611.xxx, wenn als Kriegsproduktion nach Richard Hummels durchaus nachvollziehbaren Angaben nur 400 und im Jahr 1945 nur 420 Exemplare entstanden sind?
Auch die bekannte Nummernreihe für die Nachkriegs-6x6 (600.000-602.xxx) belegt, dass Fabriknummern über 600.000 erst nach Kriegsende vergeben worden sind. Offenbar ist hier viel Raum für Spekulation vorhanden, ich halte mich in meinen Aufstellungen und Beschreibungen hingegen lieber an bekannte Fakten....
Kine-Varianten mit früherer oder späterer Fabriknummer werden wohl aus Veränderungen durch Reparaturen oder Teiletausch resultieren, da Gehäuse und Filmbühne (dort ist die Nummer graviert) nicht fest verbunden sondern verschraubt sind.

Kine Exakta gebraucht




Kine Exakta's waren in den Kriegsjahren häufig Arbeitsgeräte von Kriegsberichterstattern. Diese wurden vom Werk auch vorzugsweise beliefert und erhielten dabei das lichtstarke Biotar, das ansonsten während der Kriegsjahre in Photoläden praktisch nicht erhältlich war.

Nicht selten gerieten solche Kameras auch in "fremde" Hände oder wurden bei Kriegseinwirkungen versteckt. Manche tauchten dann Jahre später wieder auf, meist in schlechtem Zustand - etwa so wie die hier im Foto gezeigte Kamera...


Kine korrodiert Auch sowas wird einem Sammler gelegentlich angeboten - "Exakta mit Patina" oder "normale bis stärkere Gebrauchsspuren" gibt's als Erklärung dazu....
Zum Funktionstest sollte es besser gar nicht mehr kommen, man könnte sonst eine Überraschung erleben.


Exacta - Namensvariante für den Export


In der Literatur wird verschiedentlich eine Kine Exportvariante mit Schild „Exacta“ erwähnt. Auch Richard Hummel hat eine solche Kine Exacta unter 003 in sein Modellverzeichnis aufgenommen und gibt dafür eine Stückzahl von 500 im Jahr 1937 an. Diese müssten dann innerhalb der Nummernfolge 493xxx bis 496xxx auftauchen, tatsächlich ist mir in diesem Nummernbereich nur eine Kamera mit der „C“-Schreibweise (494xxx) bekannt. Weitere derartige Kameras kenne ich hingegen im Nummernbereich 486xxx, 518xxx, 530xxx, 539xxx und 595xxx.
Auch von der Standard-Exakta sind mit der Namensgravur „Exacta“ einige aus dem Jahr 1938 bekannt. In jedem Fall handelt es sich nur um wenige oder gar einzelne Exemplare, weil die Exacta-Schreibweise für Exporte nach Spanien oder Südamerika verwendet worden sein soll. Ein Indiz für die Originalität einer "C"-Exakta aus der Vorkriegszeit ist die Objektiv-Bestückung mit einem Objektiv, das nur mit einer "feet"-Skala graviert ist. Dies wäre dann jedoch eine in die USA exportierte Kamera...
Neben Richard Hummels Angaben zu seinem Modell 003 gibt es keine Hinweise über Stückzahlen oder gar Fabriknummern zur Export-Exakta mit dem "C"-Typenschild. Nach meinen bisherigen Feststellungen dürfte Hummels Angabe zu Stückzahl und Baujahr der "C"-Vorkriegs-Exacta insoweit nicht zutreffen.

Eine Fertigungsserie mit dem Typenschild „Exacta“ hat es ansonsten von 1946-48 (5. Modell) für die Raparationslieferungen in die Sowjetunion gegeben. Außerhalb der v.g. Nummernbereiche dürfte es sich um Kameras handeln, bei denen das obere Typenschild nachträglich mit einem vom Typ 5 vertauscht worden ist. Dies läßt sich oft am unterschiedlichen Chrom von oberem und unterem Schild erkennen, weil nach dem Krieg die Verchromung anfangs von schlechter Qualität war.

Anmerkungen zur Vergabe der Ihagee-Fabriknummern und zu Stückzahlen

Die von der Ihagee vor dem 2. Weltkrieg vergebenen Fabriknummern ermöglichen es leider nicht, Stückzahlen einzelner Modelle zu rekonstruieren. Fertigungsaufzeichnungen - wie etwa bei Leitz - sind für die Dresdner Ihagee-Werke nicht vorhanden. Die von dem ehemaligen Ihagee-Mitarbeiter Richard Hummel (verstorben) in dessen Buch "Spiegelreflexkameras aus Dresden" genannten Zahlen entstammen seiner Erinnerung und sind teilweise widersprüchlich. Gleiches gilt für die von verschiedenen Sammlern veröffentlichten Produktionsdaten und -tabellen.

So lassen sich auch die von mir genannten Fabriknummern nicht in der Weise deuten, dass die jeweilige Modellreihe mit der niedrigsten angegebenen Nummer beginnt oder mit der höchsten endet. In den Nummernreihen sind auch andere, damals in Dresden noch hergestellte Erzeugnisse enthalten. Sammlerangaben sind zudem "empirisch" ermittelt. Das heißt es wurden Fabriknummern von Kameras festgehalten, die der Sammler selbst ermittelt oder von anderen vertrauenswürdigen Personen übernommen hat. Auf solche Daten hatte auch Richard Hummel für sein Buch zurückgegriffen.

Überschneidungen bei Fabriknummern-Angaben sind darauf zurückzuführen, dass die Ihagee bei Modellveränderungen „alte“ und „neue“ Modelle bis zum Aufbrauch der jeweiligen Bauteile parallel gefertigt hat. Dies gilt vor allem für die unmittelbare Nachkriegszeit.
Die Produktion der Exakta Varex beginnt etwa bereits mit der Nummer 667.000, als letzte Nummer der Kine Exakta II ist hingegen 672.514 bekannt. Daher lassen sich durch Vergleich zwischen niedrigster und höchster bekannter Fabriknummer keine Stückzahlen errechnen.

Bis zum Produktionsende der Standard-Exakta 4x6,5 Ende 1939 liegen die Fabriknummern der Standard und der übrigen Ihagee-Kameras ebenfalls in der Nummernreihe zwischen 400xxx bis 597xxx, in der die Kine Exakta's zu finden sind. Allerdings sind zwischen 487xxx bis 493xxx und 497xxx bis 517xxx keine Kine Exakta bekannt. Die Nummern 552xxx bis 555xxx waren für die Vorkriegs 6x6 und die Nummern 600xxx bis 608xxx für die Nachkriegs 6x6 reserviert.
Für das erste Kine-Modell mit der runden Sucherlupe nennt Richard Hummel in seinem Buch 1.400 Exemplare. Das entspricht fast den Kine-Produktionszahlen für 1936 (1.600). Danach wären 1936 also auch schon 200 Kine Exakta mit rechteckiger Sucherlupe entstanden.

Gelegentlich wird in Veröffentlichungen ein auf den Rückseiten der Sucherspiegel mit Bleistift notiertes Datum erwähnt. Es ist nicht bekannt, in welchem Zusammenhang diese Datierungen mit der Produktion stehen. Vermutlich sind vorgefertigte Spiegel beim Einbau oder auch bei einer Reparatur bzw. einem Umbau mit dem Datum-Vermerk versehen worden. Nach meinen Feststellungen betrifft dieser Datumsvermerk ohnehin nur die alten Kine-Spiegel mit den vorne abgerundeten Ausschnitten und Spiegel früher Standard Exakta.








Posted 2008/01/17; last updated 2022/04/29 Copyright © 1991-2022 by Horst Neuhaus