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Die Exakta Varex ermöglichte im Jahr 1950 als erste Kleinbild-Spiegelreflexkamera den Austausch der Suchersysteme. Was dies seinerzeit mit der Einführung des Modells Varex bedeutete, kann der heutigen Digital-Luxus gewohnte Fotograf kaum ermessen. Erforderte doch bis zur Einführung des Wechselsuchers das Fotografieren mit der Spiegelreflexkamera umständliches Arbeiten mit seitenverkehrten Lichtschachtsucherbilder (machen Sie doch mal Sport- oder Bewegungsaufnahmen damit, haha) und das Hantieren mit finsteren Mattscheiben. Dadurch bedingte Einstellungenauigkeiten schränkten die Spiegelreflexvorteile oft ein. Auch die meist übliche "Bauchperspektive" der SLR-Fotos war Wasser auf die Mühlen der - damals nicht wenigen - Gegner des SLR-Systems. Dabei hat der Lichtschacht durchaus seine Vorzüge.
Bei ihrer Vorstellung in den Jahren 1933 bzw. 1936 waren die Exakta Kameras mit fest eingebauten Lichtschachtsuchern ausgestattet. Diese entsprachen dem damaligen Entwicklungsstand, hatten jedoch zwei prinzipbedingte Nachteile:
1. Die fotografischen Resultate zeigten sich im Regelfall aus der "Bauchperspektive"
2. Das Mattscheibenbild war seitenverkehrt, bewegte Motive erforderten einen gedanklichen Rückwärtsgang.
Ungeachtet dessen erfüllte der Lichtschachtsucher anfangs durchaus die Anforderungen der Photographen. Diese waren von seitenverkehrter oder gar auf dem Kopf stehender Mattscheibeneinstellung der bis dato gebräuchlichen Plattenkameras nichts Besseres gewohnt. Doch kleinere Bildformate und handlichere Rollfilmkameras ließen diese Prozedur mehr und mehr lästig erscheinen. Die neuen Kleinbildkameras mit ihren seitenrichtigen Fernrohrsuchern trugen noch das Ihrige dazu bei, dass den wenigen Reflexkameras zunächst der große Erfolg versagt blieb. Dabei wurde das Prinzip des Prismensuchers bereits Anfang der 1920er Jahre bei Ernemann in Dresden erdacht. Es fand allerdings beim Zeiss Ikon-Zusammenschluss auch mangels passender Reflexkamera zunächst keine Realisierung. Mit der Ihagee bestand in diesen Jahren eine zu grosse Rivalität, als dass die beiderseitigen Entwicklungen in ein gemeinsames SLR-Projekt hätten fließen können.
Die Vorstellung des "Pentaprismensucher" genannten neuen Einstellsystems mit der Exakta Varex war der wohl entscheidende Schritt zum späteren Erfolg der SLR-Kameras. Zwar war die Varex nicht die erste Spiegelreflexkamera, die ein Arbeiten mit Prismensucher ermöglichte. Fast zeitgleich hatte Zeiss die Contax S (Spiegelcontax) als erste Kleinbild-SLR mit diesem Sucher ausgestattet. Kurz zuvor lieferte Zeiss schon aufsteckbare Prismenaufsätze für die Lichtschächte der Kine-Exakta und der Praktica/Praktiflex. Die Ihagee konstruierte ihre Exakta kurzerhand um und bot mit der Exakta Varex unter Verwendung des Pentaprismensuchers die weltweit erste Kleinbild-Spiegelreflexkamera mit Wechselsucher an. Die Glasteile der Exakta-Prismensucher bezog man von den Jenaer Zeiss-Werken, später auch von der Dresdner Feinmess (ehemals Heyde GHD).
Die Bauweise des Prismensuchers hat sich - im Gegensatz zu dem auswechselbaren Lichtschachtsucher - seit 1950 bis zum Produktionsende 1990 so gut wie nicht verändert. Wohl aber die äußere Ausführung, über die der Sammler in der
Zunächst wurde neben dem als Standardaustattung nach wie vor mit der Kamera gelieferten Lichtschachtsucher nur der Prismensucher - als Zubehör oder gegen Aufpreis - angeboten. Später kamen Weitere hinzu. Austauschbare Einstellscheiben (Lupen genannt) machten das System für nahezu alle fotografischen Zwecke universell einsetzbar.
Für den Prismensuchereinsatz wurde Mitte der 1950er Jahre ein exklusives Lederetui angeboten, in dem auch eine weitere Sucherlupe zum Wechseln Platz fand (Bild rechts).
Anhängern der Stereofotografie wurde schon bald ein spezieller Einsatz angeboten. Der "STEREFLEX" ist heute ein gesuchtes, seltenes Zubehörteil. Für die Makrofotografie gab es einen Spezialeinsatz mit zusätzlicher Lupenvergrößerung, den Objektivlupeneinsatz, der bei Benutzung einer Klarlupe excellente Motivbetrachtung ermöglicht. Doch damit nicht genug - drei weitere Raritäten ergänzen das Exakta-Sucher Programm:
1958 bot die Ihagee einen Prismeneinsatz mit eingebautem Metrawatt(!)-Belichtungsmesser an. Dieser "Köhler-Sucher" genannte Einsatz ist ebenfalls recht selten, seine Produktionszeit betrug nur 1 1/2 Jahre. Fälschlicherweise wird er gelegentlich als TTL-Sucher angeboten. Doch entspricht sein Messverfahren dem damaligen Standard - wahlweise Objekt- oder Lichtmessung mit der (heute meist fehlenden) Streuscheibe. Zusätzlich ist in das Gehäuse noch ein Fernrohrsucher (für 50 mm Standardobjektive passend) eingebaut - eine Anleihe von der Praktina....
Echte TTL-Messung bot dann der 1965 von Albert Schacht, Ulm, entwickelte "travemat", er war auch für die Edixa erhältlich; eine für die Exakta real geplante Ausführung kam jedoch nicht mehr zur Auslieferung. Der Westberliner Ihagee-Ableger HARWIX schließlich produzierte ab 1967 den damals beliebtesten TTL-Einsatz, das anfangs "EXAMAT" genannte HARWIX-TTL-Prisma. Damit konnte - und kann auch heute noch! - genau und im Vergleich zur Handmessung fast komfortabel gearbeitet werden.
Einen allgemein nur wenig bekannten Zusatzsucher von Novoflex möchte ich an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen. Novoflex - bekannt für Makrozubehör und Fernobjektive - hatte zu jener Zeit auch einige ungewöhnliche Zubehörteile im Angebot, die dem einen oder anderen Fotografen das Leben erleichtern konnten.
Spiegelreflexsucher - gleich ob Lichtschacht oder Prisma - waren nicht Jedermanns Sache. Deshalb gab es immer wieder Versuche, mit einer SLR-Kamera auch normale Fernrohrsucher zu kombinieren. Bekannteste Spezies dieser Art waren die Asahiflex oder die Praktina, selbst Ihagee baute in den "Köhler-Sucher" einen Fernrohrsucher ein.
In den Fotos zeige ich die beiden Versionen des Novoflex-Doppelsuchers - unter der Varex VX mit dem Angeniéux 135 ist das Modell 50/135 montiert. Das kleine Foto zeigt die Ausführung mit der Brennweite 105mm.
Novoflex ging hier seinerzeit noch ein paar Schritte weiter. In einen "Doppelsucher" - der unter die Kamera in das Stativgewinde geschraubt wird - konstruierte man gleich 2 Fernrohrsucher, die einen schnellen Vergleich zwischen der Normalbrennweite 50mm und längeren Brennweiten ermöglichten. Es gab diesen Sucher in zwei Ausführungen - mit Suchern für 50 und 105 oder 50 und 135 mm Brennweite. Beide Versionen waren jeweils mit deutschem oder englischem Stativgewinde erhältlich. Mit diesem Zubehörteil bestückt, war die Exakta wie eine normale Sucherkamera zu benutzen.
In diesem - noch weiter untergliederten - Teil meiner Exakta-Seite will ich die verschiedenen Suchersysteme dieser vielseitigen Kamera vorstellen. Auch "alte" Sammler werden von der Vielfalt überrascht sein. In der Navigationsspalte links werden Sie zu den Beschreibungen der unterschiedlichen Suchertypen weitergeleitet. Bemerkenswert an den Exakta-Suchereinsätzen ist, dass jeder Sucher mechanisch wie optisch mit jeder Exakta oder Exa mit Wechselsucheranschluss zusammenarbeitet. Die Angaben in den Tabellen sollen deshalb auch "nur" eine zeitliche Einordnung ermöglichen, damit Sammler die verschiedenen Suchereinsätze den jeweiligen Kameramodellen zuordnen können, mit denen sie seinerzeit ausgeliefert wurden.
Dem (Noch-)Exakta- oder Exa-Anwender darf all dies herzlich gleichgültig sein, jeder Sucher passt in so gut wie jedes Kameramodell. Ausgenommen davon sind natürlich die Kine-Exakta's und EXA II-Modelle mit ihren fest eingebauten Suchern und die Nachfolgermodelle RTL 1000 oder die real. Selbst die bis 1987 gebaute EXA Ic kann man noch mit alten oder Spezial-Suchern bestücken.
Davon abgesehen erzeugt es natürlich einem Exakta-Sammler Magendrücken, wenn er eine Varex aus 1950 mit einem schwarzen Prisma der EXA 1c begutachten soll. Ist dieses Konstrukt dann noch mit einem Meyer Domiron-Objektiv aus 1960 bestückt, braucht er erst mal ein paar Tage Erholung. Immerhin hätte er in dieser Zeit mit dem Bastard noch wundervolle Fotos schießen können...
Posted 2008/03/16; last updated 2018/02/09 Copyright © by Horst Neuhaus
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