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Hallo und herzlich Willkommen auf der Objektivseite von Photo but More by Horst Neuhaus.

Hier geht es um das wohl wichtigste Teil der Kamera und seine Technik. Objektive vieler Hersteller werden auf meinen Exakta-Objektivseiten vorgestellt. Sie sind auch über den Navigations-Link zu erreichen.

Wie fast überall auf meinen Foto-Seiten, will ich hier neben geschichtlichen Zusammenhängen einige allgemeine Dinge zum Thema behandeln. Obwohl ich mich bemühe, nur das Wichtigste zu schreiben, ist selbst dies - gerade beim Auge der Kamera - schon eine ganze Menge. Weil mittlerweile auch für manche Sammler ein Thema, habe ich dem Bokeh einige spezielle Ausführungen gewidmet.

Profis werden möglicherweise wenig Neues finden. Wenn auch meine Ausführungen durchaus subjektiv geprägt sind, erfahren Sie hier kein Sammlerlatein oder ähnlich Spekulatives. Bleiben Sie mir beim Lesen bitte auch dann gewogen, falls Sie manche Themen anders bewerten als ich!


Historische und einfachste Objektive

Die erste und zugleich einfachste Objektivlinse war die „bikonvexe Sammellinse“. Sie fand in Daguerres Kamera Verwendung. Auch der spätere Meniskus (Brillenglas) war ein 1-linsiges „Objektiv“. Einzellinsen haben aber etliche Abbildungsfehler, die mit größerem Linsendurchmesser noch zunehmen.

Sammellinse Meniskus Achromat Aplanat

Durch Kombination verschiedener Linsen lassen sich Abbildungsfehler minimieren oder in gewünschte Richtungen verschieben. Der Optikus spricht hier von Korrektur. 1865 stellte Carl August von Steinheil das Periskop vor, zwei gegenübergestellte Sammellinsen mit großem Bildfeld (Weitwinkel) bei geringer Lichtstärke. Es war das erste symmetrische Objektiv, mit einer Blende zwischen den Linsen. Allerdings beseitigte es nur wenige Abbildungsfehler der Einzellinsen.

Erst die achromatische Sammellinse (Achromat) ermöglichte mit zwei miteinander verkitteten Gläsern eine gewisse Fehlerkorrektur. In der fotografischen Frühzeit wurden solche Objektive mit Lichtstärken von 1:12,5 oder 1:11 Landschaftslinse genannt. In späteren Jahren fanden sie sich als Box-Achromat mit Lichtstärken um 1:9 in volkstümlichen Kameras wieder. Der Aplanat, von Steinheil um 1866 aus dem Periskop weiterentwickelt, war ebenfalls symmetrisch und hatte 4 Linsen, jeweils zwei waren miteinander verkittet. Für die frühen Aufnahmeobjektive verwendet man auch den Sammelbegriff Astigmat.

Die ersten "richtigen" Objektive

Das erste auf einer physikalischen Berechnung beruhende Objektiv wurde von Prof. Petzval entwickelt und von Voigtländer gebaut: ein lichtstarkes Porträt-Objektiv 1:3,5 – ein unsymmetrischer 4-Linser. Um 1900 wurde der Aplanat vom dreilinsigen Anastigmat abgelöst. Symmetrische Doppel-Anastigmate boten zudem den Vorteil, jede Objektivhälfte auch einzeln (dann mit doppelter Brennweite) verwenden zu können (Satzobjektive). Meyer Satz PlasmatSolche Satzobjektive waren lange Jahre nicht nur bei anspruchsvollen Amateurfotografen sehr beliebt und wurden von vielen Objektivherstellern angeboten. Durch die Kombination verschiedener Linsen oder Glieder unterschiedlicher Brennweiten boten sie viele Möglichkeiten.

Plasmat SatzobjektivDie Fotos zeigen einen Satz Plasmat von Meyer Görlitz aus den 1920er Jahren. Die Lichtstärke beginnt bei 1:4,5, je nach Zusammenstellung. Zum Set gehören Tuben für 2 ½“ / 3 ½“ / 4 ¾“ Brennweite, außerdem ein Gelbfilter und 4 weitere Vorsätze. Alles ist in einem mit lila Samt ausgeschlagenen Lederkästchen untergebracht - eine Augenweide!


Es wurden auch unsymmetrische Anastigmate mit 3 oder 5 und später gar noch mehr verkitteten Linsen entwickelt. Ein unsymmetrischer 5-Linser mit 2 verkitteten Linsenkombinationen (vorne 2, hinten 3) war das bei Zeiss Jena von Dr. Paul Rudolph errechnete Protar 1:9 - später auch in anderen Varianten gebaut. 1895 folgte das Planar, ein doppelter Gaußtyp und im Jahr 1902 das Ur-Tessar mit einer Lichtstärke von 1:6,3.

Voigtländer Petzval

Das Petzval-Objektiv

Petzval-Objektiv Fast ein halbes Jahrhundert war das 1840 von dem Wiener Physiker Josef M. Petzval geschaffene Portraitobjektiv 1:3,2 das Maß der Dinge. Durch seine hohe Lichtstärke ermöglichte es damals als einzige Objektivkonstruktion die Aufnahme von Personen mit erträglichen Belichtungszeiten.

Auch heute noch hat dieses hervorragende Objektiv seine Anhänger. Leider hat Petzval seine Berechnungen nirgends niedergeschrieben und seine Kenntnisse mit ins Grab genommen. Das zweiteilige Objektiv mit der Blende in der Mitte besteht im ersten Glied aus zwei verkitteten Linsen. Bemerkenswert ist der große Luftzwischenraum zwischen beiden Gliedern, die eine fast völlige Aufhebung des Astigmatismus bewirken, mit dem Nachteil einer recht großen Bildfeldwölbung. Dadurch lässt sich nur ein recht kleiner Bildwinkel nutzen. Voigtländer übernahm es, die ersten Petzval-Objektive zu bauen.

Die Objektivtypen der meisten Fotokameras bis in unsere Zeit


Triplet

Das Triplet - mehr als nur ein Dreilinser

Mit der Entwicklung eines dreilinsigen Anastigmaten durch den Engländer Taylor (Cooke-lens, 1894) begann eine neue Epoche preisgünstiger und dabei dennoch leistungsfähiger Aufnahmeobjektive. Dreilinser haben sich bis in unsere Zeit als gute Universalobjektive behaupten können (Agnar, Apotar, Cassar, Domiplan, Ennagon, Isconar, Kata, Novar, Radionar, Trinar, Trioplan, Triotar u.a.). Die Lichtstärke wurde von anfänglichen 1:6,8 auf zuletzt 1:2,8 gesteigert. Oft als billige Standardoptik verrufen, erwiesen sich vor allem 3-linsige Objektive mit mittellangen Brennweiten für viele fotografische Zwecke als geradezu ideal.

Bei Weiterentwicklungen wurden zusätzliche Linsen mit der Vorder- und/oder Hinterlinse verkittet. Obwohl dann eigentlich 4-Linser, zählen auch solche Objektive zur Gruppe der Triplets: Culminar, Elmar, Primotar, Skopar, Solinar, Tessar, Xenar, Xenagon, Voigtar u.a. Selbst lichtstarke 5 - 7-linsige Hochleistungs-Objektive wie Heliar, Apo-Lanthar, Primoplan, Sonnar, Tachonar gehören zur großen Triplet-Familie.

Tessartyp

Der Tessar-Typ - klassischer Vierlinser

Das 4-linsige Tessar, später als "Adlerauge" beworben, galt fast 100 Jahre lang als Maßstab für ein klar und scharf zeichnendes Aufnahmeobjektiv. Auch dieses Objektiv, das wenige Jahre später von einem Zeiss-Mitarbeiter überarbeitet und 1906 mit einer Öffnung von 1:3,5 neu vorgestellt wurde, basiert auf dem Cook'schen Dreilinser. Es erhielt eine zusätzliche, verkittete Hinterlinse und gehört zur verbreiteten Gattung der "Triplets". Eine detaillierte Vorstellung der Tessar-Objektive zur Exakta finden Sie hier.

Gauss Typ

Der Gauss-Typ - Basis vieler Hochleistungsobjektive

Der Astronom, Mathematiker und Physiker C.F. Gauss (1777-1855) befasste sich auch mit Objektivberechnungen. Unter anderem beschrieb er ein 2-linsiges Fernrohrobjektiv. Darauf baut ein in vielen Varianten gebauter Objektivtyp auf, mit dem bei Standard- und Weitwinkelobjektiven hohe Lichtstärken erreichbar sind (Biotar, Helioplan, Ennalyt, Heligon, Eurynar, Isogon, Planar, Quinon, Xenotar, Nokton, Solagon, Summarit, Ultron). Beim Gausstyp muß sich die Blende zwischen den symmetrischen Objektivhälften befinden.

Dieser Objektivtyp zeichnet sich in den meisten Fällen auch durch seine ausgewogene Abbildungsleistung aus. Kenner setzen diese Objektive gerne in der gestalterischen Fotografie ein (s. auch Bokeh!

Eine etwas ausführlichere und dennoch nicht zu techniklastige Beschreibung dieses Objektivtyps finden Sie auf meiner Steinheil-Seite beim Quinon 1,9/55.

Ein wenig Physik und Optik

Zum Verständnis ein kurzer Ausflug in die Gesetze der Optik. Jede „an Luft grenzende“ Linsenfläche bedeutet einen Verlust an Lichtstärke. Das einfache Linsenglas mit zwei reflektierenden Flächen hat bereits einen Lichtverlust von 10%. Bei 2 Einzel-Linsen sind es schon 20 % usw. Jede einzelne Linse verursacht zudem optische Verzerrrungen – je nach Art von Form und Schliff in die eine oder andere Richtung. Deshalb ist man bestrebt, durch Kombination mehrerer Gläser unterschiedlicher optischer Wirkung Verzerrungen zu beseitigen oder zumindest zu verringern. Je mehr Linsen man kombiniert, desto leichter lassen sich – zumindest in der Theorie – Fehler ausschalten. Allerdings – siehe oben – verringert sich dabei die Lichtstärke drastisch. Um den Lichtstärkenverlust zu minimieren, experimentierte man schon früh mit miteinander verkitteten Linsen (an der Kittstelle ist der Verlust geringer als an Luft). Der Nachteil dieser Methode ist wiederum, dass durch die Verkittung quasi ein neues Doppelglas entsteht welches Korrekturmöglichkeiten wiederum einschränkt.

Für den Optiker der frühen Jahre kam die Berechnung eines zugleich abbildungs- und lichtstarken Objektives der Quadratur des Kreises gleich. Zudem war es damals auch technisch nur sehr bedingt möglich, Linsen in benötigten Krümmungen herzustellen.

Der weite Weg zum modernen Aufnahmeobjektiv

Immer bessere Möglichkeiten zur Herstellung und Bearbeitung optischer Gläser, reflexmindernde Vergütungen sowie computerunterstützte Berechnungsverfahren konnten zwar die Gesetze der optischen Physik nicht ausschalten. Doch wurden mit neuen Glassorten auch die Herstellungsverfahren immer ausgereifter, so dass sich heute Objektive in nahezu jeder nur denkbaren Konstruktion bauen lassen. Aplanat mit SteckblendenAuch die Lichtstärke konnte dank raffinierter Vergütungen mit Werten, wie 1:1 beim Leitz Noctilux oder sogar 0,95:1 bei Canon protzen.

Parallel dazu wurde seit den 1980er Jahren auch das Aufnahmematerial immer leistungsstärker, so dass zuletzt gar nicht einmal mehr die absolut höchste Lichtstärke das Ziel der Objektiventwickler war, sondern Abbildungsleistung und die Flexibilität (Vario-Objektive). Zuletzt kam noch die Miniaturisierung der Kompaktkameras hinzu, die für hochlichtstarke Objektive nötige große Öffnungen ohnehin ausschloss. So gab man sich mit je nach Brennweite floatenden Lichtstärken bis herunter zu 1:6,3 zufrieden, die in den Blütejahren der Fotografie (1930er) nur ein müdes Mitleidslächeln hervorgerufen hätten.


Früher Aplanat mit Steckblenden



Kleine Objektivkunde für Sammler

Wer sich – wie ich – als Sammler nur am Rande seines Hobbys mit konstruktiven Unterschieden bei Objektiven befassen will, kann klassische Aufnahmelinsen in vier Gruppen einteilen:

  1. Sammellinse, Meniskus, Achromat = einfachste Objektivbauweisen
  2. Anastigmate des 3-linsigen Typs in allen Varianten (auch Cooke oder Triplet)
  3. Anastigmate nach dem Gauss-Typ (symmetrische Objektive, meist lichtstark)
  4. Objektive, die eine Kombination aus 2 und 3 darstellen (die Meisten)

Diese Klassifizierung gilt für Aufnahmeobjektive in Normalbauform. Zoom-Objektive (Varioobjektive), die erst seit etwa Ende 1950 allmählich den Markt eroberten, sind generell anders aufgebaut. Für uns Sammler sind unterschiedliche Konstruktionen nicht vordergründig. Es spielt an sich keine Rolle, ob das Objektiv am Vitrinenstück ein Cooke-Triplet oder ein modifizierter Gauss-Typ ist. Anders sieht es dagegen für denjenigen aus, der mit klassischen Objektiven noch fotografieren möchte. Als Liebhaber klassischer Fotogeräte erstaunt es mich eher wenig, dass die Gruppe der Anwender historischer Objektive trotz oder gerade mit digitalen Aufnahmegeräten immer größer wird. Auch wer sich aus diesem Genre auf meine Seiten verirrt, wird nicht allein gelassen. Bei vielen Objektivbeschreibungen gibt es auch den einen oder anderen Tip für Anwender, auf dieser Seite z.B. beim Bokeh.

Doch weil unterschiedliche Bauarten durchaus verschiedene Abbildungscharakteristica haben, ist es auch für den reinen Sammler nicht ganz verkehrt, ein wenig auch darüber zu wissen. Wer speziell im Bereich klassischer Objektive sammlerisch tätig ist oder es werden möchte, braucht weitere Unterscheidungskriterien, die jedoch diese Abhandlung sprengen würden. Abgesehen davon gibt es dafür auch Leute mit ausgeprägterem Fachwissen als ich es besitze.

Wechselobjektive für Systemkameras

Für den Sammler von Systemkameras, die – wie Edixa oder Exakta – mit einer Vielzahl von Objektiven unterschiedlicher Hersteller, Lichtstärken und Anwendungsmöglichkeiten angeboten worden sind, bietet sich ein anderes Sortiersystem in 5 Gruppen an. Nach Objektivbauweise und Anwendungszweck können Objektive wie folgt eingeteilt werden:

  1. Objektive in der Standardbrennweite 45-58 mm, auch Normalobjektiv genannt
  2. Objektive mit kürzerer Brennweite als 40 mm, meist Weitwinkelobjektive
  3. Objektive mit längerer Brennweite ab 75 bis 250 mm, meist Teleobjektive
  4. Fernobjektive mit sehr langen Brennweiten, ab 300 mm
  5. Spezialobjektive, Makro, Weichzeichner, Zoom u.a. und Objektivvorsätze

Weil Zusatzobjektive immer die besondere Domäne der Spiegelreflexen waren, habe ich mich auch auf diesen Einsatzbereich und das Bildformat 24x36 mm der Kleinbildkamera konzentriert. Die Erklärungen treffen meist auch auf andere Bildformate zu, allerdings nicht hinsichtlich der Begriffe Weitwinkel, Normal, Tele usw. Eine Umrechnungstabelle der Brennweiten für unterschiedliche Filmformate finden Sie hier. Bis in die 1950er Jahre wurde die Brennweite vielfach in cm, anstelle der heute üblichen mm angegeben. Da dies optisch eher wurscht ist, verwende ich im Text generell mm. Ansonsten beziehe ich mich auf die Herstellerangabe, soweit mir diese bekannt ist.

Weder Ihagee für die Exakta noch Wirgin für die Edixa – um bei den Traditionsanbietern deutscher Spiegelreflexkameras zu bleiben – betrieben jemals eine eigene Objektivfertigung. Somit haben fast alle bedeutenden Objektivhersteller – und auch viele unbedeutende – Normal- und Zusatzobjektive für diese beiden Anschlüsse gebaut. Hier die Bekanntesten, deren Objektive – zumindest zeitweise – auch im Lieferprogramm von Ihagee und Wirgin angeboten wurden: Angenieux Paris; ENNA München; ISCO Göttingen; Meyer-Görlitz; Rodenstock München; A. Schacht Ulm; Schneider Kreuznach; Steinheil München; Carl Zeiss Jena.

Zu 1 - Normalobjektive

Heligon

FormatdiagonaleDas "klassische" Normalobjektiv der Kleinbildkamera kam meist mit 50 mm Brennweite daher. Dies resultiert daraus, das die jeweilige Brennweite im direkten Zusammenhang mit dem Bildwinkel steht. Dieser entspricht mit etwa 45-50° ungefähr dem Sehfeld eines Homo Sapiens, das damit vom Normalobjektiv aus der Wirklichkeit abgebildet werden kann.

Nach der Faustregel – kürzere Brennweite = größerer Bildwinkel, längere Brennweite = kleinerer Bildwinkel lässt sich denn auch ohne große Rechenkünste die Bildwirkung von Weitwinkel- oder Teleobjektiven erahnen. In welchem Zusammenhang Brennweite und Format stehen, ersehen Sie auch aus der kleinen Grafik Formatdiagonale rechts. Danach wäre die optimale Brennweite für das Kleinbildformat 43 mm.

Weil ein normal gebautes Objektiv auch seiner Brennweite entsprechend kürzer oder länger ist, kommen die 50 mm zugleich dem Tragekomfort entgegen. Ausgenutzt wurden besonders kleine Bauformen von den „Pfannkuchenobjektiven“ mit 40 mm Brennweite, die einstmals selbst Spiegelreflexkameras – wie eine Olympus OM – noch in der Hosentasche verschwinden ließen. Viele Hersteller von Sucherkameras mit fest eingebauten Objektiven verwendeten auch gern 45 mm-Optiken.

Biotar-SchnittbildEine andere Ursache hatte es, dass lichtstarke Normalobjektive für Spiegelreflexkameras früher nur mit 54, 55 oder 58 mm Brennweite erhältlich waren. Dies lag darin begründet, dass die letzte Linse eines lichtstärkeren Objektives bauartbedingt mit der Spiegelbewegung in Konflikt kam. Aus genau diesem Grund waren auch bis in die 1950er Jahre keine kürzeren Brennweiten als 38 mm bei gleichzeitig nur geringen Lichtstärken verfügbar. Erst später konnte man dieses Problem optisch lösen (s. Angenieux).

Eines der wohl exklusivsten Normalobjektive zur Exakta war das Rodenstock Heligon 1,9/50 (Foto oben links) in modifizierter Gauss-Bauweise. Als einem der ersten Hersteller gelang es Rodenstock 1958 ein hochlichtstarkes Spiegelreflex-Normalobjektiv in der Standardbrennweite 50 mm zu bauen. Das seit langem diesen Markt dominierende Zeiss Biotar 2/58 (s. Schnittbild) hatte, wie auch das Primoplan von Meyer, 58mm Brennweite.

Zu 2 - Weitwinkelobjektive

Weitwinkelschnitt Lithagon

Ebenso wie das 50er das „Normale“, war ein 35er das klassische „Weitwinkel“. In den letzten drei Jahrzehnten ersetzte ein 35 mm manchem Fotografen das Normalobjektiv und Weitwinkel begann richtig erst bei 28 mm. Wie schon beschrieben, sind "echte" Weitwinkelobjektive erst seit 1950 für Spiegelreflexkameras erhältlich. Man musste erst einmal darauf kommen - eine Zerstreuungslinse vor einer "normalen" Objektivkonstruktion, gleich ob Triplet, erweitertes Triplet oder Gauss-Typ, erhält auch dessen Schnittweite. Die Schnittweite nämlich, der Abstand zwischen der letzten Objektivlinse und dem Film, war das Problem bei Kleinbild-Spiegelreflexkameras. Bei zu kurzer Brennweite kommt die Hinterlinse mit dem Spiegel in Konflikt. Deshalb war in den SLR-Anfangsjahren bei 38-40mm Brennweite Schluss.

Super Lithagon 1,9/35Pierre Angénieux in Paris war es dann, der mit einer zusätzlichen Linse die Baulänge eines Objektives mit kurzer Brennweite verkürzte. Das „Retrofocus“ entwickelte sich in den Folgejahren zum Prinzip für nahezu alle kurzbrennweitigen Objektive. Fast zeitgleich mit dem Retrofocus baute Carl Zeiss Jena das „Flektogon“ nach dem gleichen Konstruktionsprinzip. Andere Objektivhersteller brauchten paar Jahre, um ohne Patentverletzungen gleichzuziehen. In Westdeutschland schaffte es ENNA als Erster, das Lithagon 4,5/35 war 1954 mit noch spärlicher Lichtstärke erhältlich. Dafür legte Enna 1958 mit dem 9-linsigen Lithagon 1,9/35 nach und bot das damals lichtstärkste Weitwinkel für Spiegelreflexkameras an.

Die Schnittzeichnung eines ENNA Lithagon 3,5/35 zeigt den einfachsten Aufbau einer "echten" Weitwinkeloptik. Ein normales Triplet und in einigem Abstand davor eine große Zerstreuungslinse - fertig ist das Weitwinkel! Die rechte Grafik zeigt das Super-Lithagon 1,9/35 mit 9 Linsen.

Westrogon 4/24

Super-Weitwinkelobjektive, Extrem-Weitwinkel

Während sich bei der Kleinbildkamera die Bezeichnung "Super-" in aller Regel mit einem eingebauten und gekuppelten Entfernungsmesser verbindet, ist der Begriff bei einem Weitwinkelobjektiv nicht so klar zu definieren. In den frühen 1950er Jahren freute sich der SLR-Fotograf schon über die neu zugängliche Brennweite 35mm. Die paar Jahre später erhältlichen 30 und 28mm galten schon als Quantensprung und waren entsprechend "Super", bis ISCO Göttingen 1958 das 24er Westrogon vorstellte.

Spätestens mit diesem Objektiv erblickte auch ein wirkliches "Super-Weitwinkel" das Licht der Welt (den Begriff "Extrem-" schuf man erst etwas später). Andere Linsenschleifer tauften auch ihre 28er gelegentlich so und der gemeine Photoamateur war's zufrieden.

Mit den Jahren wurden die Bildwinkel mit allen optischen Rafinessen immer größer und die zugehörigen Brennweiten immer kürzer. Derzeit ist so um 16mm Brennweite Schluss, bevor die Kugelbildner - auch Fischaugenobjektive genannt - anfangen. Und für Objektive um 20 mm und weniger gilt dann auch schon seit geraumer Zeit die Bezeichnung "Extrem-Weitwinkel"...



Das rechte Bild zeigt das 7-linsige Westrogon 4/24mm, damals für nur kurze Zeit die "kürzeste" Brennweite für Kleinbild-Spiegelreflexkameras.

Die beiden Fotos unten zeigen ein klassisches Weitwinkelobjektiv in "normaler" Bauweise, also keine moderne Retrofocus-Konstruktion. Im Bild links sehen Sie ein Zeiss Biogon 2,8/35 für die Contax; das Schnittbild rechts zeigt ein 8linsiges Biogon 4/21 in Contax-Bauform aus den 1950er Jahren. Diese Bauweise war bis in die 50er Jahre Standard, wenn kürzere Brennweiten als 40 mm für die Kleinbildkamera gebraucht wurden. Sie passten allerdings nicht an die Spiegelreflex, was anhand des linken Fotos unschwer nachvollziehbar ist.

Zeiss BiogonBiogon 4/21 Schnitt

Die Folgejahre bescherten Weitwinkelobjektive mit immer kürzeren Brennweiten. Irgendwo in der Gegend um 18 mm Brennweite ist allerdings Schluss, wenn noch ein unseren Sehgewohnheiten entsprechend unverzeichnetes Bild erreicht werden soll. Objektive mit noch kürzeren Brennweiten – heute bis 7,5 mm – erzeugen meist den sogenannten „Fischaugen“-Effekt, sie verzerren das Bild extrem und haben einen Bildwinkel von 180° und mehr. Ziehen sie also bei der Aufnahme mit solchen Kugelbildnern Ihre Füße ein - sonst sind sie mit auf dem Bild!

Alle Weitwinkelobjektive bilden nicht nur einen größeren Ausschnitt ab als Normalobjektive. Sie vermitteln auch eine größere Raumtiefe als wir sie mit unseren Augen wahrnehmen, im Gegensatz zum Tele „verlängern“ sie die Perspektive. Nur der Vollständigkeit halber sei nochmal erwähnt – es gibt auch Objektive mit kürzeren Brennweiten ohne verkürzte Bauweise, für Spiegelreflexkameras jedoch nur bedingt.

Zu 3 - Teleobjektive

Kine mit Solinear

Auch bei den Objektiven mit längeren Brennweiten gab es einen Standard, vielleicht sogar deren zwei. Das 135er galt als das „Normal-Tele“ während ein 90er oft als Porträtobjektiv eingesetzt wurde. Natürlich bestimmte jeder Fotograf seine Anwendung selbst, trotzdem bildeten sich bei den längeren Brennweiten mit den Jahren einige Standards heraus. Zunächst aber noch eine – praktisch auch eher unbedeutende – Begriffsdefinition:

Kine mit SolinearMan spricht von Objektiven längerer Brennweite oder langbrennweitigen Objektiven, wenn sie optisch wie ein Normalobjektiv konstruiert sind. Dann entspricht auch die Baulänge etwa der Brennweite. Dies machten sich in den 1930er Jahren finanziell nicht so sehr auf Rosen gebettete Exakta-Fotografen zu eigen, die eines der üblichen 135er Objektive von Rollfilmkameras mit einem passenden Tubus versahen. Damit verfügten sie über ein preiswertes und den Original-Zusatzobjektiven optisch durchaus gleichwertiges „Tele“.

In den Fotos sehen Sie eine solche Kombination einer Kine Exakta mit einem durchaus professionell gefassten Agfa Solinear 4,5/135.

Ein „echtes“ Teleobjektiv ist hingegen kürzer gebaut, als es seiner Brennweite entsprechend sein müsste. Dies erfordert – wie beim Weitwinkel – eine oder mehrere zusätzliche Linsen. Teleobjektve sind nur als komplette Einheit verwendbar, während sich die andere Sorte trennen und z.B. als Objektivkopf mit dem Balgen verwenden lässt. Mit den Jahren kamen unzählige Objektive mit längeren Brennweiten auf den Markt; es dürfte einem Sammler schlechterdings nicht möglich sein, alle zu finden. Deshalb hier auch nur eine Übersicht nach Typen:

Telequinar 135Telequinar Schnitt
Brennweite Bauart Besonderheiten
75-80 mm Normal meist mit höheren Lichtstärken (Biotar 1,5/75)
90 mm Normal meist als 3-Linser mit trennbarem Objektivkopf
90 mm Tele Porträt-Tele, kaum länger als Normalobjektiv
100-105 mm Normal 3-Linser, meist als preiswertestes Zusatzobjektiv angeboten
120 mm Normal eher selten, schwer, lichtstark und optisch hochwertig
135 mm Normal wie das 90er meist mit trennbarem Objektivkopf
135 mm Tele Universalobjektiv in vielen Ausführungen und Lichtstärken
150 mm Tele seltene Brennweite, das preiswerteste Tele-Megor
180 mm Normal sehr schwere Objektive, meist relativ lichtstark
180-200 mm Tele quasi der Nachfolger des 135er als Universaltele
240-250 mm Tele Kompromiss in Größe und Brennweite, gerade noch tragbar

Im Foto sehen Sie ein Steinheil Tele-Quinar 2,8/135 im Größenvergleich zu einem Cassar mit 40 mm Brennweite in Normalbauweise. Das Tele-Quinar (daneben im Schnitt) ist eine auch aufgrund seiner hohen Lichtstärke vergleichsweise lang gebaute Telekonstruktion. Andere Teleobjektive, etwa das Rotelar 4/135 von Rodenstock als Extrembeispiel, sind erheblich kürzer.

Teleobjektive bilden nur ein Detail unseres normalen Sichtfeldes ab, zeigen einen Ausschnitt der Wirklichkeit. Zugleich verändern sie quasi die Perspektive, ziehen den Raum sozusagen zusammen, bilden aber nicht alles gleich scharf ab! Im Gegenteil, ihre Tiefenschärfe ist umso geringer, je größer die Brennweite ist. Dies wird gern auch zur Bildgestaltung eingesetzt, indem das Hauptmotiv gegenüber Vorder- und Hintergrund deutlich und scharf abgebildet wird.

Nur der Vollständigkeit halber - ein Teleobjektiv ist kein Zauberwerkzeug. Wenn Sie nämlich in der Dunkelkammer (oder neumodisch mit Photoshop) eine Ausschnittvergrößerung anfertigen, erzielen Sie auch einen dem Telefoto vergleichbaren Effekt. Allerdings setzen Korn, Auflösung oder Pixel Grenzen - was im Detail nicht auf dem Negativ oder Digitalbild vorhanden ist, lässt sich auch nicht vergrößern...

Zu 4 - Fernobjektive

Die sogenannten Fernobjektive waren die Domäne von Sport- und Tierfotografen. Das klassische Fernobjektiv ist ein Objektiv normaler Bauweise, also ein Achromat, dessen Baulänge der Brennweite entspricht. Das optische System der Fernobjektive lässt sich relativ günstig herstellen, allerdings werden die Kostenvorteile bei den Linsen durch die schwere Mechanik wieder ausgeglichen. Die Lichtstärke von Fernobjektiven ist gering, um optische Fehler zu vermeiden, die bei höheren Lichtstärken unvermeidlich wären. In ihrer bildgestalterischen Wirkung entsprechen sie den Teleobjektiven. Diese haben ein zusätzliches optisches Element, das zu einer kürzeren Baulänge führt.

In der praktischen Fotografie wird in der Regel nicht zwischen Fernobjektiven und Teleobjektiven mit Brennweiten über 300 mm unterschieden. Mit zunehmender Brennweite stellen beide hohe Ansprüche an die Aufnahmetechnik und das fotografische Können. Der gemeine „Amateur“ hatte es mit Handhabung und Gewicht nicht leicht, ganz abgesehen vom Kaufpreis dieser langen Tüten zwischen 300 – 1200 mm Brennweite. Meist ist mit ihnen ein Arbeiten ohne Stativ unmöglich, wenn unverwackelte Ergebnisse gewünscht sind. Zudem erfordern sie, bedingt durch geringe Tiefenschärfe, eine punktgenaue Entfernungseinstellung. Bekannte Anbieter waren Kilfitt (Kilar), Meyer-Görlitz (Tele Megor), Novoflex (Noflexar) und Tewe (Telor) sowie Astro und Enna, aber auch Steinheil, Schneider und Zeiss.
Fernobjektive für die Exakta finden Sie hier.

Zu 5 - Spezialobjektive

Wie schon der Gruppentitel aussagt, fallen hierunter Objektive für spezielle fotografische Einsatzbereiche. Trotzdem ist diese Wertung natürlich subjektiv. Wenn etwa jemand sich ausschließlich mit Makrofotografie beschäftigt, sind derartige Geräte für ihn natürlich das Normale... Ganz abgesehen davon, dass man mit etlichen Spezialgeräten durchaus auch „normal“ fotografieren kann. Trotzdem versuche ich hier eine Einordnung dieses heute für uns Sammler besonders attraktiven Genres.

Mikro- und Makroobjektive

In dieser Gruppe finden sich zumindest zwei unterschiedliche Typen: Objektive zur Verwendung mit Zusatzgeräten (Balgen, Mikroskop usw.) und Objektive in einer festen Fassung mit langem Schneckengang zur Naheinstellung.
Zu den ersteren zählen viele Spezialoptiken, die nur mit entsprechenden Zusatzgeräten aber auch unabhängig vom jeweiligen Kamerasystem eingesetzt werden konnten (Lupen- und Mikroobjektive, Objektivköpfe). Hingegen gab es für klassische Kameras spezielle Makro-Objektive nur von wenigen Herstellen, die bekanntesten sind Kilfitt und Novoflex. Schacht Ulm hatte ein Makro-Travenar in einer Spezialfassung, das auch – wie Spezial-Balgenobjektive von Zeiss Jena,ISCO oder Steinheil - ohne diese spezielle Einstellfassung im Balgen verwendet werden konnte.

Alle grossen Kameramarken aus Japan, Canon, Minolta, Nikon, Olympus führten ebenfalls solche Objektive mit Makrofassungen in ihrem Programm. Mehr erfahren Sie auf meiner Spezialseite mit Makroobjektiven für die Exakta.

Das Weichzeichner-Objektiv Imagon

von Rodenstock ist eine ziemlich einzigartige Spezialität, ein Mittel für besondere Fälle. Vergleichbare Effekte konnten auch mit Toth-Linsen, den nach ihrem Erfinder so benannten Weichzeichner- oder auch Soft-Vorsätzen erzielt werden. Dennoch - für besondere gestalterische Effekte in der Werbefotografie ist das Imagon ein wichtiges Hilfsmittel. Auch Satzobjektive, z.B. von Dr. Weth, Berlin oder Staeble sind Spezialinstrumente für besondere Aufnahmesituationen.

Spiegelobjektive

Diese optischen Elemente sind eine Anleihe aus der Astronomie, in der sie als Spiegelteleskope Anwendung finden. Als Alternative zu den Fernobjektiven werden sie seit den 1960er Jahren angeboten. Sie sind zwar kürzer als vergleichbare herkömmliche Objektive, doch genauso schwer und mit nicht immer berechenbarer Abbildungsleistung. Ihre optische Konstruktion läßt keine Blende zu, bei zuviel Licht müssen Graufilter verwendet werden. Aufgrund ihrer Eigenarten konnten sie sich gegenüber langbrennweitigen Teleobjektiven nicht durchsetzen. Das bekannteste Spiegelobjektiv ist die sogenannte "Russentonne", die hochwertigsten Spiegelteles baute wohl Carl Zeiss Jena. In den Blütejahren der Kleinbild-Spiegelreflexkameras wurden sie von nahezu allen japanischen Kamera- und Objektivherstellern angeboten.

Tilt und Shift

Insbesondere für die gegenständliche Fotografie und Architekturaufnahmen gibt es Objektive mit verstellbarer optischer Achse. Mit ihnen ist es möglich, Verzerrungen auszugleichen, wenn die Kamera nicht exakt horizontal oder vertikal in Objektrichtung ausgerichtet werden kann. Hauptaspekt dabei ist die Vermeidung der sogenannten „stürzenden Linien“, die sich bei kürzeren Brennweiten an hohen Fassaden zeigen. Schneider PA-CurtagonDoch lassen sich mit diesen - von den alten Standarten-Kameras entlehnten - Einstellmöglichkeiten auch spezielle Effekte erreichen. Ein vor allem für die Fachfotografie wichtiger und auch hochinteressanter Bereich. Wer darüber mehr wissen möchte, google bitte nach Scheimpflug (Name des Optikers, der diesen Effekt rechnerisch bestimmte).

Das wohl bekannteste Zusatzobjektiv dieser Bauart ist das Schneider PA-Curtagon 1:4/35 (Bild rechts). Dieses Shiftobjektiv ermöglicht durch Verschieben des Nutzformates innerhalb des vergrößerten Bildkreises einen perspektivischen Ausgleich. Es war per lösbarem Adapter für viele Kameraanschlüsse lieferbar. Auch alle großen japanischen Hersteller hatten derartige Objektive in ihrem Lieferprogramm.

Objektiv-Vorsätze und Converter

Auch die zahlreich angebotenen Objektiv-Vorsätze (nicht Filter!) und Converter zähle ich zu dieser Gruppe. Mit ihnen läßt sich zumeist der Effekt eines anderen Objektives emulieren. Ein Nah-Vorsatz gaukelt der Kamera ein Weitwinkel-, der Tele-Vorsatz ein Teleobjektiv vor. Bekannteste Vertreter dieser Gattung sind wohl das Curtar bzw. Longar von Schneider Kreuznach. Diese waren Mitte der 1950er Jahre auch Bestandteil des Objektivsystems der Kodak Retina. Für die Zeiss Contaflex gab es entsprechend die Pro-Tessare 4/35 mm und 4/85 mm. Schon Jahrzehnte vorher waren Objektiv-Vorsatzlinsen im Gebrauch, Tele-Linse (Distare) oder Weitlinse (Proxare). Damit konnten auch die fest in Balgenkameras eingebauten Objektive bedingt mit Eigenschaften von längeren oder kürzeren Brennweiten versehen werden.

Ein Converter hingegen ist ein zusätzliches optisches Element, das zwischen Objektiv und Gehäuse die Brennweite um einen bestimmten Faktor – meist 1,4 / 2 oder 3 fach – erhöht. Weiter gibt es noch Zoom- und Fischaugenvorsätze und was weiß ich sonst noch alles. Allen Zusatzgeräten gemein ist zumindest eine Verminderung der Lichtstärke des Ausgangsobjektives und fast immer erkauft man damit auch eine Verschlechterung der optischen Leistung.

Ob und in welchem Umfange das wahrgenommen wird oder wichtig ist, hängt vom jeweiligen Aufnahmemotiv und Verwendungszweck ab. Für Schnappschüsse, Urlaubsbilder oder Effektaufnahmen sind solche Zusatzdinger meist problemlos. Wer aber qualitativ hochwertige Abbildungen oder gar Vergrößerungen anstrebt, kommt um ein gutes Objektiv mit Festbrennweite nicht herum. Trotz der Leistungsexplosion bei Zoomobjektiven sind diese unter Qualitätsaspekten immer noch die bessere Wahl.

Zoomobjektive

– in der Filmindustrie schon lange als „Gummilinsen“ bekannt, fanden erst spät den Weg zum Kleinbild. Voigtländer ZoomarDas erste Objektiv dieser Art überhaupt war das Voigtländer Zoomar 1:2,8/36-82 mm (Bild). Die selbst für heutige Verhältnisse hohe Lichtstärke wurde mit wuchtiger Bauweise und etwas flauer Abbildung erreicht. Dessen Entwicklung wird oft Heinz Kilfitt zugeschrieben, der auch die bekannten Kilare herstellte. Tatsächlich soll es jedoch von dem Österreicher Dr. Frank Back konstruiert worden sein.

Doch ist dies eine eigene Geschichte für Spezialisten, weil der in die USA ausgewanderte Dr. Bach dort zum Chef von Zoomar aufstieg, dem Unternehmen, dass 1964 Kilfitts Münchener Betrieb kaufte...
Jedenfalls war dieses Zoomar 1959 das erste Standard-Zoom für eine Kleinbild-Spiegelreflex, die Bessamatic mit dem Compur-Wechselbajonett, später auch mit anderen Anschlüssen – u.a. auch für die Exakta.

ENNA München konstruierte kurz darauf das erste Tele-Zoom 1:4/85-250 mm, ein 1,2 kg schweres und für damalige Verhältnisse sündhaft teures Objektivmonster. Danach folgten weitere „Gummilinsen“ Schlag auf Schlag, viele kamen aus Fernost. Europäische Fotografen sahen sie zunächst eher mit Skepsis. Doch nach und nach wurde ihre Variogonoptische Leistung immer besser und es setzte sich die Erkenntnis durch, das Zoom-Objektive auch der Bequemlichkeit dienen. Eine Ausrüstung mit zwei Zoomobjektiven deckte den üblicherweise verwendeten Brennweitenbereich zwischen etwa 35 bis 200 mm auch qualitativ gut ab.

Hier galten in den 1960er Jahren zwei Zoom-Objektive von Schneider Kreuznach als allererste Wahl: das Variogon 1:2,8/45-100 mm und das 14-linsige Tele-Variogon 1:4/80-240 mm (Bild links und Schnittzeichnung).
Bei immer besserem Filmmaterial konnte die geringere Lichtstärke leicht verkraftet Variogonlinsen werden. Dennoch – ein durchschnittliches Normalobjektiv gleich welcher Brennweite ist auch heute immer noch besser als ein gutes Zoom. Selbst wenn man den Objektivherstellern zu der Qualität der heutigen Brennweitenriesen mit 15 und mehr Linsen gratulieren muss.

Breitbildsystem, Stereofotografie

Die Göttinger Tochtergesellschaft ISCO von Schneider Kreuznach hat noch eine besondere Spezialität zu bieten – das ISCORAMA. iscoramaDamit ist es möglich, aus Kleinbild ein Breitwandformat zu machen – allerdings nur bei der Projektion und wenn das 9-linsige Spezialobjektiv mit der eiförmigen Hinterlinse auch bei der Aufnahme eingesetzt wurde.

Verbreiteter als diese Spezialität war schon um die Jahrhundertwende 1900 die plastische Fotografie, meist Stereofotografie oder zuletzt auch 3D genannt. Mittels eines optischen Tricks konnte dabei in der Tat ein dreidimensionaler Bildeffekt erzielt werden. Bei der Aufnahme waren in der Regel 2 gleiche Objektive notwendig, die im Augenabstand von ca. 6,5 cm gleichzeitig zwei Bilder erzeugten. Wurden beide Dias auch mit 2 Objektiven projiziert, entstand ein Raumbild. Für die Betrachtung der Abzüge solcher Aufnahmen waren spezielle Geräte erforderlich. Für die meisten als "Systemkamera" gepriesenen Aufnahmegeräte - Exakta, Leica, Praktina, Retina u.a. - waren Stereo-Objektiv-Vorsätze und teilweise auch spezielle Sucher im Lieferprogramm.

Für diese meist nicht häufig zu findenden Zusatzteile steht der Sammler oft in Konkurrenz mit Anwendern. Die Stereofotografie hat seit jeher enthusiastische Anhänger und ist ein umfangreiches eigenständiges und beliebtes Sammelgebiet.

Available Light - oder von der Lichtstärke

Was dem Manta-Fahrer die PS oder dem prospektgebildeten HiFi-Jünger die Watt-Leistung, war dem gemeinen Fotoamateur die Lichtstärke. "Schnell-Arbeiter" hießen in der fotografischen Frühzeit solche Aufnahmelinsen, die eine relative Lichtstärke wie das Petzval-Objektiv (1:3,7) und besser hatten. Dazu zählten insbesondere die frühen lichtstarken Voigtländer Objektive. Mit diesem Thema ist schon viel Druckerschwärze verbraucht worden. Deshalb auch hier nur soviel dazu, wie für Sammler von Belang.

Die Lichtstärke - früher meist als Verhältniszahl (z.B. 1:2,8) später auch nur mit dem Nenner (2,8) angegeben - bezeichnet das Öffnungsverhältnis des Objektivs in Relation zur Brennweite. Deshalb nannte man sie auch "größte relative Öffnung" des Objektivs.

Taika Harigon Hohe Lichtstärke ist also – wie so Manches im Leben – relativ. Dies trifft in besonderem Maße zusätzlich noch für die verschiedenen Filmformate zu. Gilt bei einer Fach- oder Rollfilmkamera bereits die Maximalblende 3,5 als lichtstark, ist dieser Wert für eine Kleinbildkamera gerade mal der, auf den abgeblendet wird um die Abbildungsleistung des Objektivs zu verbessern. Für Schmalfilmkameras war Alles unter f:2 ohnehin nur Funzelkram.

Also – wieder auf die übliche Kleinbildkamera in ihrer Glanz- und Blütezeit (etwa 1935 bis 1965) bezogen – als lichtstark galt ein Objektiv mit dem Wert f:2 als größter (offener) Blende. Hin und wieder – vor allem bei Teleobjektiven – waren bereits f:2,8 lichtstark und alles darüber „hochlichtstark“. Ob und wie man solche „Lichtriesen“ nutzte, stand natürlich auf einem ganz anderen Blatt. Einsatzbereich und Motiv engen den Rahmen für das Fotografieren bei „voller Blende“ ganz schön ein. Wer im Urlaub seine Strandfotos mit dem teuren Spitzenobjektv 1:1,2 seiner Canon, Minolta oder Olympus bei offener Blende schoss, war bei der späteren Bildsichtung fassungslos. Mancher Fotohändler musste sich schon mit derlei herumschlagen, wenn er die „mangelhafte“ Ausrüstung zurücknehmen sollte.

Trotzdem sind natürlich die „Lichtriesen“ immer ein Glanzlicht – beim Hersteller oder Händler ebenso wie beim Anwender oder Sammler. Dabei spielt es auch keine Rolle, dass jahrzehntelang ein 4-linsiges Tessar 4,5 oder 6,3 das Maß der Dinge in der Abbildungsleistung war und vielleicht noch ist... Auch das erst in den 1950ern zu späterer Spitzenqualität entwickelte Summicron von Leitz ist trotz seiner 1:2,0 nie als „hochlichtstark“ beleidigt worden.



Das Taika Harigon 1:1,2 58mm ist das mit Abstand lichtstärkste Normalobjektiv für die klassische Exakta. Weil auch die Hinterlinse ähnliche Abmessungen aufweist wie die riesige Frontlinse, muss das Objektiv per Außenbajonett mit der Kameras verbunden werden. Da zahlt es sich mal aus, dass die Exakta seit der VX zwei Bajonettanschlüsse hat! Das Objektiv wiegt 460g, dagegen ist ein Pancolar mit 200g ein Leichtgewicht....

Nachtobjektive

Eine Kine-Exakta mit einem Biotar 2/58, Primoplan 1,9/58 oder Xenon 2/50 hingegen wurde gar als „Nacht-Exakta“ verkauft, die entsprechenden Objektive waren „Nachtobjektive“. Es muss also schon etwas Besonderes sein an der Lichtstärke, wie umgangssprachlich die Bezeichnung für das Öffnungsverhältnis von Objektiven lautet. In der Optik ist die Lichtstärke der Quotient aus dem Lichtstrom in einer bestimmten Richtung und dem durchstrahlten Raumwinkel, die Maßeinheit ist Candela. Aha!

Bei unseren Fotoobjektiven ist sie von der Größe der Frontlinse, dem Filmformat und der Objektivbrennweite abhängig. Ein Schmalfilmobjektiv mit 9mm Brennweite und relativ kleiner Frontlinse kann durchaus noch genug Licht auf das Bildfitzelchen liefern, um mit f:1,4 prahlen zu können. Das gleiche Objektiv in einer Kleinbildkamera ließe den Film nur noch eine Funzel erahnen und dürfte allenfalls um f:11 landen. So einfach ist das, natürlich nur theoretisch. Doch erklärt es, warum leistungsstarke Sportobjektive groß, schwer und teuer sein müssen. Alleine am Glas für ein 2,8/300 hat man schon eine Menge zu schleppen. Mehr zum Thema finden Sie bei Interesse z.B. in der Wikipedia.

Die Vergütung

Weil für die enorme Leistungssteigerung ganz erheblich von Bedeutung, will ich auf die eingangs nur kurz erwähnte Vergütung der Objektive, besser deren Linsen, eingehen. Eine Linse vergüten heißt, sie mit einer reflexmindernden Beschichtung zu versehen. Diese darf natürlich die Abbildungsleistung nicht verschlechtern. Es kann also nicht jeder beliebige Mattlack draufgepinselt werden.

Anfangs wurde die Vergütung oft nur als ein Mittel zur Verbesserung der Farbwiedergabe angesehen. Unvergütete Objektive sollten gar schärfer oder brillanter zeichnen. Für manches heute im ebay angebotene alte Leitz Elmar ist „unvergütet“ immer noch ein Verkaufsargument. Objektive konnten nämlich nach Einführung der Vergütung um 1947 im Herstellerwerk nachträglich vergütet werden. Es wurde immer diskutiert, ob sie dadurch an Abbildungsqualität gewannen. Für den Sammler verloren sie ganz simpel an Originalität. Und weil das so oft geschah, sind es auch keine Raritäten...

Tatsächlich war die Vergütung aber ein wichtiges Instrument um Lichtverluste und Streulicht innerhalb der mit immer mehr Glas ausgestatteten Systeme zu verhindern. Zwar hat es schon 1935 auch Kleinbildobjektive mit einer Lichtstärke von 1:1,9 oder gar 1:1,5 gegeben. Doch war deren Abbildungsleistung nicht in allen Fällen fehlerfrei. Lange Jahre haben die Objektivhersteller mit unterschiedlichen Vergütungen experimentiert, manche erwiesen sich als wenig haltbar, machten sogar das Glas für Kratzer oder Pilzbefall empfindlicher. Auch entwickelten sich heftige Diskussionen, ob die Gelb-, Blau-, Violett- oder Rotfärbungen nicht die Farbwiedergabe beeinträchtigen. Doch ist dies Geschichte – vielleicht auch ein Thema für spezielle Sammlerbetätigung, weil die Vergütungen mancher Objektive gleichen Typs farblich unterschiedlich sind. Heutige Objektive sind ohne Vergütung jedenfalls undenkbar.

Die Objektivblende

Ein ausführlicher Teil dieser doch schon so umfangreichen Objektivkunde für Sammler soll der Blende gewidmet sein. Wie schon bei der Lichtstärke angesprochen, wird ein Objektiv für eine jeweils größtmögliche Menge Lichtdurchsatz errechnet. Meist braucht man aber gar nicht so viel Licht – es ist hell und man benutzt einen hochempfindlichen Film. Was tun – eine Möglichkeit wäre ein Graufilter, was in Spezialfällen auch durchaus ratsam sein kann. Jedenfalls muss dafür Sorge getragen werden, dass nur soviel Licht auf den Film gelangt, wie dieser verarbeiten kann. Zum Einen regelt man dies mit dem Verschluss der Kamera, aber das ist ein anderes Thema.

In alle Fotoobjektive ist eine Vorrichtung eingebaut, mit der sich der Lichtdurchsatz regeln lässt – die Blende. In der üblichen Bauform Irisblende genannt, weil sie sich der Augenfunktion bedient, mit mehr oder weniger Öffnung den Lichteinfall zu steuern. Früher schob man dazu Steckblenden, kleine gelochte Täfelchen in einen dafür vorgesehenen Schlitz im Objektivtubus. Einfache, aber auch Spezialkameras verwenden auch andere Konstruktionen, wie fächerartige Gebilde oder Klappen mit unterschiedlich großen Lochdurchmessern.

Bei der Irisblende erfolgt die Regulierung mittels mehrerer Lamellen, die so angeordnet sind, dass sich bei axialem Verdrehen eine mehr oder weniger große Durchlassöffnung ergibt. Sie wurde schon 1887 erfunden und ist seither praktisch unverändert. Die Anordnung wird nun je nach Verwendungszweck und Kameraart mehr oder weniger aufwendig konstruiert und im Idealfall nicht vor oder hinter, sondern zwischen den Objektivlinsen eingebaut – beim symmetrischen Objektiv ist dies sogar zwingend! Bei der optischen Berechnung muss auch dies berücksichtigt werden und kann bei kürzeren Brennweiten und kleinen Bauformen durchaus zu zusätzlichen konstruktiven Problemen führen.

In der seit frühen Kameratagen gebräuchlichen Form der Bedienung eines Gehäuseringes mittels Daumen und Zeigefinger spricht man von der Normalblende (NB), die sich stufenlos zwischen geringster Öffnung (große Zahl) und voller Öffnung (kleinste Zahl) einstellen lässt. Die damit eingestellte Verringerung des Lichtstromes gibt man in Zahlenwerten an.

Blendenwertetabellen

Diese Zahlenwerte entsprachen übrigens nicht immer den heute bekannten Verhältniszahlen, die sich - wie schon die oben beschriebene größte relative Öffnung - alle auf die jeweilige Brennweite beziehen. Im Laufe der Fotogeschichte hat es unterschiedliche Zahlenreihen hierfür gegeben. Hier finden Sie eine Tabelle verschiedener Blendensysteme. Später, als man die Blendenwerte genormt hatte, fügte man für die einzelnen Werte oder Zwischenwerte Rastpunkte ein. Diese konnte sich der geübte Fotograf sogar merken und brauchte den Fotoapparat nicht mehr vom Auge zu nehmen, um die Einstellung zu kontrollieren. Beim 2,8er Objektiv war man nach 4xKlack bei Blende 5,6 und nur noch ¼ der vollen Lichtleistung. Diese Blende heißt Rastblende (RB) und erfüllte bei Sucherkameras auch alle Erfordernisse.

Blendenkonstruktionen bei Spiegelreflexkameras

Für Spiegelreflexkameras, bei denen man bekanntlich das Motiv durch das Objektiv betrachtet, galt es nach intelligenteren Lösungen zu suchen. War nämlich zuvor die gern benutzte Blende 8 eingestellt, ist das Mattscheibenbild nur noch eine Finsternis. Die Kamera unterscheidet eben nicht zwischen Licht für das Sucherbild und Filmbelichtung (Ausnahme-Spiegelreflexen mit zwei Objektiven, wie Rolleiflex). Etwa zu Beginn der 1950er Jahre erhielten einige SLR-Objektive zunächst eine Vorrichtung, die eine Voreinstellung des gewünschten Wertes an einem Anschlag vorsah. Anschliessend wurde die Blende zur Suchereineinstellung wieder voll geöffnet, bevor sie kurz vor dem Auslösen mit einem kurzen Dreh zum Anschlag in die Arbeitsstellung gebracht wurde. Diese Form nannte man Blendenvorwahl (BV). Gelegentlich vergaß der Amateur aber diesen kurzen Dreh....

Die nächste Komfortstufe war dann eine Vorrichtung, die automatisch die Blende gleichzeitig mit der Auslösung auf den vorgewählten Wert schloss. Hierzu baute man einen Federmechanismus ein, der nach jeder Aufnahme mittels eines Spannhebels wieder neu gespannt werden musste. Grundeinstellung war "geschlossen", beim Spannen öffnete sich die Blende auf den Maximalwert. Diese Konstruktion nannte man Springblende, Vorwahlspringblende oder auch automatische Springblende (SB, ASB). Sie wurde Anfang / Mitte der 50er Jahre eingeführt. Zunächst meines Wissens 1952 von Schneider Kreuznach, um 1955 von Zeiss Jena. Dazu musste auch die Kameramechanik verändert, oder – wie bei der Exakta und frühen Edixa’s - die Blendenauslösung mittels eines Auslöserarmes zwischen Objektiv und Kamera übertragen werden.

Schlusspunkt dieser Entwicklung waren die vollautomatische Springblende (VSB, VAB) oder Druckblende (DB), zwei technisch unterschiedliche Lösungen, die aber das Gleiche bewirkten:
Die vollautomatische Springblende (VSB) - wurde um 1957 eingeführt. Dazu wurde die Blendenkonstruktion in der Weise verändert, dass die Grundeinstellung immer "offene Blende" ist. Der schon bekannte Spannmechanismus wurde mit einer zusätzlichen Federspannung automatisiert. Damit springt die Blende bei Betätigung des Auslösers schnell auf den eingestellten Wert um nach dem Auslösen wieder voll zu öffnen. Diese Blendenkonstruktion gilt als die hochwertigste, weil - einwandfreie Funktion der Blendenlamellen vorausgesetzt - der eingestellte Blendenwert mit der Verschlussöffnung erreicht wird. Sie wird gelegentlich, aber nicht ganz korrekt, ebenfalls als Automatische Springblende (ASB) bezeichnet.
Edixa mit AutomatikobjektivHeligon 1,9/50 DBBei der Druckblende öffnet und schließt sich die Iris kontinuierlich entsprechend der Stellung des Auslöseknopfes bis auf den vorgewählten Wert. Sie wurde Mitte der 50er Jahre als Alternative zur VSB eingeführt, von Schneider erheblich früher. Diese Konstruktion ist technisch etwas weniger aufwendig als die VSB. Manche Objektive verursachten damit Belichtungsfehler, weil der Auslösemechanismus der Kamera schneller als der Schließmechanismus der Blende war. Die Blende ist in der Grundstellung ebenfalls offen. Über einen Stößel oder einen Gleitmechanismus werden die Blendenlamellen beim Auslösen kontinuierlich bis zum eingestellten Wert geschlossen.


Das rechte Foto zeigt ein Druckblendenobjektiv mit dem für die Exakta typischen Auslöserarm links oben am Objektiv. Bei den (selteneren) Automatikobjektiven mit M42-Schraubanschluss für die frühe Edixa sitzt der Auslösearm auf der rechten Seite! - linkes Foto.

Dieser Arm verbindet mechanisch die Blendenauslösung im Objektiv mit dem Auslöseknopf der Kamera. Der Mechanismus muss so synchronisiert sein, dass beim Druck auf den Objektivauslöser zuerst die Blende geschlossen und erst dann der Auslösemechanismus der Kamera betätigt wird.


Rodenstock-Druckblende
Die von Rodenstock für seine Automatikobjektive gewählte ungewöhnliche Übertragungsmechanik mit einem kleinen Seilzug wird erst bei der Demontage sichtbar - Foto links.


Im Prinzip sind Druckblende und Springblende aber gleichwertig. Man erkennt die Konstruktion beim Druck auf den Auslösehebel. Springen die Blendenlamellen direkt auf den Einstellwert, ist es eine VSB. Schließt sich die Blende entsprechend dem (langsamen) Druck auf den Auslöseknopf, handelt es sich um eine DB. Meines Wissens baute nur Zeiss Jena in seine Objektive mit Exakta-Anschluss eine VSB ein, während Meyer und die westdeutschen Linsenschleifer auf die Druckblende setzten.

Xenon mit SpringblendeBei Objektiven mit rückseitigem Auslösestift (M42, Praktina oder six) bin ich mir aber auch bei Zeiss Jena nicht sicher. Ich glaube, dabei auch schon Druckblendenobjektive gesehen zu haben, obwohl das eher unwahrscheinlich ist. Denn die Blendenkonstruktion war zumeist unabhängig vom Anschluss. Erst spätere Objektivkonstruktionen wurden speziell für M42 oder six gebaut (z.B. gab es das Pancolar 1,8/50 nicht mehr für den "alten" Exakta-Bajonettanschluss). Doch habe ich mir six Objektive nie so genau angesehen, um hierzu etwas Allgemeingültiges aussagen zu können.





Der Erfinder der Springblende - Schneider Kreuznach - stattete frühe Versuchstypen seines Xenon 2/50 für die Exakta (1948) mit einer automatischen Springblende aus - Foto rechts. Diese erforderte noch eine zusätzlich Auslösung am Objektiv bevor der Kameraauslöser betätigt wurde. Bei der Markteinführung des Xenon 1,9/50 mit dem Exakta-Auslösearm wechselten die Kreuznacher jedoch zur Druckblende.

Als Besonderheit will ich noch die Vorwahl-Springblende von A. Schacht, Ulm, erwähnen. Schacht gehörte zu den ersten Objektivherstellern, die Spiegelreflexobjektive mit einer automatischen Blende auslieferten. Es handelte sich hierbei um eine Vorwahlblende, die aber gegenüber den damals gebräuchlichen Blendenvorwahl-Konstruktionen den Vorteil hatte, nach Druck auf eine Taste am Objektiv den vorgewählten Blendenwert automatisch einzustellen. Diese Blendenvariante ist den Springblendenmechanismen der Objektive von Zeiss Jena vergleichbar, die dort aber erst 1955 eingeführt wurden.

Allerdings sind diese frühen Schacht-Springblendenobjektive nicht mit dem Kameraauslöser gekuppelt. Der dazu bei der Exakta erforderliche Auslöserarm ist erst ab 1956 auch bei Schacht-Objektiven zu finden. Für M42-Kameras mit der damals eingeführten Blenden-Innenauslösung lieferte Schacht ab etwa 1956 passende Objektive.

Für den SLR-Sammler sind also folgende Blendenausführungen verfügbar:

  • Normalblende (NB)
  • Rastblende (RB)
  • Vorwahlblende (BV)
  • Vorwahl-Springblende (nur von A. Schacht, Ulm)
  • (automatische) Springblende (SB, ASB)
  • vollautomatische Druckblende (DB)
  • vollautomatische Springblende (VAB, VSB)
  • Bei den Automatikblenden entschieden sich die Hersteller in der Regel für jeweils ein System, die meisten für die Druckblende. Carl Zeiss Jena verwendete die vollautomatische Springblende, die dort auch entwickelt wurde.

    Für die elektronisch gesteuerten (Sucher-)Kameras wurde die Blendenmechanik weiter verkompliziert, teils mit Steuerung über einen kleinen Motor, teils mit neuartigen Blendenkonstruktionen. Eine weitere Besonderheit bei Spiegelreflexkameras der späten 1950er und 1960er Jahre mit Zentralverschluss ist der vom Verschlusshersteller Deckel (Gauthier/Compur) mit dem sogenannten "Deutschen Einheitsbajonett" entwickelte Verschluss. Dieser ist ebenfalls mit einer automatischen Blende ausgestattet. In meiner Seite der Kameras der 1950er Jahre können Sie dazu mehr erfahren.

    Tiefenschärfe oder Schärfentiefe

    Eine aufnahmegestalterisch bedeutsame Wirkung der Blende, technisch eher nebensächlich, will ich hier nicht verschweigen - die Tiefenschärfe oder auch Schärfentiefe. Von vielen Amateurknipsern wurde sie oft gar nicht beachtet, obwohl die meisten Kamera- und Objektivhersteller einigen Aufwand auf die übersichtliche Tiefenschärfenanzeige verwendeten. In jedem Kamerafachbuch, auch in Bedienungsanleitungen finden sich umfangreiche Tabellen mit Schärfenwerten.

    Die TS ist eine optische Eigenart, durch die Bildpunkte außerhalb des Schärfenbereichs auf der Filmebene Zerstreuungskreise ergeben, die vom Film nicht mehr als einzeln abbildbare Elemente aufgelöst werden. Dadurch wird – unabhängig von der Scharfeinstellung auf ein Objekt in bestimmter Entfernung - auch noch der Vorder- und Hintergrund in gewissem Rahmen als scharf empfunden.

    Die TS ist abhängig von der eingestellten Blendenzahl und Entfernung und gilt auch nur für die jeweilige Objektivbrennweite. Sie bewirkt bei kleinerer Blende (z.B. 11) einen größeren und bei größerer Blende (z.B. 4) einen kleineren Schärfenbereich. Hierfür gibt es viele Tabellen und auch Rechenscheiben, die diese Werte in Bezug zu der jeweils gewählten Einstellung bringen. Beispiel für ein 50 mm Kleinbildobjektiv, Entfernungseinstellung jeweils 10 m: Blende 2,8 = Schärfentiefe zwischen 6,8 ... 18 m; Blende 8 = Schärfentiefe zwischen 4,3 m und oo.

    Tiefenschärfen-RechnerTiefenschärfenrechnerTiefenschärfenrechnerDrem-TS-Scheibe
    Rechentabellen für die Tiefenschärfe


    Diese Eigenart nutzten einfache Kameras wie die Box oft als Festeinstellung (Fixfocus), bei der zwischen 2 m und unendlich praktisch alles scharf abgebildet wird, weil die Lichtstärke ohnehin nur 1:9 oder 1:11 betrug. In der gestalterischen Fotografie wird oft entgegengesetzt gedacht und mit hohen Öffnungszahlen eine begrenzte Schärfentiefe angestrebt, die das eigentliche Motiv in den Mittelpunkt rückt, während Vorder- und Hintergrund in Unschärfe verschwimmen. Längere Brennweiten unterstützen diesen Effekt, während Weitwinkelobjektive einen sehr großen Schärfenbereich haben (daher auch die Vorliebe für ein 35er bei Schnappschüssen).

    BOKEH

    Obwohl jemand, der mit der klassischen Analogfotografie groß und alt geworden ist, bei diesem Begriff eher ein müdes A..backenrunzeln empfindet, will ich mich mit diesem vermeintlich neumodischen Kram nun doch ein wenig auseinandersetzen. Auch ein Sammler wird in Fachgesprächen über seinen historischen Objektivbestand mit diesem Thema konfrontiert, ob er dies will oder nicht. Zur Verdeutlichung dessen, was ich darunter verstehe, zeige ich auch zwei Bildbeispiele. Diese wiederum mögen dem modernen Bokeh-Fan ein gelangweiltes "Na und" entlocken, zeigen jedoch wie ich meine eindrücklich die unterschiedliche Wiedergabecharakteristik zweier völlig unterschiedlicher Objektivkonstruktionen.

    Das erste der beiden nachstehenden Bilder wurde mit einem klassischen Biotar 1,5/75 bei offener Blende aufgenommen. Vom gleichen Standort und bei gleicher Umgebungsbeleuchtung stammt das zweite Foto mit einem Olympus-Digital-Zoomobjektiv bei ebenfalls offener Blende und 42 mm-Brennweite. beide Fotos mit einer Olympus-Digital-SLR. Scharfgestellt wurde in beiden Fällen auf den vorderen Blütenzweig, Aufnahmeentfernung 5m. Von den im Gesamtformat etwas unterschiedlichen Originalbildern sind ohne weitere Bearbeitung mit einem Bildprogramm gleich große Ausschnitte gebildet worden. Ich denke das Ergebnis bedarf keiner Erläuterung.

    Eher außerhalb traditioneller Foto-Fachkreise begann Mitte der neunziger Jahre eine Diskussion über "gutes oder schlechtes Bokeh" fotografischer Objektive. Unter den von immer neuem technischen Schnickschnack zur Fotografie verleiteten Fotofreaks verbreitete sich zunehmend Enttäuschung über langweilige Bildergebnisse mit den teuren Multiautomaten und Digitalkameras. Irgendwie berührte es den Fotoamateur neuen Typs zutiefst. Warum waren alte Fotos aussagestärker - trotz aller technischen Perfektion, optimaler Belichtung und detailgetreuer Abbildungsschärfe moderner Fotogeräte??? Wie immer bei sowas - weil man sich die eigene Unzulänglichkeit nicht eingestehen mag, wurden technische Erklärungen gesucht. Mit zugleich globaler gewordener Sichtweite fand sich in Japan - seit geraumer Zeit ja das Fototechnikland schlechthin - ein klangvolles Wort, das als Basis für die neue Geschwätzigkeit gut herhalten mochte - das Bokeh.

    Eine grundlegende neue fototechnische Erkenntnis? Wohl eher nicht! Zu allen Zeiten fanden die Bildergebnisse guter Fotografen Bewunderung. Sowas musste doch auch dem engagierten "Digitalknipser-Aufsteiger" ohne massiven Photoshop-Einsatz mit aktueller Technik möglich sein! Klassisch wurden solche aussagekräftigen Bilder mit "strahlende Lichter", "phantastische Bildwirkung" oder ähnlich beschrieben. Fotogebildete Amateure benutzten in alten Zeiten für sowas auch gern Vorsätze, wie Weichzeichner, Gitterfilter oder dergleichen. Profis arbeiteten auch mit Spezialobjektiven, wie dem Rodenstock Imagon. Wer sich richtig gut auskannte, setzte 3-Linser, wie Trioplan oder Triotar, oder auch lichtstarke Gauss-Konstruktionen, z.B. ein Biotar oder Heligon, gezielt ein.
    Nicht von ungefähr erleben klassische Objektivkonstruktionen mit derartigen Bildwirkungen derzeit eine Renaissance.

    Biotar 1,5Wie schon im vorherigen Absatz zur Tiefenschärfe beschrieben, hält die gestaltende Fotografie den Vorder- und/oder Hintergrund gerne bewusst unscharf um die Aufmerksamkeit auf das Hauptmotiv zu lenken. In den unscharfen Bereichen - außerhalb der jeweiligen Schärfentiefe - zeichnen manche Objektive bei entsprechendem Aufnahmelicht viele helle Kreise, andere Objektive auch andere Formen. Auch Farbe oder Kontrast können Unterschiede zeigen, ebenso der Übergang vom scharfen in den unscharfen Bildbereich. Diese unterschiedlichen Erscheinungsformen der unscharfen Bereiche als auch die Art und Qualität des Übergangs wird nun seit einiger Zeit als das Bokeh eines Objektives beschrieben.

    Je nach Objektiv kann dieser Übergang zwischen unscharfem Vordergrund und unscharfem Hintergrund also verschieden ausfallen. Manchmal geht eine als angenehm empfundene Wiedergabe des Hintergrundes mit einer unschönen des Vordergrunds einher (oder umgekehrt). Dieses "Bokeh" ist jedoch keine fest definierbare optische Größe, sondern eine ausgesprochen subjektive Empfindung. Zudem ist es in hohem Maße vom jeweiligen Motiv abhängig. Bei der üblichen Urlaubsstrandaufnahme sind die Bokeh-Bemühungen meist vergebene Liebesmüh'... Gerade weil es gar nicht oder nur schwer messbar ist, wird kontrovers darüber diskutiert.

    Viele Fotografen mit einiger Erfahrung verwenden nach subjektiven Kriterien Objektive mit "gutem Bokeh". Dabei denken sie im Einzelfall vielleicht gar nicht darüber nach, warum genau sie ein bestimmtes Objektiv gegenüber einem von den technischen Leistungsdaten her ansonsten gleichwertigen Objektiv bevorzugen: „es macht einfach schönere Bilder“. Dies wiederum ist auch keine ganz neue Erkenntnis...

    Objektivtechnik und Bokeh - Zerstreuungskreise

    Die schon in der Fotoklassik bekannte Tiefenschärfenwirkung ist wohl der geschichtliche Vorläufer des modernen Bokeh. In beiden Fällen sind die "Zerstreuungskreise" verantwortlich für die Wirkung. Normalerweise ist für die fotografische Abbildung ein eindeutig definierter Punkt (moderner könnte man auch Pixel sagen) als Bildschärfe erwünscht. Wird dies erreicht, und die auftreffenden Lichtstrahlen verursachen nicht gleichzeitige Lichthöfe daneben, hat das Objektiv auch eine hohe Brillanz. Die meisten Objektive sind dafür konstruiert (Tessar!) dies optimal zu erreichen. Wird das Objektiv nicht auf optimale Schärfe konstruiert, also der Bildpunkt zu Lasten der Auflösung etwas vergrößert, erzielt man einen höheren Kontrast.

    Unabhängig davon wird aber außerhalb der Schärfenebene (also des Bereiches, auf den die Entfernung korrekt eingestellt wurde) jeder Lichtpunkt mehr oder weniger unscharf. Je weiter der Punkt von dieser Schärfeebene entfernt liegt, umso größer wird der Zerstreuungskreis. Bei extrem scharfzeichnenden Objektiven bleibt diese optische Normalität außer Betracht, weil technisch ohnehin unlösbar und in der Praxis meist bedeutungslos wenn absolute Scharfzeichnung (z.B. bei Sachaufnahmen) gefordert wird. Nichtsdestoweniger wird diese Zerstreuung aber von jedem Objektiv im Bild erzeugt. Je nach Konstruktion kann diese ring-, scheiben- oder kastenförmig sein oder andere geometrische Formen annehmen und ist gleichmäßig erleuchtet, im Bildzentrum oder in der Nähe des Bildrandes heller. Meist tritt sie in der Form der Blenden- oder der Eintrittsöffnung des Objektivs auf.

    Weil das Bokeh (s. oben) eher eine subjektive Empfindung ist, können Objektiveigenschaften für ein "angenehmes Bokeh" nicht eindeutig definiert werden. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass dafür überhaupt jemals eine messbare Größe, wie etwa die Filmempfindlichkeit in ASA oder DIN zu finden sein wird. So bleiben die technischen Auslösefaktoren für das Bokeh weitgehend im spekulativen Raum. Dennoch einige Erklärungsversuche:

    Anzahl oder Form der Blendenlamellen

    Vielfach wird die Irisblende als Bokeh-Urheber gesehen. Anzahl und Form der Blendenlamellen sollen ein nebliges oder hartes Bokeh verursachen. Natürlich spielt dabei - und das ist sogar technisch belegbar - die Größe der Abblendung eine Rolle. Diese steht dann wiederum in Korrelation zur Leistungsfähigkeit des Linsensystems. Mit Zunahme der Anzahl der Blendenlamellen kann eine fast kreisrunde Blendenöffnung ohne Zacken erreicht werden. Diese soll für ein wenig auffälliges Bokeh verantwortlich sein. Werden weniger Lamellen (meist bei Automatikobjektiven) eingebaut, gibt man diesen gern eine ausgeklügelte Form, damit die Pupille bei allen Blendeneinstellungen der Kreisform möglichst nahe kommt. Zweifellos ist diese technische Eigenart mit verantwortlich für die Formgebung der Zerstreuungskreise im Unschärfebereich.

    Olympus Digital

    Objektivbauweise

    Daneben spielen natürlich die Baulänge des Objektivs und die Form und die Anzahl der Linsen eine Rolle. Generell sind Zoomobjektive oder kurz gebaute Teleobjektive gegenüber normalen klassischen Bauformen im Nachteil. Man spricht von normaler Bauform, wenn die Baulänge der Brennweite entspricht. Was nun das Bokeh betrifft, muss der prinzipielle technische Nachteil sich nicht unbedingt praktisch auswirken, es gibt auch Zoomobjektive mit ausgezeichneter Bildwiedergabe. Grundsätzlich empfinden viele Fotografen das Bokeh klassischer Objektive normaler Bauart als angenehm, wenn sie nicht andere Eigenschaften wie Schärfe oder Kontrast anstreben. Hier treffen sich nun die Bewertungen moderner und klassischer Fotografen, dass Scharfzeichner wie das Tessar sich für die malerische Bildgestaltung nicht sonderlich gut eignen, ein "schlechtes Bokeh" erzeugen. Andererseits sind die eher auf Lichtstärke konstruierten Gauss-Objektive, wie das Biotar, Dreilinser, alte Doppel-Anastigmate oder Plasmate für das "gute Bokeh" zuständig.

    Konstruktive Eigenheiten der Objektive

    Aus vorgenannten Gründen werden deshalb den nach den Gesetzen klassischer Optik eher hervorragenden Nikon- und Canon-Objektiven oder auch dem guten alten Tessar oder Elmar ein "unruhiges Bokeh" zugesprochen. Also - auf extreme Schärfe optimierte Objektive sind einem ausgewogenen Bokeh (was immer man subjektiv darunter auch verstehen mag) eher abträglich. Hingegen wird Objektivherstellern, die eine ausgewogene Farbwiedergabe und guten Kontrast für ihre Objektivrechnung bevorzugten eine bessere Bokeh-Benotung gegeben. Hierzu zählen etwa Leica und Minolta. Zeiss-Objektive wiederum gelten von ihrer Konstruktion her als zu techniklastig, um für ein "weiches Bokeh" herhalten zu können.

    Dies gilt, soweit ich das zu beurteilen vermag, in der Regel für ältere Objektivbauweisen, die noch auf manuellen Rechnungen beruhen. Seit den 1990er Jahren werden Objektve hingegen bei allen Herstellern mit Computerprogrammen errechnet und auch die Gläser entsprechend optimiert. Herstellerspezifische Spezialitäten lassen sich seither kaum noch feststellen, vielleicht auch weil für die Digitalfotografie andere Anforderungen an ein Objektiv gestellt werden. Objektive aller Hersteller überzeugen seither die Bokeh-Fans nicht mehr, mit Ausnahme einiger Spezialversionen bei denen sich der Konstrukteur andere Ziele gesetzt hat. Es gibt mittlerweile auch Objektive mit "einstellbarem Bokeh", praktisch verändert man darin mit einer oder mehreren verschiebbaren Linsen die optische Korrektur.

    Auswirkung von Lichtstärke, Brennweite

    Allgemein wird lichtstarken Objektiven ein angenehmes Bokeh zugestanden, insbesondere dann, wenn sie viele Blendenlamellen haben. Dies liegt vor allem auch daran, dass bei großer Blendenöffnung keine oder nur geringe Schärfentiefe vorhanden ist und deshalb der Unschärfebereich deutlicher zutage tritt. Außerdem ist die Bildzeichnung bei hohen Lichtstärken weicher, was wiederum nicht für nur den Bokeh-Fan von Bedeutung ist. Die Blendenform kommt hier natürlich nur bei Abblendung zur Wirkung.

    Ganz besonders finden nach diesen Kriterien auch die sogenannten Porträtobjektive mit Brennweiten um 100 mm ihre Anhänger. Dabei ist die Erkenntnis gar nicht mal so neu, dass die mittleren Brennweiten ein ausgezeichneter Kompromiss sind zwischen Objektivgröße und -gewicht, geringerer Schärfentiefe und räumlicher Darstellung des Bildmotivs sind.

    Zusammenfassung: gutes oder schlechtes Bokeh

    Das Bokeh bezieht sich - soweit ich den Denkansatz richtig verstanden habe - auf den Übergangsbereich im Bild zwischen der (scharfen) Motivebene und dem unscharfen Rest, also Vorder- und Hintergrund. Mit dem Bokeh wird nun beschrieben, wie dieser Unschärfebereich auszusehen hat oder aussieht, etwa weich oder hart, ruhig oder unruhig. Jenseits aller subjektiven Empfindungen kann man doch ein paar allgemeingültige Grundsätze finden. Diese wiederum lassen sich - im Leben ist ja alles relativ - unterschiedlich interpretieren.

    Unabhängig vom Bokeh haben sich Fotografen mit mehr oder weniger hohen Ansprüchen an eine ausgewogene Bildwiedergabe immer auch mit der (vermeintlichen) Objektivqualität auseinandergesetzt, wenn sie mit dem fotografisch Erreichten unzufrieden waren. Schlechte Ergebnisse bemerkt eigentlich fast Jeder. Nicht immer ist die Ursache für ein schlechtes Bild das Objektiv. Andererseits gibt es auch viele gute Objektive mit schlechtem Bokeh und vermeintlich schlechte Objektive mit gutem....
    Allgemein lässt sich demnach wohl sagen, dass hochlichtstarke Objektive die nicht maximal auskorrigiert werden können - meist ältere Bauweisen - gutes Bokeh aufweisen. Objektive mit grosser Verzeichnung (extreme Weitwinkel oder Tele, Universal-Zooms) werden dagegen keine Freunde von Bokeh-Fans. Auch ausgesprochene Scharfzeichner oder Makroobjektive - nie Lieblingsobjektive von Freunden der gestalterischen Fotografie - werden sicher auch keine Bokeh-Renner. Hingegen liegen hier auch klassische Triplets, symmetrische Objektive oder kurze Teleobjektive mit geringerer Lichtstärke im eher grünen Bereich.


    Tabellarische Übersicht einiger bekannter klassischer Objektive

    Die Tabelle vermittelt eine Auswahl bekannter Objektivnamen. Die Datenangaben sind nur eine Momentaufnahme, weil viele Objektive in ihrer oft langjährigen Bauzeit überarbeitet und teilweise neu gerechnet wurden. Dabei veränderten sich ihre optischen Eigenschaften zum Teil erheblich. Moderne Objektive, insbesondere aus fernöstlicher Fertigung, habe ich nicht berücksichtigt. Dies ist, ebenso wie meine Beschränkung auf nur wenige Typen, kein Qualitätskriterium! Wenn es um die fotografische Anwendung geht, gibt es viele andere Objektive hoher Qualität - auch von kleineren Herstellern.

    Objektiv Hersteller Lichtstärke Brennweite Typ Linsen
    Adoxar ADOX 4,5 / 6,3 10,5 cm Cooke-Anastigmat 3
    Angulon Schneider 6,8 90 .. 210 Weitwinkel-Anastigmat 6
    Astrar ASTRO 2,7 30 ...150 Anastigmat unsymm. 4
    Apotar AGFA 4,5 105 mm Cooke-Anastigmat 3
    Bilinar AGFA 11 100 mm Periskop 2
    Bis-Telar Busch 7 / 9 18-55 cm Fernobjektiv, Tele 4
    Biogon Zeiss Jena 2,8 35 mm lichtstarker Anastigmat 4
    Biotar (hist.) Zeiss Jena 1,8   Anastigmat unsymm. 5
    Biotar Zeiss Jena 1,4 5 cm Gauss-Typ 6
    Biotar Zeiss Jena 2 5,8 cm Gauss-Typ 6
    Cassar Steinheil 2,9 ... 5,8 5 .. 70 cm Cooke-Anastigmat 3
    Coronar Friedrich 6,3 … 6,8 10,5 .. 40 cm symm. Doppel-Anastigmat 4
    Corygon Friedrich 2,8 ... 6,3 4 ... 13,5 cm Cooke-Lens 3
    Culminar Steinheil 3,5 / 4,5 5 … 7,5 cm Triplet verk. Vorderlinse 3
    Ektar Kodak 1,9 / 2 4,5 / 5 cm Doppel-Anastigmat  
    Elmar Leitz 3,5 35 mm Ww.-Anastigmat unsymm. 4
    Elmar Leitz 3,5 5 cm Cooke-Triplet, wie Tessar 4
    Elmar Leitz 4 9 cm Cooke-Anastigmat 4
    Elmax (hist) Leitz 3,5 5 cm Anastigmat unsymm. 4
    Eurygon Rodenstock 4,5 21 .. 60 cm Cooke-Lens 3
    Extra-Rapid Rodenstock 7,7 14 .. 48 cm Aplanat 4
    Fernobjektiv Zeiss Jena 8 50 cm Achromat 2
    Frontar Goerz 9 5 .. 13,5 cm Box-Achromat 2
    Heliar Voigtländer 2,8 .. 4,5 5 .. 13,5 cm Triplet verk. Vorder- u. Hinterlinse 5
    Igestar Agfa 5,6 ... 8,8 75 mm Cooke-Anastigmat 3
    Imagon Rodenstock 5,8 17 .. 48 cm Tiefenbildner Achromat 2
    Kilar Kilfitt 3,5 15 cm Fernobjektiv 3
    Tele – Kilar Kilfitt 5,6 30 cm Teleobjektiv 4
    Tele – Kilar Kilfitt 5,6 60 cm Teleobjektiv 5
    Kino Plasmat Meyer 1,5 1,25 .. 9 cm Doppel-Anastigmat unsymm. 6
    Makro Plasm. Meyer 2,7 10,5 cm Doppel-Anastigmat unsymm. 6
    Novar Zeiss Ikon 6,3 7,5 .. 10,5 cm Cooke-Lens 3
    Olor Berthiot Paris 5,7 .. 6,8 4 .. 60 cm Triplet (Tessar-Typ) 4
    Oppar Agfa 4,5 5 .. 9,5 cm Anastigmat 4
    Planar (hist.) Zeiss Jena   7,5 .. 12,5 symm. Doppel-Anastigmat 6
    Plasmat Meyer 2,7   modif. Gauss-Typ 6
    Pololyt Laack 3,5 .. 6,3 3,9 .. 36 cm Cooke-Lens 3
    Primoplan Meyer 1,9 5,8 .. 10 cm Cooke-Typ m. Zusatzglied 5
    Primotar Meyer 3,5 7,5 .. 18 cm Cooke-Typ 4
    Protar (hist.) Zeiss Jena 6,3 .. 12 54-590 mm Anastigmat unsymm. 4
    Quinar (hist.) Steinheil 1,8 .. 2,5   Anastigmat, Cooke-Typ 5
    Radionar Schneider 2,9 .. 6,3 5 .. 13,5 cm Cooke-Lens 3
    Skopar Voigtländer 3,5 / 4,5 5 .. 18 cm Cooke-Typ 4
    Color-Skopar Voigtländer 2,8 / 3,5 5 .. 10,5 cm Cooke-Typ (extrem scharf) 4
    Solinar Agfa 3,5 50 – 105 mm Cooke-Typ 4
    Sonnar Zeiss Jena 1,4 .. 4 5 .. 13,5 cm modif. Gauss-Typ 7
    Summar Leitz 2 5 cm Gauss-Typ 6
    Summarex Leitz 1,5 8,5 cm modif. Gauss-Typ 7
    Summarex Leitz 1,5 5 cm modif. Gauss-Typ 6
    Summitar Leitz 2 5 cm modif. Gauss-Typ 7
    Trioplan Meyer 2,8 / 2,9 5 .. 10,5 cm Cooke-Lens 3
    Triotar Zeiss Jena 3,5 .. 5,6 5 .. 13,5 cm Anastigmat unsymm. 3
    Trioplan(hist.) Wächter 4,5   Gauss-Typ 6
    Triplet (hist.) Zeiss Jena     symm. Periscop 5
    Ultar Minox 3,5 15 mm Triplet m. Zusatzglied 5
    Univ.-Heliar Voigtländer 4,5   Porträt-Objektiv (weichz.) 5
    Voigtar Voigtländer 6,3 10,5..13,5 cm Cooke-Lens 3
    Voigtar Voigtländer 3,5 / ,5 7,5 .. 10,5 Cooke-Lens 3
    Xenar Schneider 3,5 .. 5,5 4,5 .. 30 cm Cooke-Typ 4
    Xenar Schneider 2,8 5 cm modif. Cooke-Typ 5
    Xenon Schneider 2 5 / 8 cm Gauss-Typ 6

    Bewusst habe ich die in anderen Veröffentlichungen genannten Angaben wie „5 Linsen in 3 Gliedern“ und den Bildwinkel weggelassen. Wie eingangs erwähnt, werden bei einem Großteil der üblichen Aufnahmeobjektive einzelne Linsen zu „Gliedern“ miteinander verkittet. Dem Fachmann vermittelt diese Angabe eine zusätzliche Information über den Objektivaufbau und damit den Abbildungs-Charakter der jeweiligen Konstruktion. Für uns Sammler ist Derartiges verzichtbar, weil es wenig bei der Strukturierung einer Sammlung weiterhilft.

    Die Anzahl der in einem Objektiv verbauten Linsen war mir immer ein hinreichender Anhaltspunkt. Es erschien mir auch nie bedeutsam, ob mein Nachtobjektiv nun eine Gauss-Konstruktion oder ein erweitertes Triplet ist. Der Bildwinkel ist ohnehin brennweiten- und nicht typenabhängig und bis auf +/- 1° bei Objektiven gleicher Brennweite und für die jeweilige Filmgröße identisch. Wer mehr Informationen wünscht, verfügt meist auch über die nötige detaillierte Fachkenntnis und kann sich in der Literatur oder im Internet zusätzliche Informationen verschaffen.

    Nur wenige dieser Objektive sind nur für einen Kameratyp und eine Brennweite entwickelt worden. Deshalb müsste eine Auflistung aller Objektive nach der Brennweite erfolgen und zusätzlich die Modifikationen während der Bauzeit beinhalten. Dies ergäbe ein Werk vom Umfang eines Brockhaus ... Deshalb dürfen Sammler auf diesem Feld der Fotooptik keine Perfektionisten sein und müssen sich auf Ausschnitte der Entwicklung beschränken. Welchen Umfang der Versuch einer nur halbwegs vollständigen Zusammenstellung dabei annehmen kann, können Sie aus der Zeiss Jena – Übersicht für Objektive mit Exakta-Bajonettanschluss in meiner Exakta-Objektiv-Seite erkennen. Allein das Tessar ist in seiner 100jährigen Geschichte in unzähligen Ausführungen und in allen nur denkbaren Brennweiten gefertigt worden. Dabei gab es kleine und große Serien und sogar Einzelfertigungen auf Bestellung.

    Meine Objektiv-Übersicht vermittelt demnach nur eine winzige Auswahl aus dem riesigen Objektiv-Sortiment der Fotogeschichte. Wer mehr darüber erfahren will, sei auf die hervorragenden Zusammenstellungen von Hartmut Thiele „Datensammlung zur Photooptik“ 1849 – 1999 oder KADLUBEKS Objektiv-Katalog (Edition PHOTODeal) verwiesen.

    M42-Objektive

    M42-Blendenauslösung

    Das Anschlussgewinde der M42-Objektive (auch Pentax/Praktica genannt) passt für viele Kameras mit diesem Anschluss, wie Asahi Pentax SP/ES, Chinon, Contax/Pentacon, Edixa, Fujica ST, Mamiya/Sekor TL/SX, Olympus FT, Praktica/Praktiflex FX, Ricoh, Voigtländer Bessaflex TM und VSL 1 TM, Yashica J/TL und viele mehr.
    Canon, Contax, Konica, Minolta, Nikon und Yashica haben für ihre Bajonettanschlüsse M42-Adapter vertrieben, mit denen M42-Objektive verwendet werden können. Viele unter den Namen Porst oder REVUE (Foto Quelle) vertriebenen Cameras verwenden diesen Objektivanschluss. Auch für die meisten modernen Digital-SLR's sind Anschlussadapter für M42-Objektive erhältlich. Die beiden verbreitetsten Objektivanschlüsse der frühen Nachkriegsjahre - Exakta VX-Bajonett und M42-Schraubgewinde - lassen sich unter- und miteinander für den normalen Fotogebrauch nicht adaptieren, weil Objektivdurchmesser und Anschlussmaß nicht harmonieren. Falls doch gelegentlich mal ein Adapter angeboten wird, ist dieser nur für Makro verwendbar und keine Unendlichfokussierung damit möglich.

    Das Foto zeigt den kamerainternen Auslösemechanismus für die Springblende (s. weiter oben bei den Blendenkonstruktionen) - hier bei einer frühen Praktica FX.

    Zur exakten Beschreibung des M42-Objektivanschlusses gehören noch zwei weitere technische Daten: M42 bezeichnet das metrische Maß für den Außendurchmesser des Schraubgewindes (42 mm), die Gewindesteigung ist hier 1 mm (Höhe pro Umdrehung). Will man es genau ausdrücken, nennt man dies "M42x1". Das Auflagemaß, also der Abstand zur Filmebene beträgt 45,46 mm bei allen Kameras mit diesem Objektivanschluss.
    Gelegentlich wird dieser Anschluss mit dem T2-Adapteranschluss verwechselt, der über den gleichen Durchmesser verfügt, jedoch bei einer Steigung von 0,75 mm und einem Auflagemaß von 55 mm. Die Differenz zum Kameraanschluss gleicht der jeweilige T2-Adapter aus.


    Posted 2007/09/02 last update 2019/07/05; Copyright © by Horst Neuhaus